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04 - Winnetou IV

04 - Winnetou IV

Titel: 04 - Winnetou IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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weil wir uns ja hinter der Sperre befinden mußten, um nach dem Schloß zurückkehren zu können. Als wir dort anlangten, graute fast schon der Tag. Tatellah-Satah war nicht da. Wir verschlossen die geheimnisvolle Treppe und trennten uns dann von unsern indianischen Begleitern, um heimzugehen und noch einige Stündchen zu schlafen.
    Als wir erwachten, wartete Intschu-inta schon auf uns, um uns zu melden, daß die Gebrüder Enters schon längere Zeit hier seien und uns zu sprechen wünschten. Wir ließen sie kommen und empfingen sie freundlich. Sie zeigten sich verlegen. Sie wußten nicht, wie sie beginnen sollten. Da zerhaute ich den Knoten, indem ich sagte:
    „Ihr kommt, um uns zu sagen, daß wir heut abend sterben sollen?“
    Nun erschraken sie gar; ich aber fuhr ruhig fort:
    „Die beiden Medizinmänner sind entflohen. Sie wollen die viertausend Feinde heut abend durch die Höhle führen, um uns zu überfallen. Die Arbeiter stehen unter ihrem Anführer, dem ‚Nigger‘, bereit, mit ihnen gemeinsame Sache zu machen. Die Roten geben, sobald sie hinter dem Wasserfall angekommen sind, das Zeichen durch einen Schuß. Sobald dieser Schuß fällt, haben die Brüder Enters mich und meine Frau zu ermorden, und die Arbeiter werfen sich auf die Häuptlinge und sonstigen Freunde von uns!“
    Sie sahen mich starr und stumm an. Sie sagten zunächst kein Wort, so groß war ihr Erstaunen.
    „Nun?“ fragte das Herzle. „Wie gefällt euch das? Gebt ihr es zu? Oder wollt ihr es bestreiten?“
    Da antwortete Sebulon:
    „Bestreiten? Nein! Wir sind ja nur deshalb gekommen, um es euch zu sagen, um euch zu warnen. Wir sind nur so betroffen, weil ihr schon alles wißt. Und so genau! Es soll ja das tiefste Geheimnis sein!“
    „Geheimnis? Pshaw!“ fiel ich ein. „Wir haben stets alles gewußt, und zwar viel besser als ihr. Das habt ihr wohl nun endlich eingesehen! Und so wissen wir auch das. Wir wissen sogar, daß ihr gestern abend in der Kantine, als Tusahga Saritsch und To-kei-chun fort waren, beschlossen habt, heut früh hierher zu kommen und uns alles zu erzählen.“
    „Wie ist das möglich? Ihr könnt doch nicht unter den Tischen oder Sitzen gesteckt haben!“
    „O nein! So unbequem brauchen wir es uns gar nicht zu machen! Die Leute, die unsere Feinde zu sein scheinen, erzählen es uns selbst. Seid froh, daß ihr es ehrlich meint! Denn wäre dies nicht der Fall, so würdet ihr die ersten sein, die unter unseren Kugeln fallen.“
    „Oh, was das betrifft, so würden wir wahrscheinlich gar nicht bös darüber sein, uns morgen tot zu wissen! Es gibt bei uns weder Glück noch Stern. Das ist der Fluch, der vom Vater auf die Söhne erbt.“
    „Nicht der Fluch, sondern der Segen!“ widersprach ich ihm.
    „Wieso?“ fragte er.
    „Der Segen, welcher darin liegt, Geschehenes gutzumachen und dadurch den Vater erlösen zu können.“
    „Und daran glaubt Ihr, Mr. Shatterhand?“
    „Ja.“
    „Wirklich? Wirklich? Ich bitte Euch, sagt es mir aufrichtig!“
    „Gewiß und wirklich!“
    „Gott sei Dank! So gibt es also doch noch einen Zweck für uns! Wir wollen es fernerhin tragen! Ihr wißt also nun, daß wir heute abend angewiesen sind, uns in eure Nähe zu machen?“
    „Ja.“
    „Wollt Ihr uns das erlauben?“
    „Gern.“
    „Und uns dennoch nicht mißtrauen?“
    „Wir sind überzeugt, daß ihr es ehrlich meint.“
    „Gott segne Euch für dieses Wort! Habt Ihr einen Befehl für uns?“
    „Jetzt noch nicht. Vielleicht heute abend. Wahrscheinlich kommt es gar nicht zu einem Kampf. Der Überfall wird auf alle Fälle vermieden.“
    „So nehmt Euch aber, mag es gehen wie es will, vor dem ‚Nigger‘ in acht. Er haßt Euch glühend. Er schreibt alles auf Eure Schuld. Wenn er die Wahl hat, Euch eine Kugel zu geben oder keine, so gibt er Euch sicherlich zwei! Jetzt müssen wir gehen. Wir haben schon so lange gewartet, und doch soll niemand wissen, daß wir hier verkehren.“
    Sie entfernten sich.
    „Sie tun mir leid, unendlich leid!“ sagte das Herzle. „Sie sind ganz anders als früher. Ich wollte, sie hätten ein recht, recht glückliches Leben vor sich liegen!“
    Als wir dann bei unserem verspäteten Kaffee saßen, stellten sich zwei andere Personen ein, die uns aufzusuchen kamen. Das waren die Squaw des Häuptlings Pida und ‚Dunkles Haar‘, ihre Schwester. Sie wurden ganz selbstverständlich in der herzlichsten Weise aufgenommen. Das Herzle setzte gleich noch einmal Kaffe an, um sie an unserem Frühstück teilnehmen zu

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