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04 - Winnetou IV

04 - Winnetou IV

Titel: 04 - Winnetou IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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er sich verlassen könne. Ich glaube es ihm, denn er ist mein erster und oberster Winnetou, und es kam noch nie ein unwahres Wort über seine Lippen. Dennoch frage ich ihn heut und jetzt, in diesem wichtigen Augenblick: Getraust du dich, da hinaufzufliegen und nachzusehen, ob wirklich ein Stein vorhanden ist, unter dem der Schlüssel zu den Gräbern der Könige verborgen liegt?“
    Der ‚Junge Adler‘ antwortete sofort und in zuversichtlichem Ton:
    „Ich getraue es mich nicht nur, sondern es ist sogar leicht, sehr leicht.“
    „Und wann kannst du es tun?“
    „Sobald du es wünschest. Jetzt oder später. Die Zeit, die du bestimmst, ist mir gleich!“
    „Dann jetzt noch nicht. Der heutige Tag hat seine Aufmerksamkeit auf anderes zu richten. Aber ich danke dir für deine Zuversicht. Sie macht mich fest in meinem Zukunftsglauben! Wir werden die Grüfte der toten Kaiser und Könige öffnen. Wir werden die Bücher finden und die Seele unserer Rasse, die in ihnen schlummert, aus dem tausendjährigen Schlaf auferwecken. Sie wird wachsen und groß werden, wie die Seelen der anderen Rassen groß geworden sind, und niemand wird uns mehr hindern, die Höhen zu gewinnen, die uns von Manitou zur Wohnung angewiesen sind!“
    Unser Blick reichte, wie bereits gesagt, von da aus, wo wir uns jetzt befanden, bis hinunter nach dem Schleierfall. Da sahen wir jetzt das Herzle mit dem Ingenieur und einigen Indianern, welche photographische Apparate trugen. Sie befand sich also in voller Tätigkeit und hatte, wie es schien, den Ingenieur für sich gewonnen. Wir aber kehrten nach dem Turm und von da nach dem Schloß zurück, wo ich dadurch überrascht wurde, daß ich Old Surehand und Apanatschka auf mich wartend fand.
    „Wundert Euch nicht, daß ihr uns bei euch seht“, redete mich der erstere an. „Es ist eine etwas unklare, aber, wie es scheint, höchst wichtige Sache, die uns zu Euch führt. Kennt Ihr den sogenannten ‚Nigger‘, der die Arbeiterkantine bewirtschaftet?“
    „Ich habe ihn einmal gesehen“, antwortete ich.
    „Mit ihm gesprochen?“
    „Nein.“
    „Habt ihn also nicht beleidigt?“
    „Nie.“
    „Dennoch hat er einen fürchterlichen Haß auf Euch. Weshalb, das könnt ihr Euch wohl denken. Er steht auf unserer Seite. Wir können ihm also nicht zürnen. Aber er ist ein höchst unbedachtsamer, jähzorniger und gewalttätiger Mensch und scheint jetzt mit seinem Haß gegen Euch zu weit gehen zu wollen. Er war vorhin in einer geschäftlichen Angelegenheit bei uns und hat bei dieser Gelegenheit in einer Weise von Euch gesprochen, welche uns in Besorgnis versetzt. Er sagte, heut sei Euer letzter Lebenstag; es würden auch noch andere daran glauben müssen; heut habe es sich zu zeigen, wer Herr und Meister am Mount Winnetou sei. Er schien betrunken zu sein. Wir haben ihn bisher für treu gehalten; diese Redensarten aber erregen unser Bedenken. Wir sind gekommen, Euch zu warnen. Es scheint etwas gegen Euch unterwegs zu sein, doch konnten wir leider nicht erfahren, was.“
    „Ich danke Euch!“ antwortete ich. „Ich bin bereits gewarnt.“
    „Wirklich? Das soll uns freuen! Ihr seid noch immer der alte. Ihr wißt immer mehr als wir! Sagt also, ist unsere Vermutung richtig? Hat man etwas gegen Euch vor?“
    „Nicht nur gegen mich, sondern auch gegen Euch.“
    „In der Tat? – Was?“
    „Man will mich und Euch, überhaupt uns alle, beiseite schaffen. Ich bin von allem unterrichtet und wollte nicht eher davon sprechen, als bis alles vorüber ist. Aber da Ihr so ehrlich seid, mich, Euern Gegner, zu warnen, so will ich Euch in das Vertrauen ziehen.“
    Ich erzählte ihnen fast alles, was ich wußte. Die Wirkung läßt sich denken. Sie wollten sofort mit allen vorhandenen Kräften nach dem ‚Tal der Höhle‘ ziehen, um den Feinden in die Höhle zu folgen und sie da drin niederzumetzeln. Zum Glück aber hatte ich ihnen von der Beschaffenheit der Höhle und daß ich ihre Ausgänge kannte, nichts mitgeteilt. Es kostete mich große Mühe, sie zu beruhigen und ihnen das Versprechen abzubringen, die Leitung dieser Angelegenheit einzig und allein in meiner Hand zu lassen. Eines aber konnte ich nicht verhüten, nämlich, daß sie sofort hinaus nach der Kantine wollten, um den ‚Nigger‘ zur Rede zu stellen und sich seiner Person zu bemächtigen. Es konnte mir dadurch sehr leicht ein Strich durch alle meine Berechnungen entstehen, und so mußte ich wohl oder übel mit ihnen reiten, um wenigstens noch das zu verhüten, was

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