04 - Wohin die Zeit uns treibt
Agent?"
Terence lachte, wartete aber, bis der Kaffee serviert war, bevor er wieder sprach. „Nein, Doc, er ist eine Schlange."
„Er weiß, wer du bist. Warum sollte er die Waffen liefern, statt einfach das Geld zu behalten und dich an Husad zu verraten?"
„Weil er weiß, wenn Husad mich nicht erwischt, komme ich zurück und schneide ihm die Kehle durch. Ein hohes Risiko."
Gillian starrte in ihren Kaffee. Er war schwarz und dick. Sie wusste, wenn sie ihn trank, würde er die Kälte in ihr vertreiben. Aber sie trank noch nicht.
„Ich wurde dazu erzogen, das Leben zu respek-tieren", sagte sie ruhig. „Jedes Leben. In meiner Arbeit habe ich versucht zu bewahren,
weiterzuentwickeln, nicht zu zerstören. Ich habe in meinem Leben absichtlich niemanden verletzt. Nicht weil ich eine Heilige bin, sondern weil ich nie eine Wahl treffen musste." Sie legte beide Hände um ihre Tasse, hob sie aber immer noch nicht, während sie Terence ansah. „Als Captain Addison mich gefragt hat, was ich machen würde, wenn Husad mich bekommt, habe ich die Wahrheit gesagt. In meinem Herzen weiß ich, ich könnte ein Leben nehmen. Und das macht mir Angst."
„Du wirst es nicht überprüfen müssen." Er legte kurz eine Hand auf ihre.
„Ich hoffe es. Weil ich nicht weiß, ob ich später damit leben könnte. Ich glaube, ich will damit sagen, so unterschiedlich sind wir beide gar nicht."
Er sah weg von ihr, weil er zu gern glauben wollte, dass sie recht hatte. „Wette nicht darauf."
„Ich habe schon", murmelte sie und trank ihren Kaffee.
9. KAPITEL
ier in Sefrou war sie Flynn einen Schritt näher. Doch die Angst, es sei schon zu spät, war ein dunkles Geheimnis,
das Gillian in ihrem Herzen vergraben hielt.
Denn würde sie sich in Tränen auflösen und ihren Emotionen freien Lauf lassen, könnte sie Flynn nicht helfen. Fast jede Nacht waren da jedoch abscheuliche, oft gewalttätige Albträume. Bisher hatte sie sie vor Terence verbergen können.
Wenigstens dafür war sie dankbar. Er sollte nicht wissen, dass sie schwach genug war, um durch Träume in kalten Angstschweiß gebadet zu werden.
Er musste sie für stark halten. Sonst änderte er vielleicht seine Meinung und schickte sie doch noch weg.
Merkwürdig, wie gut sie ihn mittlerweile kannte. In der Stille des Hotelzimmers beobachtete Gillian unten einen kleinen Wagen, der sich durch die Straßen schlängelte. Sie hatte Terence verstehen gelernt, obwohl er ihr mit Worten wenig sagte. Oft stellte sie sich vor, sie wären sich gesellschaftlich in New York begegnet, unter normalen, vielleicht langweiligen Umständen. Eine Dinnereinladung, eine Cocktailparty. Sie wusste, sie wären auch unter anderen Umständen Liebende geworden, auch wenn es dann langsamer und mit größerer Vorsicht geschehen wäre.
Schicksal. Darüber hatte sie früher nie wirklich nachgedacht. Nun glaubte sie, wie Terence auch, dass einige Dinge einfach vorherbestimmt waren.
Sie waren beide füreinander bestimmt. Sie fragte sich, wie lange er noch gegen seine Gefühle ankämpfen würde, Gefühle, die sie immer in ihm spürte, wenn er sie hielt. Worte der Zuneigung kamen nicht leicht von einem Mann, der absichtlich die Türen in seinem Leben verschlossen hatte. Sie war sicher, der Grund dafür hatte etwas mit seiner Familie zu tun.
Sie war so verliebt. Seufzend lehnte sie sich ans Fensterbrett. Ihr ganzes Leben lang hatte sie auf dieses Gefühl gewartet, wenn das Herz hämmerte und der Verstand ins Trudeln geriet, wenn alles viel lebendiger und strahlender erschien. Sicher, sie hatte nie erwartet, diese Liebe in der größten Krise ihres Lebens zu erfahren. Trotzdem, das Gefühl war da, riesig und deutlich und wunderschön.
Gillian wusste, sie musste warten, um es mit Terence zu teilen.
Doch die Zeit würde kommen, in der sie davon freimütig sprechen durfte, lachen und sich in ihre Gefühle versenken konnte. Sie hatte nicht ihr ganzes Leben auf die Liebe gewartet, um der Lust beraubt zu werden, sie auch auszudrücken. Aber sie konnte warten.
Ihre Zeit mit Terence würde kommen, daran glaubte sie fest. Was in den letzten Wochen geschehen war, hatte sie gelehrt, das Glück mit beiden Händen zu packen und es zu bewahren.
Aber wie wünschte sie, dass er jetzt zurückkam.
Wie hasste sie es, allein gelassen zu werden.
Weil sich ihre Nerven wieder anspannten, suchte Gillian nach einer Ablenkung. Ihre Sachen hatte sie schon ausgepackt und verstaut. Terences Koffer stand offen, unausgepackt. Da sie nichts
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