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04 - Winnetou IV

04 - Winnetou IV

Titel: 04 - Winnetou IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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liebte. Ich eiferte Dir nach in allen Dingen. Du gabst mir viel. Du brachtest mir Schätze für Geist und Seele, und ich versuchte, sie festzuhalten und mir anzueignen. Ich bin Dein Schuldner, aber ich bin es gern, denn diese Schuld ist nicht drückend, sondern erhebend. Konnten die Bleichgesichter nicht alle so zu uns kommen, wie Du, der Einzelne, zu mir, dem Einzelnen, kamst? Ich sage Dir, alle, alle meine roten Brüder wären ebenso gern ihre Schuldner geworden, wie ich Deiner geworden bin! Der Dank der roten Rasse wäre ebenso aufrichtig gewesen wie der Dank Deines Winnetou für Dich. Und wo Millionen danken, da wird die Erde zum Himmel.
    Aber Du hast noch mehr getan, unendlich mehr als das! Du hast Dich nicht nur Deines roten Freundes, sondern auch seiner ganzen verachteten, verfolgten Rasse angenommen, obgleich Du ebenso wußtest und weißt wie ich, daß die Zeit kommen wird, in der man Dich dafür ebenso verachtet und verfolgt wie sie. Doch zage nicht, mein Freund; ich werde bei Dir sein! Was man Dir, dem Lebenden, nicht glaubt, das wird man mir, dem Verstorbenen, glauben müssen. Und wenn man das, was Du schreibst, nicht begreifen will, so gib ihnen das zu lesen, was ich geschrieben habe. Ich bin überzeugt, es war gewiß die kühnste, aber wohl auch die beste Tat Deines Winnetou, daß er in stillen, heiligen Stunden das Gewehr zur Seite legte, und für Dich zur Feder griff. Sie ist mir schwer geworden, diese Tat, sehr schwer, dieser Feder wegen, die sich sträubte, mir, der Rothaut, zu gehorchen. Und doch auch leicht, so leicht, des Herzens wegen, dessen Stimme aus jeder Zeile spricht, die ich dem Volk der Menschen hinterlasse.
    So wird Dein Winnetou auch noch im Tod an Deiner Seite stehen, denn meine Liebe lebt. So wird er für Dich kämpfen, indem er für sich selbst und seine Rasse kämpft. So hab ich mich zu Deinem Schutz zu Dir emporgehoben und bitte Dich, vergönne mir den Platz! Dann wird auch ebenso mein Volk sich zu dem Deinigen erheben, und alle Leiden meiner Nation sind ausgelöscht, wenn nicht aus der Geschichte, so doch vor Manitou, der gütig richtet, wenn er kann und darf.
    Du weißt, ich bin bei Dir, wenn Deine Augen diese Zeilen lesen, doch nicht als Geist, als irre Spiritistenseele, sondern als mein treuer, warmer Puls, der fortan mit dem Deinigen vereint in Deinem Herzen schlägt. Könnte dieser Puls der Puls der ganzen Menschheit sein!
    Bin ich ein Tor, indem ich dieses schreibe? Ich grüße Dich! Was Du von mir noch alles hören möchtest, wirst Du in diesen Blättern finden. Ich brachte sie zum Nugget-tsil. Die Grube ist geöffnet, sie für Dich aufzunehmen. Bin ganz allein! Wie habe ich Dich geliebt! Wie liebe ich Dich noch! Du warst mir Geist und Seele, Herz und Wille. Was ich Dir bin, das wurde ich durch Dich. Es gibt so viele, so ungezählte viele, die ganz dasselbe werden möchten, für Euch – für Euch – für Euch!
    Dein Winnetou.“
    Das Herzle saß eng neben mir. Ich hatte ihr mit halblauter Stimme vorgelesen. Als ich nun fertig war, sagte sie nichts. Sie schlang ihre Arme um mich, lehnte ihren Kopf an meine Schulter und weinte. Auch ich war still. So saßen wir lange Zeit. Dann packten wir die Manuskripthefte in die Tongefäße und trugen sie in das Zelt, um sie dort aufzubewahren. Den Brief aber behielt ich zurück.
    „Wirst du ihn dem ‚Jungen Adler‘ zeigen?“ fragte sie mich.
    Ich hatte soeben denselben Gedanken gehabt. Wieder einer jener häufigen, alltäglichen Fälle, daß sie in ganz demselben Augenblick auch ganz dasselbe denkt wie ich.
    „Ja, er soll ihn lesen, und zwar sogleich“, antwortete ich.
    Wir gingen zu ihm hin. Es schien, als habe er sich gar nicht um uns bekümmert. Aber als ich ihm den Brief mit einigen erklärenden Worten zum Lesen überreichte, ging es wie heller Sonnenschein über sein Gesicht. Er sprang schnell auf, griff nach dem Brief und sagte:
    „Ich danke Euch, Mr. Burton! Glaubt mir, ich weiß ganz genau, was es heißt, einen solchen Brief aus solcher Hand zu bekommen!“
    „Ich zeige ihn Euch nicht ohne egoistische Absicht“, erwiderte ich. „Ich stelle dieses Vermächtnis meines Winnetou unter Euern besondern Schutz. Ich kann nicht stets in der Nähe des Zeltes sein und bitte um Eure Wachsamkeit, so oft ich gezwungen bin, mich zu entfernen. Zum Beispiel gleich jetzt. Ich gehe nämlich, um nach Sebulon Enters zu sehen.“
    „Und ich habe inzwischen für des Leibes Nahrung zu sorgen“, erklärte das Herzle. „Ich mache wahr,

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