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04 - Winnetou IV

04 - Winnetou IV

Titel: 04 - Winnetou IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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plagen und quälen mich! Schaut weg von mir, Mrs. Burton, schaut weg! Sonst tue ich alles, alles was ihr wollt!“
    Da setzte sie sich neben ihn nieder, berührte mit ihrer Hand leise seinen Arm und antwortete:
    „Wenn Ihr doch immer nur tätet, was ich will, so tätet Ihr stets das Richtige!“
    Er zuckte den von ihr berührten Arm und stöhnte:
    „Alle Teufel! Nun faßt sie mich sogar an!“
    „Ich werde es nicht wieder tun. Es geschah ganz ohne Absicht“, entschuldigte sie sich. „Nun aber bitte, die Gefäße wieder zur Hand! Ich bleibe dabei und schaue zu.“
    Er griff gehorsam nach dem seinen und sagte, zu Hariman gewendet:
    „Also, entfernen wir den Kitt! Aber behutsam, sehr behutsam, damit ja nichts zerbricht! Verstanden?“
    Er nahm, als ob gar nichts vorgefallen sei, die unterbrochene Arbeit von neuem auf. Und er tat sie so sorgfältig und so bedächtig, daß ich mich im Stillen schier verwunderte. Das Herzle aber lächelte leise und glücklich. Sie fühlt sich immer so froh, wenn es ihr gelungen ist, etwas Böses in Gutes zu verwandeln. Zwar kehrte die frühere Hast bei Sebulon nach und nach zurück; aber er widerstrebte ihr, es gelang ihm, sich zu beherrschen, wenigstens bis zu dem Augenblick, an dem er so weit war, das Tongefäß öffnen zu können. Da holte er tief, tief Atem und rief dann aus:
    „Verzeihung, Mrs. Burton! Wenn es wieder nur Bücher sind, so sollen sie Euer sein! Wenn es aber Gold oder dem Ähnliches ist, so gebe ich es nicht her! Um keinen Preis! Soll ich nachschauen?“
    „Ja“, antwortete sie.
    Er entfernte den Deckel und sah hinein.
    „Ganz dasselbe Lederpaket!“ stöhnte er.
    Er nahm es heraus, öffnete es und durchsuchte es.
    „Wieder nur geschriebene Zeilen, weiter nichts, weiter nichts! Es ist ein Unglück, ein Jammer, eine Schande! Und du?“
    Diese Frage war an seinen Bruder gerichtet, der sein Paket soeben auch geöffnet hatte. Er zeigte es her und antwortete:
    „Auch nur Schreibereien, nichts anderes!“
    Da sprang Sebulon auf und jammerte:
    „Ich muß Atem holen, Atem! Es packt mich die Wut! Mich rührt der Schlag!“
    Er warf die Arme um sich und rannte auf und ab. Hariman aber griff still nach dem fünften, also letzten Gefäß und begann, zunächst die Schnüre zu entfernen. Das Herzle griff mit zu, um ihm zu helfen. Als Sebulon das sah, kam er schnell herbei, schob sich zwischen sie und seinen Bruder hinein und bat:
    „Nicht Ihr, nicht Ihr, Mrs. Burton! Schont Eure Hände! Ich mache das für Euch!“
    Das war nicht etwa böse, sondern gut gemeint. Wie sonderbar! Es dauerte nicht lange, so war auch dieser letzte Behälter geöffnet. Er hatte denselben Inhalt wie die anderen vier. Da beugte sich Sebulon ganz so, wie sein Bruder es vorher, nur aus ganz anderem Grunde, gemacht hatte, tief nieder, legte sein Gesicht in beide Hände und begann zu weinen. Seine Brust arbeitete konvulsivisch. Wir anderen verhielten uns still. Nach einer Weile stand er mit einem plötzlichen Ruck auf, sah sich um, als ob er aus einem Traum erwache und rief in zornigem Ton:
    „Wie sagte ich? Wie habe ich gesagt? Er sei da, unser Vater, unser Vater? Verrückter Kerl, der ich bin! Von dem alten Lump ist längst keine Faser, kein Atom, kein Stäubchen mehr übrig! Nur die Schande hat er uns gelassen, die Schande! Und den Trieb zum Bösen hat er uns vererbt, den Drang zum Mord, zur Selbstvernichtung! Das ist alles, was wir ihm zu verdanken haben, alles, alles! Und das will Vater gewesen sein und hat sich Vater genannt! Pfui!“
    Er spuckte dreimal aus und wendete sich von uns, sich zu entfernen. Aber schon nach wenigen Schritten blieb er stehen, drehte sich nach uns um und sagte:
    „Mrs. Burton, ich verzichte auf die Schreibereien. Ich mag sie nicht. Ich schenke sie Euch, hört Ihr es, Euch, nur Euch! Mit einem jeden anderen würde ich um sie kämpfen, sogar mit Old Shatterhand. Euch aber will ich sie überlassen, ohne daß ich etwas dafür verlange. Sie sind also Euer Eigentum. Macht damit, was Euch beliebt!“
    Hierauf wendete er sich wieder von uns ab und schritt davon, in den Wald hinein, hinter dessen Bäumen er verschwand.
    „Törichter Mensch!“ sagte sein Bruder, der ihm, ebenso wie wir, nachgeschaut hatte. Weiter sagte er nichts.
    Das Herzle hatte nun eigentlich jetzt das Essen zu bereiten; sie tat es aber nicht. Sie wollte zunächst wissen, was für ein Schatz es war, den wir da ausgegraben hatten. Ich bat vor allen Dingen Pappermann, noch einmal tiefer zu graben, der

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