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0403 - Nachts, als die Mörder kamen

0403 - Nachts, als die Mörder kamen

Titel: 0403 - Nachts, als die Mörder kamen Kostenlos Bücher Online Lesen
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einen auswendig gelernten Text aufsagen, antwortete sie: »Sie haben Ferry erledigt, und ich werde sie finden, und wenn ich dabei bis zu den Polypen selbst rennen müsste!«
    »Wer ist Ferry, und was hat die Polizei damit zu tun?«, fragte ich elektrisiert.
    Sie sah mich lange und durchdringend an.
    Ritchie begann, unruhig auf seinem Stuhl hin und her zu rutschen. Ich sagte nichts. Endlich fragte Zillah so leise, dass ich sie kaum verstehen konnte: »Sag mal, bist du wirklich ein Cabby?«
    Ich sah sie verständnislos an, aber ein kalter Schauer begann mir langsam den Rücken hinunterzurinnen.
    »Wieso? Ich hab’s gelernt, und ich kann’s auch, denke ich jedenfalls«, antwortete ich schulterzuckend. Sie sah mich wieder lange an, dann murmelte sie: »Cabby - cab - cab - Cop.« Plötzlich richtete sie sich auf und schrie mir ins Gesicht: »Oder bist du etwa ein Cop? So ein verfluchter Polyp, ha?«
    Ich wich erschrocken zurück. Ich merkte, wie mir in der warmen, muffigen Luft der Kneipe heiß wurde, aber ich blieb sitzen. Ich zwang mich, leicht und überlegen zu lächeln und beiläufig zu sagen: »Die Story mit dem Mann, den Sie Ferry nennen, tut mir ehrlich leid, Miss Spokane, aber das ist noch lange kein Grund, mich anzuschreien und mich zu beleidigen. Ich kann doch nichts dafür, dass ich erst ’n paar Tage in New York bin!« Dann stand ich auf.
    »Was heißt Beleidigung?«, fragte Ritchie, der der ganzen Unterhaltung aufmerksam gefolgt war - zu aufmerksam für meinen Geschmack.
    »Hört mal gut zu«, sagte ich, »ich bin ein ehrlicher Kerl, und ich habe nichts für die Polizei übrig. Das ist schließlich kein Verbrechen, aber ich habe auch nichts für Leute übrig, die zu neugierig sind, und wenn ihr das nicht kapiert, dann kann ich ja gleich abhauen. Ich habe sowieso schon zu viel Zeit hier vertrödelt!«
    Jetzt brüllte Ritchie wieder sein blökendes Lachen. Im gleichen Moment tauchte Archie wieder auf und sah verwundert zu uns herüber.
    »Was ist los?«, fragte er, als er an unserem Tisch stand.
    »Zillah hat unseren Freund verdächtigt, von der anderen Seite zu sein«, antwortete Richie unter prustendem Gelächter.
    Archie reagierte seltsam. Er starrte mich an, dann Zillah und dann seinen Bruder. Aber als Zillah antwortete, entspannte sich sein Gesicht wieder. Sie sagte: »Ich habe die Nerven verloren, er ist kein Cop.«
    Ich merkte, wie ich innerlich aufatmete. Dann sah ich auf die Uhr, es war zwanzig Minuten vor neun. Ich musste gehen.
    »Können wir uns einmal treffen, zur Versöhnung?«, fragte ich Zillah. Sie sah mich an, sagte weder ja noch nein, aber sie lächelte.
    »Ich wohne im Golden Lion.« Ich warf einen Blick auf die Zwillinge, die gutmütig grinsten. Dann ging ich an die Theke und bezahlte die ganze Rechnung.
    Ich winkte den anderen kurz zu und öffnete die Tür.
    Während ich dem Raum den Rücken zukehren musste, fühlte ich das unheimliche Prickeln, das mich immer befällt, wenn ich mich beobachtet fühle. Aber es geschah nichts. Ich kam ohne Aufenthalt zu meinem Taxi und ließ den Motor an. Entweder trugen die Killer-Kids ihren Namen zu Unrecht; oder sie waren glänzende Schauspieler; oder sie akzeptierten mich tatsächlich. Aber was hatte Archie draußen gemacht? Hatte er telefoniert?
    ***
    Ich gab Gas und zischte ab. Ich wollte die dunkle Gegend so schnell wie möglich hinter mich bringen. Ich fuhr das gerade Straßenstück vom Ufer bis zur Straßengabelung Vierte Avenue -Tiffany Street mit Vollgas. Als die ersten Lampen kamen, nahm ich etwas Gas weg. Ich überlegte, ob ich rechts oder links abbiegen sollte, um in die City zurückzukommen.
    Dann sah ich plötzlich eine Gestalt im Licht meiner Scheinwerfer.
    Zuerst dachte ich, es wäre ein junger Bursche. Aber dann merkte ich, dass es ein erwachsener Mann war. Er war klein und zierlich. Er winkte und sprang auf die Straße, um mich zu stoppen. Als ich bremste, riss er die Tür auf, ließ sich erschöpft auf den Sitz fallen und sagte: »Wenn Sie schon mit dem Freizeichen auf dem Dach herumfahren, bremsen Sie gefälligst rechtzeitig!«
    »Wohin, Sir?«, fragte ich und schaltete den Taxameter ein.
    Dabei sah ich den Mann genauer. Er hatte Figur und Kopfform eines Knaben, aber er musste mindestens 45 Jahre alt sein. Seine Haare waren zwar weich und voll, aber schon leicht grau durchfärbt, das schmale Gesicht war mit feinen Falten überzogen, und die Augen waren von dunklen Schatten umgeben. Er war angezogen wie ein Fotomodell aus dem Mens

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