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04 Verhaengnisvolles Schweigen

Titel: 04 Verhaengnisvolles Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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Studenten zurecht?«
      »Ganz gut, unter den Umständen.«
      »Unter welchen Umständen?«
      »Literatur bedeutete ihm etwas, doch die meisten seiner Studenten hatten mit James Joyce oder George Orwell nichts am Hut. Sie sind hier, um etwas über Wirtschaft oder Computer oder Elektrotechnik zu lernen - nützliches Zeug, Sie wissen schon -, und damit glauben sie hochbezahlte Spitzenjobs zu kriegen. Sie haben keine Lust, sich mit Sprache oder gar Literatur auseinandersetzen zu müssen. Das erschwert unseren Job etwas. Manche Lehrer haben mehr Probleme damit als andere, sich anzupassen und ihre eigenen Ansprüche runterzuschrauben.«
      »Und Bernie war einer von denen?«
      »Ja. Er klagte oft darüber, wie ignorant die Studenten waren, dass die Hälfte von ihnen nicht mal weiß, wann der Zweite Weltkrieg stattfand oder wer Hitler war. Und, noch schlimmer, dass es sie nicht mal interessierte. Bernie hatte nicht das geringste Verständnis dafür. Er hatte einen Typen im Seminar, der Shakespeare für eine Kleinstadt in Sasketchewan hielt. Das hat ihn echt fertiggemacht.«
      »Verstehe ich nicht«, sagte Banks. »Wie konnte so jemand auf einem College angenommen werden?«
      »Unsere Colleges sind nicht zulassungsbeschränkt«, erklärte Marylin. »Wir haben ein demokratisches Erziehungssystem. Nicht so ein Elitequatsch wie in England. Wir schicken unsere Kinder nicht auf Internate, um Latein zu büffeln und sich lauter Nackenschläge abzuholen. Wir kennen das ja von Jane Eyre.«
      Banks, der wie wohl die Mehrheit der englischen Kinder selbst keine Privatschule besucht hatte, war verwirrt. »Aber fallen dann nicht viele von ihnen durch?«, fragte er. »Wird damit nicht Zeit und Geld verschwendet?«
      »Wir lassen die Studenten nicht gerne durchfallen«, sagte Marylin. »Dadurch bekommen sie ein schwaches Selbstbild.«
      »Also brauchen sie nicht viel zu wissen, um reinzukommen, und man erwartet von ihnen nicht viel mehr, wenn sie abgehen. Ist das richtig?«
      Marylin lächelte ihn an wie eine Krankenschwester einen besonders schwierigen Patienten.
      »Was hielt Bernie davon?«, fragte Banks schnell.
      Sie lachte. »Bernie liebte die Jugend, junge Leute, aber er traute ihrer Intelligenz nicht viel zu.«
      »Klingt ja auch so, als hätten sie nicht allzu viel.«
      »Da, sehen Sie. Genau das hätte er auch gesagt. Ihr Briten seid so furchtbar sarkastisch.«
      »Aber Sie mochten ihn?«
      »Ja, ich mochte ihn. Bei ein paar Dingen haben wir wohl nicht übereingestimmt, aber er war süß. Und ich habe eine Schwäche für den englischen Akzent. Was soll ich sagen? Er war ein netter Kerl, auf jeden Fall so weit ich das beurteilen kann. Er hat nicht viel von seinen Studenten gehalten, aber er hat sie vernünftig behandelt und sein Allermöglichstes getan, um ein bisschen ihre Neugier zu wecken. Er war ein guter Lehrer. Worauf wollen Sie überhaupt hinaus? Glauben Sie, einer seiner Studenten hätte ihn wegen schlechter Noten ermordet?«
      »Klingt unwahrscheinlich, oder?«
      »Gar nicht so sehr, wie Sie glauben«, sagte Marylin. »Wir hatten hier mal einen Typen, der mit einem Gewehr auf seinen Englischlehrer loswollte. Glücklicherweise hat ihn das Wachpersonal rechtzeitig abgefangen. Trotzdem«, fuhr sie fort, »ich glaube nicht, dass sich ein zorniger Student die Mühe gemacht hätte, ihn bis nach England zu verfolgen und dort umzubringen.«
      »Was hat Bernie nach der Arbeit gemacht? Hat er jemals ein bestimmtes Lokal erwähnt, wo er hingeht?«
      Als Marylin den Kopf schüttelte, tanzten ihre Locken. »Nein. Einmal hat er gesagt, er hätte in der Nacht vorher im Pub ein paar Pints zu viel gehabt.«
      »Im Pub?«
      »Ja.«
      »Hat er gesagt, in welchem?«
      »Nein. Er hat nur gesagt, er hätte sechs Pints getrunken, obwohl fünf damals seine Grenze waren. Hören Sie, was soll das eigentlich? Was suchen Sie? Sie sind nicht einer von diesen Privatschnüfflern, oder doch?«
      Banks lachte. »Nein. Wie gesagt, ich bin ein Freund von Bernie aus England. Aus Swainsdale, wo er aufgewachsen ist. Ich will einfach so viel wie möglich von seinem Leben hier zusammenstückeln. Drüben in England hat das, was passiert ist, viele Leute sehr mitgenommen und durcheinandergebracht.«
      »}a, mich auch. Er war nicht der Typ, der sich einfach ermorden lässt. Wissen Sie, was ich meine?«
      Banks nickte.
      »Swainsdale, sagten Sie?«, fuhr sie fort. »Von der Gegend

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