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04 - Winnetou IV

04 - Winnetou IV

Titel: 04 - Winnetou IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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tat mit verbindlichem Lächeln zwei Schritte auf mich zu, machte mir eine noch verbindlichere Verbeugung und begann:
    „Wir wünschen, uns Euch vorzustellen, Mr. Burton. Ich bin Agent, Agent für alles mögliche, und heiße Evening. Hier steht Mr. Bell, Simon Bell, Professor der Philosophie. Und da steht Ihr Mr. Edward Summer, der auch Professor ist, nämlich Professor der Klassikal-Philologie. Genügt Euch das?“
    Man sah es ihm an, daß er erwartete, mir außerordentlich imponiert zu haben, und ich gestehe auch gern ein, daß diese beiden Professoren bisher meine Hochachtung besaßen; gesehen hatte ich sie noch nie. Ich war also gern bereit, so höflich wie möglich zu sein und ihnen in jeder Weise entgegenzukommen, zumal diese vier Männer im Verein mit Old Surehand ja das Komitee bildeten, in dessen Hände das Schicksal des geplanten Winnetoudenkmals gegeben war. Ich verbeugte mich also ebenso verbindlich, wie er es getan hatte und antwortete:
    „Ich fühle mich geehrt, so hervorragende Männer der Wissenschaft kennenzulernen, und erkläre mich bereit, dies, wenn ich Euch dienen kann, zu beweisen.“
    „Das ist mir sehr lieb, sehr lieb! Ich werde Euch sofort Gelegenheit geben, diesen Beweis zu führen. Wir sind nämlich in einer wichtigen Angelegenheit gekommen, diesen Platz hier zu besichtigen. Wir glaubten, niemand hier zu finden. Eure Gegenwart ist uns störend.“
    So unendlich höflich, wie er das sagte, so unendlich rücksichtslos war es auch. Ich sah die beiden Professoren an und antwortete nicht sogleich.
    „Ihr versteht mich doch?“ fragte er.
    „Gewiß“, erwiderte ich. „Es ist ja deutlich genug.“
    „Nun?“
    „Ihr wünscht, daß wir uns entfernen?“
    „Ja.“
    „Wir alle?“
    „Alle!“
    „Wie weit?“
    „Welch eine Frage! Ich meine ganz selbstverständlich nicht nur zehn oder zwanzig oder fünfzig Schritte! Ihr sollt fort von hier, vollständig weg, weg, weg!“
    „Wünschen das auch die Herren Professoren?“
    Die Herren bejahten diese Frage sehr energisch, und der Agent fügte noch über dies erklärend hinzu:
    „Ihr scheint ein übermäßig gewalttätiger Mann zu sein. Unsere Angelegenheit aber ist eine so zarte, feine und diskrete, daß Ihr ganz gewiß an keine Stelle paßt, an der wir uns befinden.“
    „Das sehe ich ein, Mr. Evening; ja wirklich, das sehe ich ein. Wir werden diesen Platz also verlassen.“
    „Nicht nur zum Schein?“
    „Nein.“
    „Und wann?“
    „Sofort. Ich bitte nur um soviel Zeit, als wir nötig haben, daß Zelt abzubrechen und die Pferde zu satteln.“
    „Dies sei Euch gerne gewährt. Ich sehe, Ihr seid vernünftiger, als wir dachten!“
    Ich wendete mich mit meiner Frau nach dem Zelt und bat die beiden Enters, uns zu helfen.
    „Wie schade! Jammerschade!“ klagte das Herzle leise. „Diese uns so heilige Stätte in dieser Weise verlassen zu müssen!“
    Ich sah ihr an, das Weinen stand ihr nahe.
    „Sei ruhig, Schatz!“ bat ich. „Wir kommen auf dem Rückweg wieder her, und gewiß in anderer Weise und in anderer Begleitung!“
    „Aber muß es denn sein? Müssen wir denn weichen? Grad diesen Menschen weichen? Haben wir nicht ein viel, viel größeres Recht, hier zu sein, als sie? Ist es nicht vielleicht eine Schwäche von dir?“
    „Im Gegenteil, ein Sieg.“
    „Da möchte ich dich fast bitten, mir dies zu beweisen!“
    „Ist gar nicht nötig, du wirst es ganz von selbst einsehen, und zwar auch ehe wir gehen. Wir liefern hier unser erstes, bedeutendes Avantgarde-Gefecht für unser Ideal. Du wirst den Sieg bald sehen, vielleicht auch hören! Ich bitte, dich mit dem Einpacken soviel wie möglich zu beeilen!“
    Mit diesem Einpacken ging es bedeutend schneller, als wir dachten. Die Herren vom Komitee hatten die Güte, uns einige von ihren Dienern zur Hilfe zu stellen, so daß wir grad fertig und zum Aufbruch bereit waren, als Aschta, die Mutter und Aschta, die Tochter mit Pappermann aus dem Wald zurückkehrten. Sie kamen Hand in Hand, er in der Mitte, auf beiden Seiten von Mutter und Tochter geführt. Sein altes, liebes Gesicht strahlte im Ausdruck einer tiefen, reinen, heiligen Freude. Als er die Maultiere bepackt sah, uns bei den Pferden stehend und den ‚Jungen Adler‘ sogar schon im Sattel sitzend, rief er verwundert aus:
    „Was ist das? Wollt ihr etwa fort?“
    „Ja, fort“, antwortete ich. „Steigt auf!“
    „Unmöglich! Ich habe versprochen, zu bleiben!“
    „So bleibt! Wort muß man halten! Ich aber habe versprochen, den

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