04 - Wohin die Zeit uns treibt
übermorgen wird Kendesa mit mir Kontakt aufnehmen."
„Ich verstehe. Dann ist bald alles vorbei."
„Ja." Aus Gründen, die er nicht verstand, wollte er sich entschuldigen, wollte sie halten und ihr sagen, dass es ihm leidtue, sich wie ein Trampel verhalten zu haben. Er steckte die Hände in die Taschen.
„Gehen wir zum Lunch hinunter?"
„Ich möchte mich lieber hinlegen. Ich bin eher angespannt als hungrig." Tatsächlich wollte sie ganz einfach allein sein.
„In Ordnung." Sie war sehr blass. Er hätte ihr gern die Wange gestreichelt. „Ich bleibe nicht lange."
Sie wartete, bis er weg war, bevor sie sich aufs Bett legte. Sich zu einer Kugel zusammenzurollen schien irgendwie zu helfen. Es konzentrierte die Verletztheit in einem Punkt, mit dem leichter umzugehen war. Sie würde nicht weinen. Sie hielt die Augen geschlossen und bemühte sich ganz fest, sich auf nichts zu konzentrieren. Sie würde ihre Emotionen nicht wild ausschlagen lassen, so wie damals, als sie jung war und ihren Vater überraschen wollte.
Sie hatte sein Büro aufgeräumt, das Holz gewienert und das Glas poliert. Er war auch so wütend gewesen wie vorhin Terence. Sie seufzte und bemühte sich, die Erinnerung aus ihrem Kopf zu streichen. Wütend, weil sie in seine Privatsphäre eingedrungen war, seine persönlichen Dinge berührt hatte.
Sean Brady Fitzpatrick war ein harter Mann gewesen, und ihn zu
lieben war eine lange Übung in Frustration gewesen.
Gillian seufzte wieder. Offensichtlich lernte sie langsam.
Er hatte nichts gegessen. Auch den Whisky trank er nicht aus, den er bestellt hatte. Noch nie hatte er sich wegen einer Frau so entsetzlich gefühlt, obwohl sie eindeutig einen Fehler gemacht hatte. Diese Songs waren für niemanden als ihn bestimmt. In ihnen hatte er von seinen innersten Gedanken und Gefühlen geschrieben, von Träumen, deren Vorhandensein er niemals zugab. Terence war sich nicht sicher, ob er damit umgehen konnte, dass Gillian wusste, was in ihm war, wonach er sich in einsamen Nächten sehnte.
Er hätte sie nicht verletzen sollen. Nur der Dumme oder der Herzlose verletzt einen Wehrlosen.
Sie schlief, als er zurück ins Zimmer kam. Er hatte gehofft, seine Entschuldigung schnell und schmerzlos hinter sich bringen zu können. Sie lag fest zusammengerollt auf dem Bett, als wollte sie einen weiteren Schlag abwehren. Mit einem Fluch auf den Lippen zog er ihr die Decke hoch. Gillian bewegte sich leicht im Schlaf.
„Caitlin."
Obwohl sie den Namen des kleinen Mädchens murmelte, hörte Terence die Furcht heraus.
Unsicher setzte er sich auf den Bettrand und strich ihr übers Haar. „In ein paar Tagen ist alles in Ordnung, Gillian."
Sie zitterte, und Schweißperlen standen auf ihrer Stirn. Dann riss sie die Augen mit einem Ausdruck tiefsten Entsetzens weit auf. Terence hielt sie fest.
„Alles in Ordnung, Doc?"
„Ja, ja." Aber sie konnte das Zittern nicht ganz unterdrücken. „Es tut mir leid."
„Du musst dich nicht dafür entschuldigen, einen Albtraum zu haben." Er empfand eine Verlegenheit, die er noch nie bei Frauen erlebt hatte. Er zog sie an sich. „Entspann dich einfach. Warum erzählst du mir nicht davon? Normalerweise hilft das."
Sie wollte den Kopf an seine Schulter lehnen. Sie wollte, dass er sie hielt, sie wirklich hielt, ihr etwas Süßes und Närrisches zumurmelte, bis das entsetzliche Gefühl vorbei war. Ich will ein Wunder, sagte sie sich selbst. Als Wissenschaftlerin wusste sie, dass die Wunder in der Welt ausgegangen waren.
„Es war einfach nur ein Traum, unerfreulich, das ist alles. Wie die anderen."
Er legte eine Hand unter ihr Kinn und hob ihr Gesicht. „Hattest du die ganze Zeit Albträume?"
„Es ist nicht überraschend. Das
Unterbewusste ..."
„Warum hast du mir nichts davon erzählt?"
„Du wärst nur ärgerlich geworden, so wie jetzt.
Und ich wäre nur in Verlegenheit geraten, so wie jetzt. Lass mich einfach allein, okay? Geh und lass mich in Ruhe."
Es hatte eine Zeit gegeben, die noch nicht so lange zurücklag, da wäre er dem gern
nachgekommen. Jetzt strich er ihr immer wieder über den Rücken und sprach beruhigend auf sie ein, bis ihre Atemzüge gleichmäßiger wurden. Dann drückte er sie zurück aufs Bett, legte sich neben sie und hielt sie fest. Er spürte mehr Überraschung als Widerstand.
„Ich denke, du solltest wissen, dass ich keine Superfrau erwarte. Ich weiß, was du durchmachst.
Selbst jemand, der so stark ist wie du, muss seinen Gefühlen gelegentlich
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