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04 - Die Tote im Klosterbrunnen

04 - Die Tote im Klosterbrunnen

Titel: 04 - Die Tote im Klosterbrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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skrupellos in seinem Verlangen, die anderen Stämme in der Umgebung zu beherrschen und seinen Machtbereich auszuweiten.
    »Und Ihr seid zweifellos weit entfernt von Kildare, Schwester Fidelma«, konterte ihr Gegenüber.
    »Als Advokatin der Gerichtsbarkeit ist es mein Los, kreuz und quer durchs Land zu reisen und für Gerechtigkeit zu sorgen«, antwortete Fidelma. »Und was ist der Grund für Eure Reise in diesen Winkel des Königreiches?«
    Olcán schaltete sich eilig ein.
    »Torcán weilte als Gast bei meinem Vater Gulban und genießt zur Zeit gemeinsam mit mir Adnárs Gastfreundschaft.«
    »Und warum war es nötig, auf mich zu schießen?«
    Olcán wirkte schockiert.
    »Schwester …«, begann er, doch Torcán lächelte Fidelma von oben herab spöttisch an.
    »Schwester, ich habe nicht mit Absicht auf Euch geschossen«, protestierte er. »Eigentlich habe ich auf einen Hirsch gezielt, zumindest dachte ich das. Ich muß jedoch zugeben, daß die Manieren meiner Männer sehr zu wünschen übrig ließen. Ich entschuldige mich dafür.«
    Torcán war entweder kurzsichtig oder ein geschickter Lügner, denn Fidelma wußte, daß kein Tier in der Nähe gewesen war, als der Pfeil abgeschossen wurde. Außerdem konnte kein erfahrener Jäger ihre Bewegungen mit denen eines Hirsches verwechselt haben – jedenfalls nicht hier, zwischen den kahlen Bäumen und Sträuchern. Wie dem auch sei, es gab Situationen, in denen eine Auseinandersetzung zu nichts führte, und deshalb beschloß Fidelma vorzugeben, daß sie seine Erklärung akzeptierte. Sie stieß einen leisen Seufzer aus.
    »Na schön, Torcán, ich werde Eure Entschuldigung annehmen und Euch nicht gerichtlich dafür belangen, daß Ihr mir Todesangst eingejagt habt. Ich akzeptiere, daß es sich um ein Versehen handelte. Das Verhalten Eurer Krieger war allerdings kein Versehen. Für sie ist eine Geldstrafe von je zwei séts zu entrichten, da sie mich mißhandelt und beleidigt und meine Todesangst weiter geschürt haben. Die Geldbußen habe ich, wie Ihr feststellen werdet, nach den Vorgaben des Bretha Deín Chécht festgelegt.«
    Torcán betrachtete sie mit gemischten Gefühlen, doch schien allmählich eine widerwillige Bewunderung für ihre unerschrockene Haltung die Oberhand zu gewinnen.
    »Nehmt Ihr die Geldstrafe im Namen Eurer Krieger an?«
    Torcán stieß ein heiseres Lachen aus.
    »Ich werde ihre Strafe entrichten, aber ich werde dafür sorgen, daß sie dafür bezahlen.«
    »Gut. Das Bußgeld soll als Spende in die Kasse der Abtei Der Lachs aus den Drei Quellen fließen, um wohltätige Werke zu unterstützen.«
    »Ihr habt mein Wort, daß es gezahlt wird. Morgen früh wird einer meiner Männer das Geld in die Abtei bringen.«
    »Euer Wort genügt mir. Und jetzt wäre ich Euch sehr verbunden, wenn Ihr mir gestattet, meinen Weg fortzusetzen.«
    »Wohin seid Ihr denn unterwegs, Schwester?« fragte Olcán.
    »Ich bin auf dem Weg zu Adnárs Festung.«
    »Dann erlaubt mir, meinen Sattel mit Euch zu teilen«, bot Torcán an.
    Fidelma lehnte das Angebot ab, hinter dem Sohn des Prinzen der Uí Fidgenti im Sattel zu sitzen.
    »Ich ziehe es vor, zu Fuß weiterzugehen.«
    Torcán kniff die Lippen zusammen und zuckte die Achseln.
    »Ganz wie Ihr wünscht, Schwester. Vielleicht treffen wir uns nachher in der Festung.«
    Er wendete sein Pferd, hieb ihm mit der Seite des Bogens, den er noch immer in der Hand hielt, auf die Flanke und ritt in leichtem Galopp den Waldweg entlang davon. Olcán blieb einen Augenblick zögernd stehen und sah aus, als wolle er noch etwas sagen, aber dann bestieg er sein Pferd und hob eine Hand zum Abschied, bevor er ebenfalls wendete und seinem Gast eilends folgte. Fidelma stand reglos da und blickte ihnen eine Weile nachdenklich hinterher. Sie versuchte zu ergründen, was diese Begegnung zu bedeuten hatte – falls sie überhaupt eine Bedeutung hatte. Das konnte doch nicht nur bloßer Zufall sein? Sie konnte einfach nicht glauben, daß Torcán sie mit einem Hirsch verwechselt hatte, schon gar nicht in diesem winterlichen Wald mit seinen günstigen Sichtverhältnissen. Und wenn es sich tatsächlich um ein Versehen handelte, warum hatte er dann seinen Männern gestattet, sie so grob zu behandeln? Die logische Schlußfolgerung daraus war, daß er eine andere erwartet hatte – sobald sie ihm ihren Namen und Rang nannte, hatte er ja sofort Befehl gegeben, sie freizulassen. Wen also hatte er an dieser Straße treffen wollen? Eine Frau? Eine Nonne? Daran bestand

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