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04 Verhaengnisvolles Schweigen

Titel: 04 Verhaengnisvolles Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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können. Wie zum Teufel, dachte Richmond, sieht jemand aus, der Reißaus nehmen will? Sollte er jede Nacht auf der Lauer liegen und darauf warten, dass sich der Täter unten am rauschenden Swain davonstiehlt, einen Stock mit seinem Bündel über der Schulter und mit der treuen Katze auf seinen Fersen wie Dick Whittington? Richmond hatte keine Ahnung. Er wusste nur, dass man allen Verdächtigen erzählt hatte, dass Banks nach Toronto gereist war.
      Richmond hatte außerdem strikte Anweisung erhalten, sich nicht zu erkennen zu geben und sich in keiner Weise so weit vorzuwagen, dass die Einheimischen misstrauisch werden könnten. Mit anderen Worten: Er durfte niemanden befragen, egal wie beiläufig. Er konnte nur seine Ohren offenhalten und sich damit behelfen zuzuhören. Besonders beim Frühstück, falls Sam Greenock etwas rausrutschen sollte, oder im White Rose, wo man vielleicht ein paar Feinheiten aufschnappen konnte. Wenigstens konnte er heute Nacht ein paar Gläser Marston's zu sich nehmen. Vielleicht würde er sogar eine Panatella rauchen.
      »Wo war ich stehen geblieben?«, fragte Freddie und lehnte sich wieder auf die Theke.
      »Mord.«
      »Genau, Mord.« Er nickte mit seinem Kopf in die Richtung eines Tisches in der hinteren Ecke und flüsterte wieder. »Und das sind die Verdächtigen.«
      »Was macht sie zu Verdächtigen?«, fragte Richmond und hoffte, mit dieser Frage nicht seine Befehle zu überschreiten.
      »Woher soll ich das wissen? Ich weiß nur, dass die Polizei 'ne Menge Zeit mit denen verbracht hat. Und seit gestern sitzen sie alle wie auf heißen Kohlen. Schau sie dir an. Man glaubt nich, dass die 'ne große Party feiern wollen, oder?«
      Die Gruppe machte wirklich alles andere als einen vergnügten Eindruck. John Fletcher kaute auf dem Mundstück seiner kurzen Pfeife herum, die Stirn in Falten gelegt, so dass seine Augenbrauen zusammenstießen. Sam Greenock starrte ins Leere und kippelte sein Glas auf dem Tisch hin und her. Stephen Collier redete eindringlich auf Nicholas ein. Nicholas schien in der ganzen Truppe als Einziger unbekümmert zu sein. Er lächelte und nickte den Gästen zu, die hereinkamen oder gingen, während die anderen sie kaum wahrzunehmen schienen.
      Richmond wäre gerne näher herangegangen, um ihnen zuhören zu können, doch alle Nachbartische waren besetzt. Und sich hinter sie zu stellen, sähe zu verdächtig aus.
      Er bestellte ein weiteres Bier. »Und eine Panatella dazu, bitte«, sagte er. Es kam ihm vor, als würde er sich eine besondere Freude gönnen: eine Zigarre zum Bier. »Was ist denn das für eine Party?«, fragte er.
      »Von den Colliers. Im Sommer kannste die Uhr danach stellen.«
      »Kann da jeder hingehen?«
      »Machste Witze?«
      Richmond zuckte mit den Achseln und lächelte, um zu zeigen, dass er tatsächlich scherzte. »Aber was ist denn mit ihnen los?«, fragte er. »Sie haben recht. Die sehen nicht aus, als wenn sie an ein Besäufnis denken.«
      Metcalfe kratzte seine fetten Hände. »Genaues weiß ich nich, aber es hat irgendwas mit dem Bullen zu tun, der nach Kanada ist. Die sind kreidebleich geworden. Aber ich sag dir was. Fürs Geschäft ist es gut. Doppelte Brandys für alle!« Freddie gab Richmond einen Stups und lachte. »Tja, niemand trinkt so wie ein Mordverdächtiger.«
      Richmond zog an seiner Zigarre und schaute rüber zu dem Tisch. Draußen in Toronto lauerte ein Feind und machte den vieren zu schaffen. Na los, dachte er, nehmt Reißaus. Haut ab, ihr Arschlöcher, versucht es nur!
     
    »Ich habe keine Ahnung, wie man dort verfährt, wo Sie herkommen, aber hier werden wir gerne vorgewarnt, wenn ein Fremder in unser Revier eindringt.«
      Banks hörte zu. Was sollte er dazu sagen? Er war glatt erwischt worden. Zum Glück näherte sich Sergeant Gregson von der Mordkommission Torontos dem Ende einer relativ gnädigen Standpauke, und zum noch größeren Glück war das Rauchen in seinem Büro erlaubt, mehr noch, Banks wurde geradezu ermutigt, zu rauchen.
      Eine Standpauke gehalten zu bekommen, war ein seltsames Gefühl. Nicht, dass es das erste Mal für Banks war. In der Schule hatte er sie häufig über sich ergehen lassen müssen, und selbst zu Beginn seiner Laufbahn bei der Hauptstadtpolizei hatte es ein oder zwei Gelegenheiten gegeben. Jedes Mal musste er dabei an die Angst und die Hilflosigkeit im Angesicht einer Autorität denken, die er als Arbeiterkind in Petersborough kennengelernt hatte.

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