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04 - Winnetou IV

04 - Winnetou IV

Titel: 04 - Winnetou IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Wasser geworfen!“ begehrte Antonius auf.
    Athabaska mochte ihn schon kennen. Er fragte ihn in halb ironischem und halb geringschätzendem Ton:
    „Solltet Ihr etwa ertrinken?“
    „Ja, gewiß!“ antwortete er.
    „Seid Ihr denn ertrunken?“
    „Nein!“
    „Mr. Burton tut gewiß nichts ohne Grund. Geht also hin und springt wieder hinein, und wenn Ihr dann ertrinkt, so seid Ihr quitt mit ihm!“
    Herr Okih-tschintscha war also abgetan. Professor Summer aber fühlte sich in seiner Würde als stellvertretender Vorsitzender gekränkt. Er als jetziger Theoretiker konnte sich dem Eindruck der kraftvollen Persönlichkeiten dieser beiden durch die schwere, praktische Lebensschule gegangenen Häuptlinge nicht entziehen. Sie imponierten ihm, und das war ihm wohl ärgerlich. Darum versuchte er, ihnen gegenüber seine Autorität geltend zu machen, indem er sich mit den Worten an sie wendete:
    „Ich mache euch darauf aufmerksam, Mesch’schurs, daß es nach unseren Satzungen jedem Weißen verboten ist, sich am Mount Winnetou sehen zu lassen. Und diese Personen hier sind ja Weiße!“
    Er sagte das in ziemlich scharfem Ton. Es klang ganz so, als ob hier schon gewisse Reibungen stattgefunden hätten, von denen wir noch nichts wußten.
    Athabaska richtete sich in seiner ganzen Länge auf. Um seine Lippen spielte ein stolz-ironisches Lächeln, als er mit der Frage antwortete:
    „Darf ich fragen, von wem die Satzungen stammen?“
    „Von uns, dem Komitee! Wir haben sie aufgestellt, und zwar aus guten, wohlerwogenen Gründen!“
    „Und von wem stammt dieses Komitee? Wer hat es eingesetzt? Wer hat ihm die Macht erteilt, Gesetze zu geben und gewaltsam auszuführen? Könnt ihr euch auf die Autorität Gottes oder der Vereinigten Staaten berufen? Ihr seid ein Komitee von Old Surehands und Apanatschkas Gnaden, weiter nichts? Ihr habt euch selbst gewählt. Nun aber kommen wir, um diese Wahl und eure Satzungen zu prüfen!“
    Er sprach ernst und stolz, fast wie ein König. Die beiden Professoren stachen von dieser seiner Größe ganz entschieden ab. Er warf einen Blick rundum und fuhr fort:
    „Dies ist der Beratungsort, an dem sich das Schicksal der roten Nation entscheiden soll. Wer sind die Männer, die diese Entscheidung treffen? Ich sehe hier zwanzig Sitze. Fünf von ihnen sind sehr hoch, die anderen etwas niedriger. Für wen sind diese fünf?“
    „Für uns, das Komitee.“
    „Und die anderen?“
    „Für die Häuptlinge, welche zu den Beratungen eingeladen werden.“
    „Wie heißen sie?“
    Er nannte die Namen, Athabaska und Algongka waren auch mit dabei, auch alle, die mir geschrieben hatten. Athabaska fuhr fort:
    „Ich vermisse einen Häuptling, und zwar gerade denjenigen, dessen Namen ich am allerliebsten hörte, nämlich Old Shatterhand.“
    „Er ist ein Weißer!“
    „Wohl gar nicht mit eingeladen?“
    „Doch! Wir haben ihn angewiesen, sich die Nummermarke für seinen Platz beim Schriftführer zu holen.“
    „Und ihr meint, daß er dies tut? Was für Menschen ihr seid? Und das nennt sich ein Komitee! Ich sage Euch, falls Old Shatterhand wirklich kommt, wird er sich den Platz nehmen, der ihm beliebt, nicht aber den, den ihr ihm bietet! Und wir beide, Athabaska und Algongka, verzichten überhaupt auf diese, von euch bestimmten Sitze. Wie kommt das Komitee dazu, sich höher zu setzen als die alten, berühmten Häuptlinge der eingeladenen Nationen? wer hat sie befugt, über unsern Sitzen sich Throne zu errichten? Macht Platz! Wir gehen. Wir gehören nicht hierher!“
    Er nahm mich und meine Frau bei der Hand und schritt vorwärts. Die Roten wichen vor uns zurück. Gleich aber blieb er wieder stehen, wendete sich an die Professoren zurück und sagte:
    „Es ist der größte aller Fehler, grad Bleichgesichter, die unsere Rasse lieben, von den Beratungen am Mount Winnetou auszuschließen. Kein Mensch steigt ohne die Hilfe anderer Menschen empor. So auch die Völker, die Nationen, die Rassen. Streicht euren steinernen Winnetou und euch so rot an, wie ihr wollt, Ihr werdet durch alle diese Röte es doch nicht verhüten, daß ihr dann gezwungen seid, über euer törichtes Werk noch tiefer als tief zu erröten!“
    Dann wendete er sich zu mir:
    „Ich kenne Eure Gesinnungen und Gefühle für das arme Volk der Indianer. Und dennoch bin ich überrascht, Euch hier zu sehen. Wißt Ihr, um was es sich hier handelt?“
    „Ich vermute, daß man Winnetou ein gigantisches, steinernes oder ehernes Denkmal setzen will.“
    „So ist es.

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