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zahnloses Lächeln. Aufgeregt sagte sie etwas in Spanisch (auf der High School hatte ich nur ein Jahr lang Spanisch belegt, und alles, woran ich mich erinnerte, war Dónde está el baño?) und griff nach meiner Hand.
„Gratias", sagte sie, „muchas, muchas gracias. Ich danke Ihnen vielmals. Danke."
„Äh ...de nada. Oh, fast hätte ich es vergessen . . Annie tut es sehr, sehr leid, dass sie das Geld gestohlen hat, und sie hofft, dass es Ihnen sehr viel Freude bereitet. Sie ist. . äh, lo siento. Annie es muy muy lo siento para ... äh ... para klauen? El dinero?"
Emma nickte, immer noch lächelnd. Ich betete darum, dass sie wenigstens ein wenig von dem verstand, was ich sagte. Wenn nicht, würde Annie mir einen weiteren kleinen Besuch abstatten.
Dann sahen wir uns einfach nur an. Um die neue unangenehme Stille zu brechen, sagte ich: „Donde está el baño?"
Umständlich erklärte sie mir den Weg, was kein Problem war, denn ich wollte ja ohnehin nicht auf die Toilette. Wir winkten ausgiebig, als wir gingen, und riefen laut: „Auf Wiedersehen."
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Sie machte nicht den Eindruck, als würde sie ein Wort von dem verstehen, was du gesagt hast", stellte Jessica fest. Sie zog ihr Scheckbuch aus der Tasche, wühlte nach einem Stift und kritzelte etwas. „Aber von dem Konto schien sie zu wissen."
„Vielleicht kann sie besser Englisch lesen als sprechen. Oder sie versteht die Worte .First National Bank' und ihren eigenen Namen."
„Möglich." Sie riss den Scheck heraus - ich sah, dass sie den Betrag von 50000
Dollar eingetragen hatte - und ließ ihn auf dem Weg zum Auto angelegentlich in den Kasten fallen, in den die Bewohner ihre Verbesserungsvorschläge werfen sollten. „Der Laden braucht dringend neue Tapeten. Wer hat denn dieses Schleimgrün ausgesucht?"
„Das fragst du mich? Ein Ort wie dieser ist mein schlimmster Alptraum. Sieh dir doch nur alle diese armen Menschen an. Schlurfen hier herum und haben nichts anderes zu tun, als auf den Tod zu warten."
„Im Spielzimmer habe ich ein paar Leute gesehen", sagte Jessica abwehrend.
„Es sah aus, als hätten sie Spaß mit dem großen Puzzle."
„Ich bitte dich ..."
„Okay, es ist furchtbar. Bist du nun zufrieden? Ich gebe zu, ich würde hier nicht enden wollen." „Das wirst du auch nie, Süße." „Das stimmt. Und du auch nicht."
Das munterte mich ein bisschen auf. Nein, ich würde nie in Wal-Mart-Hausschuhen herumschlurfen und Apfelkompott essen müssen. Das war eines der Dinge, die mir definitiv in der Zukunft erspart bleiben würden.
„Erinnerst du dich, wie du in der High School ehrenamtlich in Burnsville Manor gearbeitet hast und du es nur einen Tag 32
ausgehalten hast, weil dieser alte Typ dich auf das Knie geboxt hat, weil du ihn zwingen wolltest . ."
„Lass uns doch einfach einmal für einen Moment still sein", schlug ich vor.
Noch den ganzen Heimweg über kicherte meine schreckliche Freundin vor sich hin.
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„Tut mir leid, tut mir leid", keuchte sie zehn Minuten später. Kaum zu glauben, dass diese alten Geschichten sie dermaßen erheitern konnten. „Es ist nur .. weil du mit so hehren moralischen Absichten gestartet bist, und dann hast du es nicht einmal eine ganze Schicht lang ausgehalten. Und du hast eine Woche lang gehumpelt."
„Reiche Leute sollten niemals die Arbeiterklasse kritisieren", schnauzte ich sie an.
„He, he, ich arbeite fünfzig Stunden die Woche in The Foot."
Mist, da hatte sie recht. Ich hatte mich schon immer gefragt, warum sie sich das überhaupt antat. Sie gab vor, dass die Wohltätigkeitsorganisation ihr Steuern ersparte und dass sie die Vergünstigungen jeden 15. April nötig hatte, aber wir alle wussten, dass das nicht die Wahrheit war. Es war ganz einfach so, dass sie gerne dorthin ging, denn sie freute sich, dass das Geld ihres Vaters dazu beitrug, unterprivilegierten Mütter beizubringen, mit Computern umzugehen, um an gute Jobs zu kommen.
Sie leitete den Laden mit ständig wechselndem Personal -und mit mir. Ich machte die Buchhaltung, wenn sie gerade keinen Büroleiter hatte. Mir machte die Arbeit nichts aus, aber ich war nicht wie Jessica mit Herz und Seele bei der Sache.
„Sie machte einen netten Eindruck."
„Jess! Sie hat keine fünf Wörter mit uns gewechselt. Soviel wir wissen, könnte sie auch eine blutrünstige Psychopathin sein."
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„Glaubst du, einige der Geister sind böse? Und dass sie dich bitten, anderen bösen Menschen zu helfen?"
„Na toll. Als wenn ich nicht schon über
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