04 - Lebe lieber untot
meinen Mundwinkeln. „Das. Gibt's. Doch. Nicht. Sie sehen sich How to Look Good Naked an?“
„Aber nur weil mein Kumpel Harry - das is so'n JAK draußen auf Rhode Island - gesagt hat, dass man da ab und zu mal nackte Titten sieht. Der bekloppte Idiot. Ich hab mir jede einzelne Folge angesehen, aber nicht ein einziges Mal war da 'ne Titte ganz zu sehen. Klar, manchmal gibt's so 'ne Andeutung, aber immer ist da irgendwelche dämliche Unterwäsche im Weg und verdeckt die wirklich guten Sachen.“
„Ein rosa Hemd?“, fragte ich hoffnungsfroh.
„Da lass ich mir doch lieber 'n paar Zementblöcke an die Beine binden.“
„Ein schmalziger Film?“
„Lieber krieg ich 'ne Kugel in den Kopf.“
„Da spricht Ihr äußeres Ich. Ich bin sicher, Ihr inneres Ich sehnt sich nach einer Fortsetzung von Magnolien aus Stahl.“ Ich erhob mich. „Sie müssen eins wissen, Vinnie, Menschen sind wie Zwiebeln. Sie bestehen aus vielen verschiedenen Schichten.“ Ich ging um meinen Schreibtisch herum und hob die weiße Papiertüte hoch, die ich aus der Drogerie mitgebracht hatte. „Sobald wir diesen ganzen Macho-Mist erst mal abgeschält haben, werden wir zweifellos einen Mann finden, der freundlich und liebevoll und mitfühlend ist.“ Ich zog das Heißwachs heraus.
Vinnies Augenbrauen schössen hoch, sodass sie über dem Rand seiner Ray Ban sichtbar waren. „Wofür ist das denn?“
Ich schenkte ihm mein beruhigendstes Lächeln. „Und die erste Schicht, die wir loswerden müssen, sind die Haare.“
„Sehen Sie? Ich hab Ihnen doch gleich gesagt, dass es tief in Ihnen drin eine innere Schwuchtel gibt, die nur darauf wartet, freigelassen zu werden.“ Ich gab Vinnie noch ein Kleenex und sah zu, wie er sich die Nase putzte. Seine Augen waren rot und geschwollen, sein Gesicht nass von Tränen. „Allerdings hatte ich nicht erwartet, dass wir sie schon nach einer einzigen Schicht erreichen würden.“
Er saß rittlings auf einem niedrigen Stuhl, die Arme verschränkt und auf die Lehne gestützt.
Zumindest war das in diesem Augenblick so. Während der letzten Stunde war sein ganzer Körper dermaßen verkrampft gewesen, als ob bei ihm die Totenstarre eingesetzt hätte; sämtliche Muskeln angespannt, der Körper starr, die Hände in die Rückenlehne des Stuhls gegraben - und das bei jedem einzelnen schmerzlichen Rrrrrritsch!
„Es sieht übrigens toll aus.“ Ich beäugte seine leuchtend roten Schultern und den Rücken. „Blutet überhaupt nicht.“ Ich warf einen kurzen Blick auf eine besonders wunde Stelle auf seiner rechten Schulter. „Zumindest nichts, was nicht bald aufhören sollte.“ Ich zog die Handschuhe aus, die bei der Packung gewesen waren.
„Ich denke, wir machen jetzt am besten Schluss.“ Sonst müsste ich gleich noch den Notarzt rufen.“
Er wischte sich über die Augen und schluchzte etwas, das sich wie ein Danke anhörte.
Andererseits, seinem vor Schmerz verzerrten Gesichtsausdruck und dem ausgestreckten Mittelfinger nach zu urteilen könnte es vielleicht auch Schlampe gewesen sein.
„Ich hoffe f-für Sie, dass es das wert war“, brachte er schließlich mit rauer Stimme heraus, nachdem es ihm gelungen war, sein Hemd überzustreifen. „D-denn wenn n-nicht, dann geht's nicht mehr nur um Ihre Zähnchen, dann werde ich Sie zuerst mal bei lebendigem Leib häuten.“
Meine Hände erstarrten auf meinem Rolodex - und der Triumph, den ich verspürt hatte, nachdem ich Vinnie endlich geknackt hatte, wurde von einer Welle der Panik davongespült.
„Sie wissen wirklich, wie man einen guten Moment ruiniert.“
„Verarschen Sie mich bloß nicht.“
„Ich versuche, Ihnen zu helfen.“
Er starrte mich lange und intensiv an. Die Ray Ban bohrte sich einige quälende Sekunden lang in meine Augen, bevor er schließlich mit den Schultern zuckte. Gleich darauf fuhr er vor Schmerz zusammen und sog scharf die Luft ein. Das schnürte mir glatt die Brust ab.
Was soll ich sagen? Ich bin nun mal im absoluten Gleichklang mit meiner inneren Schwuchtel.
„Tun Sie das hier auf den Rücken, das lindert die Schmerzen.“ Ich gab ihm eine extra große Tube Wund-und Heilsalbe. „Pünktlich zu jeder vollen Stunde.“
„Und soll ich Sie morgen anrufen?“
„Ich möchte, dass Sie mich noch heute Nacht anrufen.
Ebenfalls jede Stunde zur vollen Stunde. Das ist Teil unserer nächsten Übung.“ Ich kritzelte eine Adresse auf einen Zettel und gab sie ihm. „Ich möchte, dass Sie vor diesem Gebäude parken und ein Auge auf
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