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0400 - Jenseits-Melodie

0400 - Jenseits-Melodie

Titel: 0400 - Jenseits-Melodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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den großen Flügel, der auf dem Podest stand, setzte sich hin und spielte eine Komposition, die ihm gerade eingefallen war.
    Dieses Insider-Café, es lag nicht weit vom Burgtheater weg, war auch das Stamm-Baiserl eines Komponisten und Pianisten, der sich Hanco nannte. Dort amüsierte er sich, da traf er Freunde und Gleichgesinnte. Da hatte er Einfälle und Ideen gehabt.
    Auch an diesem Abend war er seiner kleinen feuchten Zweizimmerwohnung entflohen und hatte sich auf den Weg gemacht.
    Schon in der schmalen Gasse, an deren linker Seite Wagen parkten, war er erkannt und angesprochen worden.
    Judith, die aschgraue Jüdin, die viele Jahre in Israel verbracht hatte und ebenfalls zum Inventar gehörte, hängte sich bei ihm ein.
    »Nimmst du mich mit, Mozart?«
    Hanco lachte. »Mozart ist gut.«
    »Das bist du doch – oder?«
    »Vielleicht werde ich es mal, wenn ich tot bin. Er ist doch erst nach seinem Tod so richtig berühmt geworden.«
    »Er soll ein tolles Sexleben gehabt haben.«
    »So? Hatte er das?«
    »Ja.«
    »Na komm, woher weißt du das?«
    Judith blieb stehen, weil sie fast die Kneipe erreicht hatten. Sie strich ihre grauen Haare zurück. Diese Frau war ein prima Kumpel und zudem scharf auf Hanco.
    Für ihn kam sie nur als gute Freundin in Frage, nicht als Geliebte.
    »Man hört eben viel. Wenn du der neue Mozart sein willst, mußt du auch in die Fußstapfen des alten treten.«
    »Du meinst in die Sexstapfen.«
    »Dagegen hätte ich nichts.«
    Hanco lachte. »Judith, du bist lieb. Ich mag dich, ehrlich, aber du bist leider nicht mein Typ, weißt du?«
    Sie legte den Kopf schief. »Wirklich nicht?«
    »Keine Chance, Judith.«
    Sie hob die Schultern. »Schade, es hätte schön werden können mit uns beiden.«
    »Wir sind doch Freunde.«
    »Das ist mir zu wenig.«
    Er winkte ab. »Ach, Mädchen, laß dir keine grauen Haare wachsen. Ich verspreche dir, das nächste Lied nur für dich zu schreiben.«
    »Falls du dazu kommst.«
    Hanco war überrascht und hob die Augenbrauen. »Was meinst du damit? Weshalb redest du so?«
    »Ich hatte einen Traum, Hanco.«
    »Und?«
    »Du spieltest darin die Hauptrolle. Du weißt, daß meine Träume bestimmte Signale sind.«
    »Jeder Traum ist ein Signal.«
    Die Frau lehnte sich gegen die Hausmauer. »Über dir liegt ein Schatten, Hanco. Ein gefährlicher, dunkler, langer Schatten, der aussieht, als wollte er dich verschlingen.«
    »Das wird er kaum schaffen.«
    »Bist du dir da sicher?«
    »Ja.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich aber nicht.« Plötzlich umklammerte sie seine Hände, hob den Kopf, und ihr Gesicht wirkte noch schmaler, als es ohnehin schon war. Die grauen Haare rahmten es ein wie die langen, zur Seite geschobenen Streifen eines Vorhangs. »Bitte, du darfst den Schatten nicht unterschätzen. Du darfst es nicht Hanco.«
    »Und was soll ich deiner Meinung nach machen?«
    »Dein Leben ändern.«
    »Nicht mehr spielen?«
    »Zum Beispiel.«
    Hanco schüttelte den Kopf. »Das glaubst du doch selbst nicht, Mädchen. Nein, ich muß spielen, ich muß komponieren, das ist mein Lebensinhalt. Ich habe dir doch von meiner LP erzählt.«
    »Ja.«
    »Sie ist besser verkauft worden, als ich gehofft hatte. Sogar in Deutschland wird sie gehört. Wie man mir sagte, zeigt der Trend auch weiterhin nach oben. Das ist doch stark.«
    »Schon, Hanco. Ich gratuliere dir auch, aber du solltest trotzdem sehr vorsichtig sein.«
    »Und wer ist mein Feind?«
    Da strich Judith ihre Haare zurück. Hanco konnte auf LISA schauen. Und LISA war »in«. Die Abkürzung LISA war aus den beiden Worten lichtsammelnde Kunststoffe geschaffen worden. Sie leuchteten ohne Strom auch im Dämmerlicht in allen Farben. Vom tiefen Blau über rot, grün bis hin zum hellen Gelb. Auch Judith trug diesen Ohrenschmuck. Zwei hellrot leuchtende Spiralen, die mit ihren Spitzen beinahe den Hals berührten. Manche Mädchen machten sich auch Gürtel und Reifen aus diesem Material, so daß sie im Dunkeln wie gespenstische Wesen aussahen, wenn sie sich durch die Straßen oder Gassen bewegten.
    »Sag es, bitte.« Er spielte mit der Spirale am rechten Ohr und ließ sie über seine Finger gleiten.
    »Ich weiß es nicht. Da war nur die Wolke. Zumeist verheißt sie das Schlimmste.«
    »Tod?«
    Judith nickte. »So ist es.« Ihre Stimme klang sehr ernst. Hanco hörte es genau und wurde ein wenig verlegen. Er suchte nach den passenden Worten für seine Antwort.
    Als sie ihm endlich eingefallen war, klang sie gewollt lustig. »Ich bin erst

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