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04 - Winnetou IV

04 - Winnetou IV

Titel: 04 - Winnetou IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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stimmte Hariman bei.
    „Etwa mit Gold?“
    „Nein. Dazu ist es zu leicht.“
    „Diamanten? Geschmeide?“
    „Auch zu leicht.“
    „Gar Banknoten?“
    Seine Augen blitzten wieder auf. Fünf solche Pakete mit Banknoten! Welch ein Vermögen!
    „Auf, auf! Schneiden wir auf! Schnell, schnell!“ rief er aus.
    Die Riemen wurden zerschnitten und die Lederteile auseinandergeschlagen.
    „Bücher!“ sagte Hariman enttäuscht.
    „Bücher! Tod und Teufel! Nur Bücher!“ brüllte Sebulon. „Weg mit ihnen, weg, weg!“
    Er schleuderte sie fort.
    „Aber was für Bücher?“ warnte Hariman. „Schau doch erst nach! Es kann ja Geld drin liegen!“
    Sofort holte Sebulon das weggeworfene Volumen wieder her, um es zu prüfen, warf es aber sehr bald noch weiter von sich als vorher.
    „Geschriebene Seiten, lauter geschriebene Seiten!“ zürnte er. „Mit nichtssagenden Überschriften und mit dem geliebten Namen Winnetou!“
    „Bei mir hier auch“, erklärte Hariman, der sein Paket inzwischen auch einer Untersuchung unterworfen hatte.
    „So weg damit, immer weg! Und dafür die andern drei her! Ich hoffe, daß sie Besseres enthalten!“
    Man kann sich denken, daß ich den Verlauf dieser Szene nichts so gleichgültig verfolgte, wie ich mir den Anschein gab. Hier war mir jedes einzelne Blatt oder Blättchen, jedes Stückchen Leder oder Bastschnur heilig. Ich ließ die beiden nur deshalb gewähren, weil sie mir die Arbeit abnahmen. Aber verletzen oder gar verderben durften sie mir nichts; das verstand sich ganz von selbst. Jetzt nun, als sie die beiden nächsten Gefäße hernahmen, ging das öffnen derselben dem ungeduldigen Sebulon nicht schnell genug. Er schnitt und riß die Umschnürung in bebender Eile herunter und rief dabei aus:
    „Das geht alles zu langsam, viel zu langsam! Der Kitt wird nicht wieder aufgekratzt, denn das erfordert zu viel Zeit. Wir schlagen die Gefäße einfach entzwei. Da sehen wir sofort, was sie enthalten!“
    Da ging ich schnell zu ihnen hin und sagte:
    „Entzweigeschlagen wird hier nichts! Diese Gefäße enthalten das Vermächtnis eines großen, edlen Verstorbenen. Sie haben für mich einen größeren Wert als Gold und Edelsteine. Ich dulde nicht, daß man sie zerbricht!“
    Er stellte das, was er in den Händen hatte, neben sich hin, griff zum Spaten, sah mich drohend an und fragte:
    „Und wenn ich sie dennoch zerbreche, was dann?“
    „Pshaw! Ihr kommt ja gar nicht dazu!“
    „Wieso?“
    „Ich schlage Euch nieder, daß Ihr zur Erde fliegt wie ein umgefallener Sack!“
    „Ah, wirklich, wirklich? Versucht das doch einmal! Merkt aber vorher auf, was ich Euch sage: Ihr seht den Spaten in meiner Hand. Mit ihm zerschlage ich zunächst das Gefäß, und dann, wenn Ihr nur die geringste Bewegung gegen mich wagt, zerschmettere ich Euch mit ihm den Schädel! Nun tut, was Ihr wollt!“
    Er hob den Spaten hoch, um seine Drohung auszuführen, und ich ballte schon die Faust zum angekündigten Hieb; da aber stand auch schon das Herzle neben mir und sagte:
    „Nicht du, sondern ich!“
    Sie schob mich zur Seite, trat hart an Sebulon heran und befahl:
    „Nieder mit dem Spaten, nieder!“
    Sie streckte dabei die Hand gebieterisch aus. Man sah ihr an, daß es ihr gar nicht einfiel, einen Widerstand zu erwarten. Er fuhr, fast möchte ich sagen, erschrocken zusammen und schaute ihr in die Augen. Ihre beiderseitigen Blicke hingen für kurze Zeit aneinander. Da senkte er den seinen, und er senkte auch den Spaten.
    „Werf ihn weg!“ kommandierte sie.
    Er ließ ihn fallen.
    „Setzt Euch wieder nieder!“ forderte sie ihn in weniger strengem Ton auf.
    Er tat auch das.
    „So! Nun fahrt in Eurer Arbeit fort, aber vorsichtig und anständig! Es darf nicht der geringste Riß oder Sprung entstehen! Ich hoffe, Ihr tut mir das zuliebe!“
    „Zuliebe, ihr zuliebe!“ erklang es kleinlaut aus seinem Munde. „Was soll man von mir denken, daß ich gehorche! Diese Augen, diese Augen! Hariman, sag es ihr, sag es ihr, sag es ihr, damit wenigstens er mich nicht für einen Feigling hält, der sich vor ihm fürchtet!“
    „Was ist's?“ fragte sie den Genannten.
    Er antwortete:
    „Mein Bruder kann Eure Augen nicht ertragen, Mrs. Burton. Gleich vom ersten Augenblick an. Er sagte es mir sofort, nachdem er Euch gesehen hatte, und er hat es mir bis jetzt schon zehnmal, schon zwanzigmal wiederholt.“
    „So ist es!“ klagte Sebulon. „Diese Augen, diese niederträchtigen, unausstehlichen blauen Augen! Sie tun mir weh! Sie

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