04 - Winnetou IV
ganz hübsch nach dem andern, und –“
Sie hielt inne. Sie bemerkte, was sie da eigentlich gesagt hatte, und brach in ein fröhliches Gelächter aus, in welches ich einstimmte. Dadurch glättete sich ihre Erregung, und wir konnten in Ruhe weitersprechen.
Es war richtig, daß die vier unversöhnlichen Häuptlinge beschlossen hatten, mich zu einem echt indianischen Kampf auf Leben und Tod zu fordern. Daß sie dabei ihre Bedingungen derart stellten, daß ich unmöglich entkommen konnte, verstand sich ganz von selbst. Jetzt, heute abend, ließ sich da weder etwas beschließen noch etwas tun. Man mußte die Bedingungen kennenlernen. Es war beschlossen, daß Pida, der Sohn Tanguas, mir die Forderung zu überbringen hatte. Er war mir, wie man weiß, freundlich gesinnt, und so ließ sich hoffen, daß es mir mit seiner Unterstützung gelingen werde, alles für mich Gefährliche abzuwenden.
Als ich das dem Herzle vorstellte, beruhigte sie sich ganz. Sie erhob sich sogar zu folgender Betrachtung:
„Die Sache ist allerdings nicht im geringsten gefährlich, sondern einfach lächerlich. Die vier Halunken werden riesenhaft blamiert. Du brauchst nur Mann zu sein, weiter nichts!“
„Hm! Wie meinst du das?“ erkundigte ich mich.
„Sehr einfach: Du bist doch Duellgegner?“
„Sogar sehr!“
„Nun also! Wenn diese Kerle dich fordern lassen, sagst du: Ich bin Duellgegner und mache nicht mit! Da schleichen sie davon und müssen sich schämen!“
„Hm, hm!“ lächelte ich. „Und da sagst du, ich hätte nur Mann zu sein?“
„Ja! Oder ist es etwa nicht männlich, seine Duellgegnerschaft offen und ehrlich zu bekennen?“
„O gewiß! Ich bin ja auch ganz gern bereit, mich als Mann zu zeigen, sogar als Doppelmann!“
„Doppelmann?“ fragte sie. „Du, das klingt verdächtig! Wenn du in dieser Weise kommst, ist ganz gewiß etwas nicht richtig! Ich schöpfe Verdacht!“
„Verdacht? Kannst du nichts Besseres schöpfen, wenn überhaupt geschöpft werden muß? Ich werde diesem Pida sehr männlich gestehen, daß ich Duellgegner bin. Und ich werde dann ebenso männlich hinzufügen, daß ich trotzdem sehr gerne bereit bin, mich mit den vier Häuptlingen zu schießen. Ist das nicht doppelt Mann?“
„Nicht doppelt Mann, sondern doppelt falsch! Ich hoffe, daß du scherzt!“
„Ich scherze allerdings, und dennoch nehme ich es ernst, beides zugleich. Offen gesagt, ich nehme diese Forderung einfach als Faxe und werde sie als Faxe behandeln, obwohl sie von feindlicher Seite blutig ernst gemeint ist. In welcher Weise ich das tue, und wozu ich mich überhaupt entschließe, das kann ich jetzt nicht wissen. Laß Pida kommen, dann wirst du hören, was ich ihm antworte!“
„Du hältst die Sache also nicht für gefährlich?“
„Nein“.
„Und du glaubst, mit heiler Haut davonzukommen?“
„Unbedingt!“
„Daran haben die Häuptlinge auch gedacht“, fiel da Hariman Enters ein. „Sie trauen Eurer List und Findigkeit nicht. Darum ließen sie mich und meinen Bruder kommen und teilten uns ihren Plan mit, Euch im Zweikampf umzubringen. Falls Ihr dem Tod in irgendeiner Weise entgehen solltet, bin ich mit meinem Bruder von ihnen beauftragt, Euch auf die Seite zu schaffen, Euch und Eure Frau –“
„Auch mich?“ fiel ihm das Herzle in die Rede. „Seid Ihr darauf eingegangen?“
„Ganz selbstverständlich!“
„Aber nur zum Schein?“
„Nur zum Schein!“ nickte er. „Es fällt uns nicht ein, uns an Euch zu vergreifen. Wir sind Euch treu. Wir werden Euch beschützen, nicht aber ermorden!“
„Das glaube ich Euch!“ versicherte sie in schneller, aber aufrichtiger Herzensregung.
„Ist es wahr? Glaubt Ihr das wirklich?“ fragte er, indem sein Gesicht sich froh erhellte.
„Es ist wahr“, antwortete sie.
„Und Ihr, Mr. Shatterhand?“
„Auch ich glaube es“, bestätigte ich.
„Das freut mich! Das freut mich ungemein! Ich kann Euch sogar beweisen, daß wir es ehrlich meinen. Ich habe dafür gesorgt, daß ich es kann. Ich bringe den Beweis, den unumstößlichen Beweis. Ich habe eine Art von Kontrakt.“
„Etwa einen geschriebenen?“ fragte ich.
„Ja.“
„Unglaublich! Von wem ausgestellt?“
„Von den vier Häuptlingen ausgestellt und von Mr. Evening und Mr. Paper als Zeugen unterschrieben. Hier habt Ihr ihn.“
Er gab ihn mir. Es war kein Kontrakt, sondern ein Zahlungsversprechen, dessen Ausstellung nur dadurch denkbar und möglich war, daß sowohl die beiden Brüder als auch die beiden
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