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04 - Winnetou IV

04 - Winnetou IV

Titel: 04 - Winnetou IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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müssen. Es verging eine Viertelstunde nach der anderen. Diese Leute nahmen sich Zeit. Endlich, nach über einer Stunde, hörten wir schon von weitem den Lärm, den sie machten. Sie kamen zu Fuß. Die Pferde waren wegen der steilen Stellen, die es gab, unten am Berg gelassen worden. Wir wurden bemerkt, noch ehe sie unter den Bäumen hervorgetreten waren. Das schlossen wir aus dem Umstand, daß die lauten Stimmen jetzt plötzlich verstummten. Hierauf sahen wir einen sehr langen und sehr hageren Menschen erscheinen, der sich in einem sonderbar hochbeinigen, schlingernden Gang auf uns zu bewegte. Er war nicht indianisch gekleidet, sondern er trug einen sehr eleganten Yankeeanzug mit einem sehr weißen und sehr hohen Kragen und ebenso weißen, glänzenden Manschetten. An seiner Brust prahlte eine große, echte Nadelperle, und an seinen Fingern glänzten verschiedene Diamanten nebst anderen Edelsteinen. Aber seine Hände waren groß, sehr groß, seine Füße ebenso, und seine Nase – – oh, diese Nase! Die konnte nur von einer riesennasigen indianischen Mutter und einem noch riesennasigeren armenischen Vater stammen und war dann an ihren beiden Seiten derart abgeschliffen worden, daß sich nur die dünne Scheidewand erhalten hatte. Zu dieser Nase erschienen die wimperlosen, zudringlichen Äuglein viel zu klein. Das Gesicht war schmal. Der Kopf glich einem Vogelkopfe, aber dieser Vogel war ganz gewiß kein kühner Adler, sondern nur ein monsterschnabliger Pfefferfresser.
    Also dieser Mann kam auf uns zugeschlingert, blieb vor uns stehen, ohne zu grüßen, betrachtete uns, einen nach dem anderen, wie leblose Gegenstände oder wie völlig wertlose Personen, die sich das gefallen lassen müssen, und fragte dann:
    „Wer seid ihr?“
    Seine Stimme klang scharf und spitz. Leute mit solchen Stimmen pflegen gefühl - und rücksichtslos zu sein. Er erhielt nicht sogleich eine Antwort, darum wiederholte er seine Frage:
    „Wer seid ihr? Ich muß das wissen!“
    Mir und dem Herzle fiel es nicht ein, ihm Rede zu stehen, dem ‚Jungen Adler‘ noch viel weniger. Die beiden Enters hatten Grund, sich nicht hervorzutun, und so war es schließlich Pappermann, welcher das Wort ergriff:
    „Ihr müßt das wissen? Ihr müßt? Ah, wirklich? Wer zwingt Euch dazu?“
    „Zwingt?“ fragte der Mann erstaunt. „Von einem Zwang ist keine Rede. Ich will!“
    „Ah, Ihr wollt! Das ist freilich etwas anderes! Nun, so wollt einmal! Bin neugierig, wie weit Ihr es mit diesem Eurem Willen bringt!“
    „Genauso weit, wie ich eben will! Wenn es Euch etwa beliebt, mir mit Albernheiten zu antworten, so haben wir die Mittel in den Händen, Euch zu zwingen, ernst zu sein!“
    Wir anderen alle saßen. Nur Pappermann hatte gestanden, als der Fremde kam. Er schritt jetzt langsam auf ihn zu, stellte sich gewichtig vor ihm auf und fragte:
    „Zwingen? Uns zwingen? Etwa Ihr? Den Mann, der das sagt, muß ich mir noch einmal genauer betrachten!“
    Er faßte ihn bei den Armen, drehte ihn nach rechts, nach links, schließlich ganz um sich herum, schüttelte ihn, daß alle Knochen wackelten, und sagte dann:
    „Hm! Sonderbar! Bin doch sonst nicht so dumm! Aber aus diesem Kerl werde ich mir nicht klug. Ihr seid kein Ganzindiander , sondern nur ein halber? Ist das richtig?“
    Der Gefragte wollte aufbrausen, anstatt willig und direkt zu antworten, da aber schüttelte der alte Westmann ihn zum zweiten Mal und warnte:
    „Halt! Keine Grobheiten oder gar Beleidigungen! Die vertrage ich nicht! Wer hierher kommt und uns, ohne zu grüßen, zwingen will, uns aushorchen zu lassen, wie es ihm beliebt, der ist erstens ein ungezogener Mensch und zweitens ein Schafskopf sondergleichen. Hier ist unser Lagerplatz. Nach den Gesetzen der Prärie gehört er uns, bis wir ihn verlassen. Wir waren eher da als Ihr. Wir sind hier daheim. Wer unser Heim betritt, der hat höflichst zu grüßen und sich auszuweisen, wer er ist und was er will. Verstanden? Und nun sagt mir vor allen Dingen erst einmal Euren Namen! Aber schnell! Ich scherze nicht! Sondern ich pflege solche Vögel, wie Ihr seid, sehr schnell richtig pfeifen zu lehren!“
    Er hielt ihn noch an beiden Armen fest, so fest, daß der Fremde das Gesicht vor Schmerz verzog und kleinlaut antwortete:
    „So laßt doch wenigstens los! Mein Name ist Okih-tschintscha. Bei den Bleichgesichtern heiße ich Antonius Paper!“
    „Antonius Paper und Okih-tschintscha? Schön! Aber ein Ganzindianer seid Ihr nicht?“
    „Nein.“
    „Sondern nur

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