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04 - Winnetou IV

04 - Winnetou IV

Titel: 04 - Winnetou IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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empor und fragte:
    „Warum kamt Ihr nicht? Warum seid Ihr uns ausgewichen, immer und immerfort? Es ist grausam, den Dank der Herzen, die es ehrlich meinen, abzulehnen. Bitte, gebt mir Eure Stirn; ja, gebt sie mir!“
    Er bog den Kopf nieder. Sie hob die Hände, zog ihn näher und küßte ihn auf die Stirn und auf die beiden Wangen. Da konnte er sich nicht länger halten. Er brach in ein lautes Schluchzen aus, drehte sich um und entfernte sich mit eiligen Schritten, in den Wald hinein.
    „Hier wird geküßt!“ hörte man eine scharfe, spitze Stimme erklingen.
    Das war der Halbindianer, der bei den anderen Männern hinter den Frauen stand. Aller Augen richteten sich auf ihn.
    „Welch ein Wort“, rief Aschta, die Tochter, aus. „Er soll es büßen!“
    Sie hob drohend den Arm und eilte zornig auf ihn zu.
    „Aschta!“ erklang da die Stimme der Mutter. „Berühre ihn nicht! Er ist schmutzig!“
    Die Tochter hemmte ihren Schritt und ging zur Mutter. Diese nahm sie wieder bei der Hand und sagte, so daß alle es hörten:
    „Komm, wir gehen, den andern, den Freund, den Retter zu suchen, denn er steht höher, tausendmal höher als jener dort, der es wagt, über Dankbarkeit zu spotten!“
    Beide entfernten sich in der Richtung, nach welcher Pappermann den Platz verlassen hatte. Ich war der Meinung, daß hierauf zwischen uns und den Neuangekommenen ein kurzer Verlegenheitszustand eintreten werde, der unbedingt überwunden werden mußte, aber ich hatte mich geirrt. Mr. Antonius Paper oder vielmehr Mr. Okih-tschintscha schien eine dicke Haut zu besitzen, durch welche Strafreden, wie die soeben angehörte, nicht zu dringen vermochten. Er tat, als ob nicht das geringste vorgefallen sei, und ergriff sofort wieder das große Wort, indem er sich an die bei ihm stehenden Gentleman wendete, die alle indianisch gekleidet waren, obgleich man ihnen ansah, daß sie nicht mehr der Prärie oder dem Urwald angehörten:
    „Der Sprecher der hier lagernden Gesellschaft hat sich leider entfernt. Er kann uns also nicht sagen, wer die anderen, die Zurückgebliebenen sind. Wir werden es aber erfahren. Ich sorge dafür!“ Er kam auf uns zu.
    „Der Unglückselige!“ sagte das Herzle. „Er wird doch nicht etwa mit Dir anbinden?“
    „Er würde sofort wieder abgebunden sein!“ lachte ich vergnügt.
    Ihr Befürchtung erwies sich als begründet. Der Mann wendete sich an mich. Alle Welt schaute nach ihm und war auf seine Fragen und meine Antworten gespannt.
    „Mr. Pappermann hat es für gut gehalten, sich zurückzuziehen“, begann er; „ich frage also nun Euch. Wie ist Euer Name?“
    „Ich heiße Burton“, antwortete ich.
    „Und die Lady da neben Euch?“
    „Ist meine Frau –“
    „Die beiden Gentlemen, die hinter Euch stehen?“
    „Sind Brüder. Mr. Hariman Enters und Mr. Sebulon Enters.“ Den Jungen Adler' sah er nicht, weil dieser abseits stand. Er fuhr in seinem Verhör fort:
    „Wo kommt Ihr her?“
    „Aus dem Osten.“
    „Wo wollt Ihr hin?“
    „In den Westen.“
    „Redet nicht so dumm! Das ist ja eben der Westen, wo Ihr seid! Und wenn ich einmal frage, so will ich Namen und Orte wissen, nicht aber alberne Ausdrücke, aus denen man sich nichts nehmen kann!“
    Er hatte noch nicht ganz ausgesprochen, so bekam er eine derartige Ohrfeige von mir, daß er sich halb um sich drehte und dann niederstürzte. Hierauf wendete ich mich nach rechts:
    „Die Ladies wollen verzeihen, daß es hier genauso aus dem Wald schallt, wie hineingesprochen wird; wir sind ja eben im Wald!“
    Und nach links hinüber fügte ich hinzu:
    „Ich bitte einen der andern Gentlemen, die Unterhaltung mit mir fortzusetzen. Mr. Paper wird wahrscheinlich darauf verzichten.“
    „Verzichten?“ rief er aus, indem er sich vom Boden aufraffte. „Fällt mir nicht ein! Ich bin geschlagen worden – geschlagen! Das erfordert Strafe – sofortige Strafe!“
    Er suchte hastig in seinen Taschen herum und brachte zunächst ein Messer hervor, eine sehr elegante, sogenannte Sicherheitsklinge, die er sehr behutsam, um sich ja nicht selbst zu stechen, öffnete. Dann kam ein kleiner, allerliebster Salonrevolver zum Vorschein, den er entsicherte und spannte. Nach diesen großartigen Vorbereitungen wollte er sich von neuem an mich machen. Die Folge wäre eine noch größere Blamage gewesen, zu der es aber nicht kam, denn einer der Gentlemen schob ihn beiseite und sagte:
    „Steckt diese Waffen wieder ein, Mr. Paper! Mit gewalttätigen Leuten spricht man anders!“
    Er

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