04 - Lebe lieber untot
schloss ich das Büro ausnahmsweise mal etwas früher und machte mich auf den Heimweg. Unterwegs hielt ich noch kurz in einem DVD-Verleih an (mir blieben noch sagenhafte sieben Dollar und neunundfünzig Cent), und dann ging's endgültig nach Hause, zu einem DVD-Marathon mit Killer.
„Den hier solltest du dir vielleicht lieber nicht ansehen“, warnte ich ihn, während ich Der Exorzist einlegte und es mir mit einem Glas aufgewärmtem Blut auf der Couch gemütlich machte. „Ich möchte nicht, dass du Albträume bekommst.“
Soll das ein Witz sein? Fressen, schlafen, Häufchen machen.
Das ist alles, was wir Katzen tun.
„Da wäre ich mir aber nicht so sicher.“ Ich nahm einen kleinen Schluck, und die warme Flüssigkeit lief mir die Kehle hinunter. Mein Magen zog sich zusammen und bettelte um Nachschub. Ich musste mich regelrecht beherrschen, um den Inhalt des Glases nicht gierig in einem Schluck zu leeren, und nippte noch einmal kurz und kontrolliert. „Der Film soll richtig gruselig sein.“
Vielleicht bist du ja diejenige, die lieber nicht hinschauen sollte.
„Ich bin ein Vampir. Wir haben das Gruseln erfunden.“
Als schließlich ENDE eingeblendet wurde und der Abspann lief, hatte ich zweimal die Schränke überprüft (ich hatte irgendwelche komischen Geräusche gehört, die auch locker von irgendeinem widerlichen Dämon hätten stammen können und nicht vom Warmwasserboiler) und jede einzelne Lampe in meiner mikroskopisch kleinen Wohnung angeschaltet.
Ich hatte gerade die Schlösser der Wohnungstür zum xten Mal kontrolliert, als ich mich umdrehte, nur um Killer mit einem Na-was-hab-ich-dir-gesagt?-Leuchten in den Augen zu mir emporstarren zu sehen.
„Wir leben schließlich in New York“, fuhr ich ihn an.
„Der Verbrechenshauptstadt der Welt. Man kann nie sicher genug sein.“
Weichei.
Nach insgesamt fünf Filmen - einschließlich Der Exorzismus von Emily Rose, Das Omen und allen drei Teilen von Der Exorzist -, diversen Anrufen von Vinnie und jämmerlichen drei Stunden Schlaf war das Einzige, was ich tun wollte, als der Sonntagnachmittag sich heranwälzte, meinen Kopf unterm Kopfkissen zu begraben. Immerhin hatte ich inzwischen zumindest das Gerüst eines Plans, um Evie zu retten, aber um die Feinheiten auszuarbeiten, brauchte ich dringend Ruhe.
Und würde die Erste sein, die die dreihundertjährige Marchette-Tradition bräche und die wöchentliche Jagd versäumte?
Ja, klar.
Ich hatte Mandy mein Wort gegeben und meiner Mutter grünes Licht. Und, was noch wichtiger war, Nina und Rob würden die große Neuigkeit bekannt geben.
Also hievte ich meinen erschöpften, aber immer noch fabelhaften Arsch aus dem Bett und unter eine heiße Dusche und versuchte, nicht an das bevorstehende Date mit Remy zu denken. Und an die alles entscheidende Tatsache, dass er, trotz all meiner Einwände, tatsächlich der perfekte gebürtige Vampir für mich war.
Zunächst einmal roch er weder nach Brotpudding oder Käsekuchen oder Schokoladenbrownies mit Kirschen. Er roch nach einem dezenten Aftershave und purer Männlichkeit, dank einer speziellen, von Topvampirwissenschaftlern entwickelten Pille, die seinen natürlichen Duft überdeckte (alle gebürtigen Vampire rochen nach irgendetwas Süßem, Köstlichem) und ihm so einen Vorteil verschaffte, wenn er sich an gefährliche Kriminelle heranschlich. Daher biss sich sein Duft also nicht mit meinem Eau de Zuckerwatte.
Zweitens sah er gut aus, war reich und hatte eine enorme Fertilitätsrate.
Zusätzlich zu alldem mochte er mich auch noch. Das wusste ich zufällig ziemlich genau, weil er mir in der Vergangenheit schon diverse Male aus der Bredouille geholfen und mir sogar sein Haus zur Verfügung gestellt hatte, damit ich für Viola und die anderen Werwölfinnen der NASA eine Baby-Geschenkeparty veranstalten konnte.
Er mochte mich wirklich.
Und ich mochte ihn.
Irgendwie.
Es war nur so, dass wir zusammen aufgewachsen waren. Ich hatte ihm dabei zugesehen, wie er sich Murmeln in die Nase gestopft hatte, und jedes Mal, wenn ich versuchte, mir uns in der klassischen Los-lass-es-uns-tun-Baby-Fantasie vorzustellen, versagte ich jämmerlich, denn - sehen wir der Wahrheit mal in die Augen - an einem Mann, dem eine Murmel im Nasenloch steckt, ist nichts, aber auch gar nichts auch nur im Entferntesten sexy.
Sicher, ich fing immer mit einer hübschen Vorstellung von Fairfields oberstem Freund und Helfer an, aber dann übernahm die pure, primitive Lust das Ruder.
Mein Herz
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