0400 - Jenseits-Melodie
Wohnung schenkte ich mir jedes Gespräch. Meine Gedanken drehten sich um Aibon, die Melodie und natürlich den roten Ryan.
Er hatte die Melodie zuerst gespielt. Vielleicht war sie auch von ihm erfunden worden, wer konnte das schon sagen? Der rote Ryan gehörte zu den lebendigen Rätseln dieses geheimnisvollen Landes, das von einer alten Druidenmagie beherrscht wurde. Ich hatte einen winzigen Teil davon kennengelernt und wußte auch von den Verbindungen, die es zwischen Aibon, dem Dunklen Gral und sogar Atlantis gab, wenn ich die Flammenden Steine hinzuzählte.
Durch ihre Magie war es dem Magier Myxin gelungen, eine Verbindung zwischen Aibon und unserer Welt herzustellen.
Das alles waren Probleme, für die ich keine Lösung wußte. Erst in der Zukunft würde ich sicherlich mehr Aufklärung darüber finden.
Zunächst einmal wollte ich mich um naheliegende Probleme kümmern.
In den folgenden Stunden fand ich wenig Schlaf und sehnte praktisch den Morgen herbei.
Es war Samstag, auch in Wien hatte man Wochenende. Dennoch mußte es auch beim Sicherheitsbüro Beamte geben, die Wochenenddienst hatten. Aus diesem Grunde rief ich die österreichischen Kollegen an.
Ich wurde ein paarmal hin und her verbunden, bis ich einen Kommissar Baric an den Apparat bekam. Die Stimme des Mannes klang gehetzt und unwillig. Eben grantig, ein Markenzeichen der Wiener.
Ich entschuldigte mich für die Störung, und der Kommissar wurde ein wenig freundlicher. »Eigentlich haben Sie nichts mit der Sache zu tun«, fuhr ich fort, »aber ich möchte Sie um einen Gefallen bitten oder um eine Auskunft.«
»Ja, bitte.«
»Es geht um einen Musiker namens Hanco. Ich wollte Sie fragen, ob er Ihnen bereits aufgefallen ist, ob er Kontakt zu irgendwelchen…«
Das harte Lachen des Kommissars unterbrach mich. »Nein, er kann uns nicht mehr auffallen, werter Kollege.«
»Wieso nicht?«
»Hanco ist tot.«
»Was?« Ohne daß es mir bewußt wurde, umklammerte ich den Hörer fester. »Wie konnte das passieren?«
»Man hat ihn in der vergangenen Nacht ermordet.«
Diese Tatsache haute mich fast vom Sessel. Ich wußte im Moment nicht, was ich dazu noch sagen sollte, dafür hörte ich die Stimme des österreichischen Kollegen.
»Jetzt sind sie platt, wie?«
»Ja. Wie ist es passiert?«
»In einem Kaffee.«
»Haben Sie schon eine Spur?«
Er lachte wieder bissig. »Nein. Es gibt zwar einen Mörder, aber es gibt doch keinen.«
»Wie soll ich denn das verstehen?«
»Ganz einfach. Die würgende Hand kam aus dem Nichts. Das jedenfalls haben alle Zeugen übereinstimmend berichtet. Es war eine abgeschnittene Hand, auf deren Gelenk noch ein Kopf saß. Reizend, nicht?«
»Finde ich nicht.«
»Na ja, sonst noch etwas?«
Ich hatte mich während der letzten Sekunden entschlossen, die Initiative zu ergreifen. »Natürlich, Kollege, ich komme selbst nach Wien. Die nächste Maschine werde ich nehmen.«
Da war Baric platt. »Das ist doch nicht wahr.«
»Doch, ich werde kommen.«
Er fing sich schnell wieder. »Allein oder…«
»Wahrscheinlich bringe ich einen Mitarbeiter mit. Lassen Sie es sich gesagt sein, Kollege, hinter diesem Mord steckt mehr, als Sie vielleicht annehmen.«
»Dazu müßte man den Killer haben.«
»Dabei möchte ich Sie unterstützen.«
»Dann bis später.« Seine Stimme hatte zum Abschied nicht gerade freundlich geklungen.
Ich konnte ihn verstehen. Auch mir wäre es komisch vorgekommen, wenn mich ein unbekannter Kollege aus dem Ausland angerufen hätte, um in London Nachforschungen bei einem Verbrechen zu betreiben, das an sich nur uns anging.
Aber ich würde besser zurechtkommen. Daß ich so dachte, war keine Überheblichkeit, sondern die Summe zahlreicher Erfahrungen, die ich im Laufe der Zeit gesammelt hatte. Da war das Grauen zu Hause, da hatte sich der Schrecken manifestiert, und manches Mal verließen diese Kräfte ihre Welten, um in unsere zu gelangen.
Ich ging rüber zu Suko. Es war Samstag, relativ früh, und ich mußte eigentlich damit rechnen, daß Shao und Suko, meine Freunde, noch in den Betten lagen.
Auf mein Klingeln wurde schnell geöffnet. Suko, schon fertig angezogen und vom Kaffeeduft umweht, begrüßte mich. »Gäste am Morgen, Kummer und Sorgen«, sagte er. »Komm rein.«
In der Diele blieb ich stehen. »Damit kannst du recht haben.«
»Mit dem Kummer?«
»Ja.«
»Komm mit.«
Shao begrüßte mich aus der Küche laut rufend. Sie legte ein drittes Gedeck auf, denn die beiden wollten frühstücken. Suko
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