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04 - Winnetou IV

04 - Winnetou IV

Titel: 04 - Winnetou IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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jenem anderen Leben erscheinst, welches ihr die ewigen Jagdgründe nennt. Man wird dich dort nach deiner Medizin fragen. Was kannst du antworten? So! Nun bin ich fertig. Howgh!“ Nun ritt ich fort, in derselben Begleitung, in der ich gekommen war. Die Freunde riefen mir von allen Seiten jubelnd zu. Die Feinde verhielten sich still. Nur als wir an der Menge der Arbeiter vorüberkamen, hörte ich Worte erklingen, welche sehr geeignet waren, meine Aufmerksamkeit zu erregen.
    „Old Shatterhand! Schuft! Eindringling! Hund! Coyote! Feind! Rache! Erwürgen! Totschlagen!“ Das waren so einige der Drohungen, die ich da zu hören bekam.
    Das verwunderte mich. Das hatte ich nicht für möglich gehalten. Ich ersah keinen Grund zu solchem Haß. Als ich mich hierüber zu Tatellah-Satah und dem ‚Jungen Adler‘ äußerte, erklärte unser alter Pappermann:
    „Ja, die Arbeiter hassen Euch, Mr. Shatterhand. Sie sind ergrimmt über Euch, vom ersten bis zum letzten. Und sie machen gar kein Hehl daraus. Sie wissen, daß besonders Ihr gegen den Bau des Denkmales seid. Sie behaupten, daß Ihr sie um ihre lohnende Arbeit, um ihre Existenz bringen wollt. Sie halten seit einigen Tagen heimliche Versammlungen ab, in denen beraten wird, in welcher Weise man sich von Old Shatterhand und Tatellah-Satah befreien kann. Und bei diesen Versammlungen sind die Herren vom Komitee zugegen!“
    „Ah! So! Das ist wichtig, hochwichtig!“ gestand ich ein. „Woher wißt Ihr daß?“
    „Von Sebulon Enters!“
    „Nicht von Hariman?“
    „Nein, von Sebulon. Ich weiß, Ihr traut diesem noch viel weniger, als seinem Bruder. Aber seit er erfahren hat, daß er nur betrogen werden soll, ist er Euch sicherer als jeder andere. Die Brüder kommen des Abends heimlich zu mir. Ich berate mit Ihnen – – –.“
    „Ohne mich zu fragen?“ fiel ich ein.
    „Habt keine Sorge!“ antwortete er. „Es gilt jetzt nur, Fühlung mit ihnen zu behalten. Sobald ich etwas Positives oder überhaupt Wichtiges höre, stelle ich mich ganz von selbst bei Euch ein. Am meisten wird über Euch in der Kantine gesprochen.“
    „In welcher Kantine?“
    „Ein Blockhaus bei den Steinbrüchen, in dem sich die Arbeiter verpflegen.“
    „Kennt Ihr es, Mr. Pappermann?“
    „Ja.“
    „Ich noch nicht. Ich muß es sehen, und zwar sofort, noch ehe es Nacht wird. Reiten wir miteinander hin!“
    „Im Häuptlingskostüm?“ fragte das Herzle.
    „Ja. Ich kann nicht erst nach dem Schloß, um mich umzukleiden. Den Federschmuck lege ich ab. Du nimmst ihn mit heim. Auch den Henrystutzen.“
    „Ich denke, ich reite mit?“
    „Diesmal nicht, liebes Kind. Es handelt sich um eine kurze, sehr schnelle Rekognoszierung, die Dich zu sehr anstrengen würde.“
    „Ist Gefahr dabei?“
    „Keine Spur!“
    „So sei es dir erlaubt!“
    Sie sagte das so ernst, daß ich diese ‚Erlaubnis‘ fast selbst auch ernst genommen hätte. Ich gab ihr den Federschmuck, dem ‚Jungen Adler‘ das Gewehr, verabschiedete mich von Tatellah-Satah und bog dann mit dem alten Pappermann von unserem Weg ab, um an dem Schleierfall vorüber auf einem wenig betretenen Umweg nach den Steinbrüchen zu reiten.
    Die Sonne war längst hinter dem Mount Winnetou verschwunden, doch hatte es noch nicht begonnen, zu dunkeln. Wir ritten Galopp, kamen durch ein Seitentälchen aus dem Innental heraus und ritten dann am äußeren, nördlichen Fuß des Mount Winnetou an den Steinbruch- und verschiedenen anderen Anlagen dahin, mit denen der herrlichen Natur hier so rücksichtlos Gewalt angetan worden war. Die Brüche sahen wie unheilbare Wunden aus, die man dem Berg geschlagen hatte. Und die häßlichen Gerüste, Mauern, Drahtseile und Balken, mit denen man den jugendlichen Wasserfall eingefangen und gefesselt hatte, um seine Kraft in Elektrizität zu verwandeln, konnten nichts als nur das Gefühl des Bedauerns erwecken. Dort standen schmutzige Pferdeschuppen mit Reihen von schweren Lastwagen. Eine tannenmörderische Sägemühle kreischte, zerfetzte Zelte krochen an der Erde hin. Niedrige Baracken lagen ordnungslos umhergestreut. Pappermann zeigte mir ein großes, langgestrecktes Blockhaus.
    „Das ist die Kantine“, sagte er. „Der Wirt ist ein Riese. Er wird ‚Der Nigger‘ genannt.“
    „Das ist für einen Indianer ein Schimpfwort, eine Beleidigung!“ bemerkte ich.
    „Er ist es gewohnt. Er nimmt es nicht übel, ist aber sonst ein sehr roher, gewalttätiger Mensch. Er ist kein reiner Indianer. Man sagt, daß seine Mutter eine

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