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04 - komplett

04 - komplett

Titel: 04 - komplett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 2 Romane
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preiszugeben. Doch wirkte ihre Miene heute verschlossen, als stehe etwas Gravierendes zwischen ihnen, und ihr Gesicht war blass. Noch immer sah sie ihn nicht an.
    Da drückte er ihre Hand fester. „Eleanor ...“, bat er inständig.
    Endlich schaute sie zu ihm auf. Für den Bruchteil einer Sekunde spiegelten sich hoffnungslose Sehnsucht und großes Leid in ihren Augen, sodass es Kit einen Stich ins Herz gab. Gleich darauf aber senkte sie die Lider mit den langen Wimpern wieder und verbarg damit ihr Elend.
    „Sie müssen mir wohl Glück wünschen, Mylord“, sagte sie leise, aber deutlich. „Ich wurde Lord Kemble versprochen.“
    „Nein!“, brach es aus Kit heraus. Mit eisernem Griff umklammerte er ihre Hand.
    „Nein“, wiederholte er, diesmal in höflicherem Ton. „Das kann nicht wahr sein!“
    „Ich versichere Ihnen, es ist, wie ich sage.“ Nur ein leichtes Flattern ihrer dunklen Wimpern verriet ihre Hilflosigkeit. „Morgen steht es in der Morning Post . Alles ist bereits arrangiert.“
    „Und doch darf es nicht sein!“
    Inständig bittend blickte sie ihn an. „Warum nicht, Mylord?“, fragte sie. „Sicher wissen Sie mir keine andere Lösung zu nennen!“
    Bis zu diesem Punkt hatten sie leise, wenn auch nachdrücklich miteinander gesprochen; doch gingen Eleanor nun die Nerven durch, sodass der letzte Satz zu laut geriet. Verlegen biss sie sich auf die Lippe, von Röte übergossen, und erbleichte gleich darauf noch stärker als zuvor.
    „Ich bitte um Vergebung“, flüsterte sie, um Fassung ringend. „Das hätte ich nicht sagen dürfen.“
    Kit fühlte schmerzlich, wie sich ihm das Herz zusammenzog, spürte er doch große Hoffnungslosigkeit unter Eleanors tapferem Versuch, ihre Würde zu wahren, und es berührte ihn tief, wie verletzlich sie wirkte. Mit Macht überfiel ihn der Wunsch, sie zu beschützen; drängender als jede Regung, die er jemals in seinem Leben erfahren hatte.
    „Wenn ich Ihnen meine Hilfe anbiete ...“
    „Eleanor!“, schnitt ihm da Lord Kemble mit öliger Stimme das Wort ab. „Ich denke, der nächste Walzer gehört wieder mir.“ Damit verbeugte er sich leicht vor Kit. „Zu Ihren Diensten, Mostyn. Wollen Sie mir gratulieren? Dieser Schatz hier wird bald mir gehören!“ Mit verschleiertem, doch wachsamem Blick sah er seinen Rivalen an.
    Kits Verbeugung fiel kaum wahrnehmbar aus. „Auf solch großes Glück sollten Sie sich nicht verlassen, Kemble“, sagte er in warnendem Ton und verabschiedete sich dann von seiner Tanzpartnerin, ein warmes Lächeln in seinen blauen Augen. „Miss Trevithick, ich muss Ihnen jetzt wohl Gute Nacht wünschen.“
    Danach blieb ihm nichts übrig, als zuzuschauen, wie der eitle Salonlöwe sie ihm entführte. Dessen Selbstzufriedenheit war ihm von jeher widerwärtig, der Gedanke, seine zarte Eleanor werde Kembles Wollust ausgeliefert, indes unerträglich. Am liebsten hätte Kit ihn zum Duell gefordert; stattdessen musste er mit ansehen, wie Eleanor ein starres Lächeln aufsetzte und das Paar zu tanzen begann.
    Nein, diesen Anblick konnte er nicht ertragen. Rasch wandte er sich ab und strebte mit ausdrucksloser Miene, sich durch einige Grüppchen schwatzender Debütantinnen den Weg bahnend, dem Ausgang zu.
    Bei der Heimkehr in die Upper Grosvenor Street, wo er wohnte, wenn seine Schwester und ihr Mann nicht in der Stadt weilten, legte sich allmählich sein Zorn.
    Doch sagte ihm sein Herz, dass Eleanor Trevithick zu ihm gehörte. Unmöglich zu ertragen, dass Lord Kemble sie zur Frau nahm.
    Stunden später meldete der Butler seinem Herrn die Ankunft einer jungen Dame, die darum bat, ihn sprechen zu dürfen. Inzwischen hatte Kit eine halbe Flasche Brandy konsumiert.
    „Das dürfte keine gute Idee sein, Carrick“, murmelte er. „Erstens bin ich schon halb hinüber, und zweitens liegen junge Damen ...“, er betonte dieses Wort, „jetzt warm, sicher – und allein – in ihren Betten. Keinesfalls wandern sie zu dieser nächtlichen Stunde durch Londons Straßen und suchen alleinstehende Gentlemen auf!“
    Carrick, der als Butler von Rang diese Meinung im Allgemeinen teilte, beharrte jedoch im Besonderen auf seiner Einschätzung der nächtlichen Besucherin.
    „Verzeihen Sie, Mylord, aber es handelt sich zweifellos um eine junge Dame, die offenbar in einer Notlage steckt ...“
    Ärgerlich stöhnend ließ Kit seinen Blick durch sein Arbeitszimmer schweifen, über den verrutschten Stapel Papiere auf dem Schreibpult, die halb geleerte Flasche Brandy und

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