Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

040 - Paris, Stadt der Sünde

Titel: 040 - Paris, Stadt der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
Vom Netzwerk:
Schnee.“
    „Stiefel für mich?“
    Bei einer weniger würdevollen Person hätte man Mrs Clarkes Lächeln als verschmitzt bezeichnet. „Lady Carlton dürfte Ihre Schuhgröße haben. Sie reist stets mit riesigen Koffern voller Kleider, Hüte und Schuhe an, was völlig überflüssig ist, da sie laut Janets Aussagen die meiste Zeit nackt herumläuft. Es wird ihr gar nicht auffallen, wenn ein Paar Stiefel fehlen.“
    „Ich kann unmöglich gestohlene Stiefel tragen!“, entgegnete Elinor entrüstet.
    „Aber natürlich können Sie.“
    Die Tür wurde geöffnet, und Janet erschien. Sie sah wie eine jüngere Ausgabe von Mrs Clarke aus. In den Händen hatte sie ein Teetablett und unter dem Arm ein Paar Lederstiefel. Lächelnd stellte sie ihre Gaben vor Elinor ab. Neben einer Kanne Tee fand sich knuspriges Toast auf dem Tablett, und außer den pelzgefütterten Stiefeln gab es auch noch Seidenstrümpfe. Bei diesem Anblick vergaß Elinor ihre schamhaft ablehnende Haltung und lächelte erfreut.
    „Irgendwelche Katastrophen, Kind?“, fragte Mrs Clarke.
    „Die Herrschaften schlafen ihren Rausch aus, die meisten splitternackt“, erklärte Janet. „Mach dir keine Sorgen, Mama.“
    „Die mache ich mir nicht“, erwiderte ihre Mutter. „Trinken Sie Ihren Tee, Miss Harriman. Die Vorgänge in diesem Haus sind zwar schockierend, sollten Sie aber ebenso wenig kümmern wie mich.“
    „Machen Sie sich denn keine Sorgen?“, fragte Elinor zwischen zwei Bissen Toast.
    „Den vorderen Trakt des Schlosses betrete ich nicht. Seine Lordschaft benimmt sich gerne daneben, aber solange niemand verletzt wird, halte ich mich zurück. In meinem kleinen Reich haben Huren keinen Zutritt.“
    „Und mich halten Sie nicht für eine Hure?“ Elinor schenkte sich eine zweite Tasse Tee ein und gab viel Zucker dazu, wollte die Köstlichkeiten genießen, solange sie ihr vergönnt waren. „Das liegt vermutlich an der Nase“, fügte sie wehmütig hinzu.
    „Die Nase?“ Mrs Clarke furchte die Stirn. „Sie meinen Ihre Nase? Was stört Sie daran?“
    „Es ist die Harriman-Nase“, antwortete Elinor finster. „Huren sind hübsch.“
    „Huren sind lasterhafte Weiber. Und an Ihrer Nase gibt es nichts auszusetzen. Sie verleiht Ihrem Gesicht Charakter, etwas, das diesen dummen Gänsen fehlt.“

    „Ich Glückspilz“, murmelte Elinor ironisch und nahm sich noch eine Scheibe Toast.
    Als Janet sich vor sie hinkniete und nach ihrem nackten Fuß griff, zuckte sie erschrocken zurück.
    „Lassen Sie mich nur machen, Miss“, sagte das Mädchen. „Meine Mutter möchte, dass ich einmal Zofe bei einer vornehmen Dame werde.“
    „Leider sucht man bei den Festen Seiner Lordschaft vergeblich echte Damen“, bemerkte Mrs Clarke bitter. „Und Master Francis wird jeden Augenblick wieder aufkreuzen. Und Sie wollen ihn doch gewiss nicht mit bloßen Füßen empfangen, hab ich recht?“
    In die Falle getappt. „Vielen Dank, Janet“, sagte Elinor lächelnd. „Sehr freundlich von Ihnen.“
    Es war wie im Märchen. Der heiße süße Tee, die gebutterten Toastscheiben mit Zimt und Zucker bestreut, das Mädchen, das ihr beim Ankleiden half. Es war so lange her, dass sie eine Zofe hatte, dass sie sich kaum noch daran erinnern konnte. Janet ließ die Seidenstrümpfe über ihre nackten Beine nach oben gleiten, und das Gefühl war zu wundervoll, um sich dagegen zu wehren. Im Übrigen konnte sie die Strümpfe Lydia überlassen, die entzückt wäre über das kostbare Geschenk. Sie musste ihre jüngere Schwester nur irgendwie davon überzeugen, dass sie selbst die Strümpfe nicht tragen konnte. In letzter Zeit hatte Lydia sich Elinors Ausreden mit wachsendem Argwohn angehört. Ihre plötzliche Abneigung gegen Zucker und Sahne im Tee, ihre Behauptung, das einzige Paar anständige Schuhe, das sie sich teilten, seien ihr zu eng. Sie musste sich einen plausiblen Grund ausdenken, damit Lydia die Seidenstrümpfe annahm. Ihr würde schon etwas einfallen, immerhin hatte sie in ihrer Mutter ein glänzendes Vorbild im Erfinden von Lügengeschichten.
    Die Stiefel passten wie angegossen, beinahe ein Wunder bei ihren keineswegs zierlichen Füßen. Nachdem sie den heißen Tee getrunken, den Toast gegessen hatte und die gefütterten Stiefel geschnürt waren, fühlte sie sich erfrischt und kräftig genug, um gegen Drachen zu kämpfen. Auch gegen den Drachen, der soeben das behagliche Wohnzimmer betrat.
    „Die Kutsche ist vorgefahren“, verkündete er. „Wo ist Ihr Umhang?“
    „Hier,

Weitere Kostenlose Bücher