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04 - Winnetou IV

04 - Winnetou IV

Titel: 04 - Winnetou IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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bekannten, vulgären Ausdruckes bedienen, indem ich sage: Er traute mir den Mut zu, ganz offen das ‚Karnickel‘ sein zu wollen, ‚welches angefangen hat‘. Darum war es ihm von größter Wichtigkeit gewesen, sobald wie möglich zu erfahren, auf welcher Seite ich zu suchen sei, auf der seinen oder auf derjenigen der Denkmalbauer. Seit er vom Nugget-tsil aus benachrichtigt worden war, daß ich treu zu ihm stehen werde, fühlte er sich von einer seiner größten Sorgen befreit. Er hatte von Tag zu Tag gehofft, daß ich kommen werde, und nun ich endlich eingetroffen war, fragte er mich, ob ich bereit sei, in Wirklichkeit sein ‚Shatterhand‘, seine Schmetterhand zu sein, mit deren Hilfe es ihm möglich werde, seine Gegner niederzuwerfen.
    „Ich bin bereit“, antwortete ich. „Und ich schlage vor, daß wir sofort beginnen, womöglich gleich jetzt, noch heute. Zunächst in Güte und Liebe, dann aber, wenn das nicht wirkt, mit allen möglichen Fäusten!“
    Das befriedigte ihn vollständig. Er gab mir Generalvollmacht, zu tun, was mir beliebte, und über alles zu verfügen, was mir als nötig erschien. So war ich also Herr meiner selbst und ohne jede Fessel oder Schranke, die mich beengen konnte. Das nutzte ich ganz selbstverständlich ohne Zögern aus.
    Es galt zunächst, das Modell der Statue zu sehen. Darum ritten wir gleich nach dem Essen hinab nach der Stadt, ich, das Herzle, Papermann und Intschu-inta, der Diener. Der letztere bat mich, sechs junge, aber trotzdem erfahrene und rüstige ‚Winnetous‘ mitnehmen zu dürfen, die meine Leibgarde seien. Tatellah-Satah wünsche das so. Ich willigte sehr gern ein. Ich hatte sehr viel vor, wobei mir diese Leute von großem Nutzen sein konnten.
    Wir ritten nicht direkt nach der Stadt, sondern ich lenkte, unten im Innental angekommen, zunächst nach dem Schleierfall ein. Wir untersuchten seine ganze Umgebung, auch die zwei Teufelskanzeln zu beiden Seiten des freien Platzes. Wir taten das so unbefangen wie möglich, um nicht aufzufallen, und ich äußerte kein einziges Wort über die Gedanken, die ich dabei hatte. Aber der ‚Diener‘ war, wie ich sehr bald bemerkte, ein sehr scharfer Beobachter, was mich gar nicht wunder nahm, da Winnetou ihn erzogen hatte. Er forschte nach jedem meiner Blicke. Er dachte nach. Er kombinierte. Er kam infolge seines wohlgeübten Scharfsinns sehr bald auf die richtige Fährte. Als wir umkehrten, um nun auf dem schon beschriebenen, tief ausgefahrenen Talweg hinaus nach der Stadt zu reiten, lenkte er sein Pferd für einige Augenblicke neben das meinige und sagte:
    „Old Shatterhand wollte nicht den Schleierfall sehen.“
    Ich schaute ihn fragend an.
    „Auch nicht den angefangenen Winnetou, den man bauen will“, fuhr er fort.
    „Was denn?“ forschte ich.
    Er hatte recht. Nur dieser beiden ‚Ohren‘ wegen hatte ich den Weg nach dem Innental eingeschlagen. Sie waren mir außerordentlich wichtig. Noch viel wichtiger als der herrliche Wasserfall an sich.
    „Hm!“ brummte ich.
    Das trieb ihn an, aus sich herauszugehen.
    „Ich kenne sie“, versicherte er. „Aber es ist nicht wahr, was man von ihnen sagt. Man kann stehen, wo man will, so hört man nichts.“
    „Hast du schon überall gestanden?“
    „Ja, überall. Sogar hinten, wo niemand hingehen darf, weil es verboten ist. Aber auch da hört man nichts.“
    „Versprichst du mir, verschwiegen zu sein?“
    Er legte die Hand auf das Herz und antwortete:
    „So wirst du bald hören lernen. Ich werde dir zeigen, wie man das macht. Kennst du das ‚Tal der Höhle‘ am Mount Winnetou?“
    „Ganz genau!“
    „Vielleicht auch die Höhle?“
    „Ebenso.“
    „Sehr groß und sehr lang! Man reitet von hier aus fast fünf Stunden, bis man sie erreicht, und doch ist sie so lang, daß sie bis zum Schleierfall geht und erst in seiner Nähe endet.“
    „Wir reiten morgen früh hin, um sie zu untersuchen. Bereite alles vor. Doch sage keinem Menschen ein Wort!“
    Jetzt war dieser Redewechsel zu Ende, denn wir hatten nun das Innental hinter uns, ritten durch das Felsentor und sahen die Zeltstadt vor uns liegen. Es herrschte jetzt in ihr ein regeres Leben als zur Stunde unserer Ankunft. Eine Reiterschar kam uns entgegen. Sie wollte allem Anschein nach hinauf nach dem Schloß. Als diese Leute uns erblickten, hielten sie an. Nur zwei von ihnen ritten weiter, bis sie uns erreichten. Das waren Athabaska und Algongka. Sie saßen wunderbar zu Pferd. Nachdem sie in indianisch höflichster Weise

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