040 - Die Faust Gottes
genau wie ihr Rev'rend.
Auch Matt und Aruula bot der Rev'rend Bolzenschussgeräte und Marienstatuen an. Beide lehnten ab. »Ich bleib bei dem, was mir vertraut ist!« Matt schlug auf den Driller in seinem Gürtel. Und Aruula packte ihr Schwert.
»Wie ihr wollt, meine Kinder. Hauptsache ihr vertraut auf den HERRN und glaubt an den Sieg.« Als alle ausgerüstet waren, stellte sich der Rev'rend auf den Sattel seiner Maschine und hielt eine Ansprache. Von Blut, Sieg und dem Märtyrerkranz war die Rede. Es gibt nichts Neues unter der Sonne, dachte Matt verächtlich.
Nach dem Segen zogen die waffenfähigen Männer die vier Wege zum Ringwall hinunter. Ihre Frauen und Kinder folgten ihnen. Kein Späher hatte bisher den Aufmarsch der Echsenwesen gemeldet. Aber sie konnten nicht weit sein - die Leichen auf dem Biisonkarren waren noch warm gewesen.
»Kommt, meine Kinder.« Rev'rend Rage stieg von der Maschine, holte drei Gläser aus einer Satteltasche und hielt sie unter einen kleinen Hahn in dem Fass hinter dem Rücksitz. »Stärkt auch ihr euch, bevor es in den Kampf geht.«
Er lächelte seltsam verklärt, während er den Hahn aufdrehte und sein kostbares Weihwasser in die Gläser füllte. Er reichte Matt und Aruula je ein Glas. Das dritte nahm er selbst.
Er hob es und rief laut: »Auf den Sieg! Danket dem HERRN, denn er ist freundlich und seine Güte währet ewiglich! Amen!« Er kippte das Weihwasser hinunter, und Aruula und Matt taten es ihm gleich.
Es war, als hätte jemand einen Flammenwerfer in Matts Mund gehalten. Unfähig zu atmen stand er da, sein Kiefer war wie gelähmt, seine Augen tränten. Hitze bohrte sich durch seinen Brustkorb in seinen Magen hinab. Neben ihm sank Aruula auf die Knie und hustete sich die Lunge aus dem Leib.
»Was… was ist das…?«, krächzte Matt. »Bei allen Heiligen… was ist das für ein Zeug…?«
Er schnappte nach Luft und beugte sich zu Aruula hinunter, schlug ihr mit der flachen Hand auf den Rücken. Sie würgte und hustete. Wasser und Schleim liefen ihr aus Nasenlöchern, Mund und Augen, und die Farbe ihrer Gesichtshaut war Hochrot.
»Weihwasser, mein Sohn«, sagte Rage unschuldig und verblüfft über die Wirkung, die das heilige Wasser bei seinen Gästen erzielte. »Wir setzten es mit Kartoffeln und ein wenig Zucker an.«
Neunzigprozentiges Weihwasser, dachte Matt, Weihwasser, das Motoren zum Laufen und Mutanten zum Wanken bringt… Das ist verdammt noch mal medizinischer Alkohol!
***
Den ganzen Tag harrten sie am Ringgraben aus, doch kein Echsenmann zeigte seinen grünschuppigen Kopf im Gras.
In der Nacht organisierte der Rev'rend Wachen. Im Morgengrauen waren Matt und Aruula eingeteilt. Nichts geschah.
Am frühen Vormittag erschien eine schwarzgekleidete Gestalt auf der Trasse des ehemaligen Highway. Schon von weitem konnte man das blonde Haar leuchten sehen. »Es ist dein Novize«, sagte Matt.
»Ich weiß«, knurrte der Rev'rend.
Bald erreichte Eddie Thorne die Brücke. »Wo kommst du her?«, herrschte Rev'rend Rage ihn an.
»Vom See. Hast du nicht Beten und Fasten über mich verhängt?« Ein böser Blick traf Aruula, als der Hüne an ihr vorüber ging und zum Kirchplatz hinauf stapfte. Sie merkte es nicht, denn sie hatte ihren Kopf zwischen die Knie versenkt.
»Hast du Drakullen gesehen?«, rief Rage seinem Novizen nach.
»Nicht einen«, sagte der, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Aruula richtete sich aus ihrer hockenden Stellung wieder auf. Alle Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen. »Sie sind da…«, flüsterte sie.
Rev'rend Rage runzelte die Stirn. »Woher weißt du das, meine Tochter?!« Streng klang seine Stimme.
»Sie kann… lauschen «, erklärte Matt. »Sie spürt die Anwesenheit anderer.« Ein harter, abweisender Zug verschloss die bärtige Miene des Gottesmannes.
»Sie sind ganz nah«, sagte Aruula.
Die Nachricht verbreitete sich schnell am Ufer des gesamten Ringgrabens - die Fremde mit dem Fellmantel, dem Schwert und dem Schwarzhaar könne die Gedanken der Dämonen spüren. Aller Augen spähten ins Grasland. Gespannte Ruhe legte sich über die Schlachtreihen von Godswill.
***
London, 2092 n.Chr. (80 n.CF.)
Grauer Schnee deckte die verkohlten Autowracks und den ehemaligen Parkplatz zu. Grauer Schnee lag auch schwer auf den fast kahlen Bäumen drüben vor der Fassade der Klinikruine. Reverend Pain konnte sich schon nicht mehr erinnern, wann er das letzte Mal weißen Schnee gesehen hatte. Es musste in einem anderen Leben gewesen sein.
Er
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