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0400 - Jenseits-Melodie

0400 - Jenseits-Melodie

Titel: 0400 - Jenseits-Melodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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etwas zurufen, als es geschah.
    Die Klaue packte zu!
    ***
    Hanco spielte, kam in das Finale hinein, wollte es durchspielen und sah das Gebilde dicht vor sich. Das bleiche Gesicht mit dem violetten Schimmer fiel ihm besonders auf, der kalte Ausdruck in den Augen ebenfalls, und er hörte auch wieder die flüsternde Stimme, die nur er verstehen konnte.
    »Jetzt wirst du es büßen!«
    Und sie griff zu.
    Ein blitzschneller Stoß nach vorn. Plötzlich waren die Finger da, und der Pianist spürte sie zunächst nur als sanfte Berührung an der Kehle, bevor sie zudrückten.
    Und das war grausam.
    Schlagartig wurde ihm die Luft abgeschnitten. Der Druck dieser unheimlichen Hand mit dem Schädel auf dem Gelenk verlagerte sich zudem und preßte ihn nach hinten.
    Er fiel von seinem Drehhocker.
    Als er mit dem Rücken auf das Podest schlug, hielten die Finger noch immer fest, und Hanco konnte direkt in das schreckliche Gesicht der Gestalt schauen.
    Und der Würger sprach.
    Er redete zischend, nur für Hanco hörbar. »Ich habe es dir gesagt. Du hast nicht gehört. Ich, Manfredo Cardinal, bin nicht tot, obwohl ich damals starb. Niemand konnte wissen, wer ich bin. Man wollte meine Musik nicht, jetzt will ich nicht, daß sie gespielt wird…«
    Hanco hörte, aber er verstand nicht. Er konnte auch nicht reden.
    Der Griff war einfach zu fest und würgend, so daß er nur erstickt klingende Laute hervorbringen konnte.
    Hinzu kam die schreckliche Angst, die aber von anderen Geräuschen übertönt wurde.
    Das Café wurde zu einer Hölle. Plötzlich hatten alle gesehen, was vorgefallen war. Keinen hielt es mehr auf seinem Platz. Stühle kippten, Tische ebenfalls.
    Jemand schrie laut. »Mord, Mord! Hier wird einer umgebracht!«
    Aber es war auch keiner da, der sich traute, Hanco zu Hilfe zu kommen. Plötzlich besaß er keinen Freund mehr, während er rücklings auf dem Podest lag und verzweifelt um sein Leben kämpfte.
    Er strampelte mit den Beinen, trat den kleinen Drehhocker um, riß seine Arme hoch, und es gelang ihm auch, die Hände in das Haar des Kopfes zu krallen.
    Er zerrte daran. Der Kopf wurde zurückgedrückt, aber die Hand blieb an seiner Kehle. Deren Fingerspitzen glichen schon kleinen Saugnäpfen, die eine Beute nie loslassen wollten.
    Der Musiker und Komponist erlebte das Grauen und dazu eine fürchterliche Rache.
    Die Gäste aber flohen.
    Sie jagten nicht nur durch die Tür, auch durch Fenster stiegen sie, und auf der Straße fielen sie übereinander. Jeder erwartete noch eine Steigerung, besonders Mutige schauten wieder zurück in das Chaos und sahen den um sein Leben kämpfenden Pianisten wie auf einer lichtüberfluteten Schaubühne liegend.
    Und doch gab es eine, die wieder zurückging.
    Eine Frau, grau das Haar, irgendwie alterslos erscheinend, schaffte es, sich durch den Eingang zu drängen. Leicht hatte sie es nicht, die kleine Bühne zu erreichen, denn sie mußte über die umgefallenen Tische und Stühle steigen, auch zwischen den zerbrochenen Gläsern hergeben und wäre fast über Kaffeelachen ausgerutscht.
    Sie lief weiter, erreichte die Bühne und stieg sie hoch.
    Dort kämpfte Hanco noch immer. Doch die Schatten des Todes waren bereits über ihn gefallen. Er schaffte es nicht mehr, seine Arme zu heben, so kraftlos war er.
    Doch die Augen standen offen.
    Und er sah das letzte Bild in seinem Leben, bevor der Tod endgültig zuschlug.
    Es war Judith, die neben ihm stand und auf ihn herabschaute.
    Die Schatten des Todes, dachte er, die Schatten des Todes. Sie sind stärker.
    Und sie waren es.
    Hanco, der hoffnungsvolle Newcomer am Klavier, starb.
    Judith ging. Sie verschwand ebenso wie die Hand mit dem Kopf auf dem Gelenk…
    ***
    In der Nacht hatte ich nichts mehr geschafft. Bill und ich waren auch sehr schnell gegangen. Irgendwie war die Stimmung futsch gewesen. Als wir beide in Taxen stiegen und in verschiedene Richtungen davonfuhren, meinte der Reporter: »Mit dir kann man nicht mehr richtig feiern.« Ein etwas wehmütiges Lächeln umspielte seine Lippen. »Ich glaube, John, die alten Zeiten sind endgültig vorbei. Der Job frißt uns.« Er schlug mir auf die Schulter. »Du hörst von mir.«
    Dann stieg er ein.
    Auch ich nahm in dem Wagen Platz und strich über mein Gesicht.
    Die Schallplatte hatte ich neben mir auf den Sitz gelegt und das Ziel der Fahrt bekanntgegeben. Dann gab ich mich meinen Gedanken hin.
    Der Fahrer hatte wohl selten einen so schweigsamen Reisenden gehabt wie ich, denn auf der Fahrt zu meiner

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