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0400 - Jenseits-Melodie

0400 - Jenseits-Melodie

Titel: 0400 - Jenseits-Melodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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23 und will noch zweimal so lange leben.«
    »Ich wünsche es dir von ganzem Herzen«, erwiderte Judith.
    »Aber denke an meine Worte.« Dann ging sie. Sie schaute nicht einmal zurück, hielt den Kopf gesenkt und schaute auf das Pflaster der Gasse. In der Dunkelheit sah sie aus wie ein Gespenst.
    Judith hatte einen sehr nachdenklichen Hanco hinterlassen. Auf der einen Seite das pralle Leben, auf der anderen lauerte der Tod.
    Eben typisch Wien, wo Freude und Leid sowie Leben und Sterben dicht beieinander lagen. Er hob die Schultern. »Es lebe der Zentralfriedhof«, murmelte er in einem Anfall von schwarzem Humor und überlegte, ob er das Café betreten oder lieber über die Kärntener Straße bummeln sollte, wo er Menschen traf, die nicht zu den Künstlern zählten. Ging Hanco nicht in das Café, kam er sich wie ein Verräter vor. Seine Freunde waren nicht die Leute auf der Kärntener Straße, sondern die Künstler, die Hoffenden, die, die nach einem Strohhalm suchten, der ihre Ideen weiter transportierte.
    Als Hanco in den Lichtschein der alten Laterne geriet, die über dem Eingang schaukelte, wurde er bereits von einigen Gästen, die vor dem Café standen, erkannt.
    Man begrüßte ihn als Freund. Jemand fragte ihn, ob er irgendwann mal Zeit hätte, um sich Ideen anzuhören. Hanco sagte zu, ohne allerdings einen Termin auszumachen.
    Er schob sich durch den Eingang. Rauch und Stimmengewirr empfingen ihn. Es gab eine Kellnerin. Sie wurde Gummibärchen genannt, weil sie sich in dem überfüllten Raum so leicht und sicher mit gefüllten Tabletts bewegen konnte, ohne daß etwas umgestoßen wurde.
    »Hi, Hanco. Wieder mal da?«
    »Ja.«
    »Gummibärchen« stemmte ein Tablett hoch. »Du, man hat bereits nach dir gefragt.«
    »Wer denn?«
    »Irgendein Typ aus der Szene. Sie nennen ihn alle Rille.«
    »Ja, ich weiß schon. Wo ist er denn?«
    »Er hat den Tisch mit dem Telefon.«
    »Danke! Und bring mir einen Kaffee.«
    »Sonst nichts?«
    »Kannst noch einen Obstler hinzustellen.«
    Die Kellnerin, eine ehemalige Tänzerin, nickte und servierte weiter. Hanco aber ging. Er schüttelte zahlreiche Hände, wurde gefragt, ob er nicht spielen wollte, und konnte sich nur mühsam bis zu seinem Ziel vordrängeln, das sich in einer Ecke des Raumes und dem Flügel schräg gegenüber befand. Es war ein großer, runder Tisch.
    Dort hockte zumeist die »Prominenz«. Stammgäste, die in der Szene einiges zu sagen hatten und auch entsprechende Beziehungen besaßen.
    Rille war einer dieser Leute. Er produzierte und verkaufte. Seine Beziehungen zu den großen Plattenfirmen waren gut. Man sollte sich Rille nicht unbedingt zum Feind machen.
    Auch an diesem Abend hielt er Hof. Hanco beobachtete ihn. Eingerahmt von zwei Mädchen ließ er es sich gutgehen. Die Puppen kamen bestimmt nicht aus der Szene. Sie waren angezogen wie die Schauspielerinnen der 50er Jahre. Enge Kleider und weite Ausschnitte. Der Stoff saß an einigen Stellen so eng wie eine zweite Haut.
    Die Mädchen kannte Hanco nicht, die anderen Gäste am Tisch ja.
    Sie alle erhofften sich etwas von Rille, der Hanco entdeckte und aufsprang. Er war ein Typ mit Gelhaaren, die glatt nach hinten gekämmt waren. Pechschwarz wie Kohlen. Als Kontrast dazu trug Rille immer helle Anzüge, auch an diesem Abend.
    »Da bist du endlich. Komm her, Hanco, komm.«
    Der Musiker drängte sich die letzten Meter vor und sah die interessierten Blicke der beiden Mädchen. Jemand schob ihm einen Stuhl zu. Hanco setzte sich Rille gegenüber.
    Der beugte sich über den Tisch. Aus der Nähe sah man sein Alter.
    Die 40 hatte er bereits erreicht. »Du, Hanco, das ist irre.«
    »Was?«
    »Deine Scheibe. Sie verkauft sich immer besser. Die Deutschen haben Blut geleckt. Sie wollen mehr.«
    Hanco, der immer verträumt wirkende, strich mit beiden Händen sein langes, braunes Haar zurück. »Das ist nicht so einfach.«
    Rille winkte ab. »Erzähl mir doch keine Märchen. Du mußt das irgendwie hinkriegen.«
    »Es gibt nicht so viele alte Texte oder Melodien.«
    Da lachte Rille laut. »Dann machen wir eben welche. Du und ich, wir bringen die Szene schon auf Trab. Ich habe das Gefühl, daß wir uns immer höher schleichen. Ich rieche schon die Goldene Schallplatte.«
    Hanco lächelte. Er sagte nichts, denn er kannte Rilles Übertreibungen, der sich seinen Mädchen widmete und dabei noch eine Runde bestellte. Hanco bekam seinen Kaffee und den Obstler.
    »Du bist ein Genießer, wie?«
    »Ja.«
    »Also, Junge, wir schaukeln das

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