0403 - Nachts, als die Mörder kamen
Magazine. Hoher, steifer Kragen, dunkelblauer Anzug, rot karierte Weste. Er trug keinen Mantel, sondern nur einen breiten, dunkelblauen Seidenschirm, der kaum nass war, obwohl es immer noch heftig schneite.
Eine sonderbare Spannung ging von ihm aus.
»Wohin, Sir?«, fragte ich noch einmal. Ich wollte den Burschen wieder loswerden, ich musste um 9 Uhr im Dragoon sein. Aber der Kleine antwortete nicht. Also fuhr ich langsam an.
»Wohnen Sie hier, Sir?«, fragte ich weiter. Zum ersten Mal sah der Mann zu mir herüber.
»Nein, warum?«, fragte er. Seine Stimme klang hart und kalt wie Eis.
»Weil Sie nicht nass sind, obwohl es stark schneit!«
»So! Gute Beobachtungsgabe, wie?«
»Also, wo kann ich Sie hinbringen?«, fragte ich zum dritten Mal.
»Richtung Bronx«, sagte der Mann und lächelte leicht. Ich fuhr die Tiffany Street hinauf und fragte erst an der Lafayette Avenue wieder: »Nord öder Süd?«
»Fahr nach links und dann die Bruckner runter«, sagte der Mann.
Ich überlegte. Wir kamen jetzt durch das verlassene Gelände des Port Morris, und ich fuhr schneller. Plötzlich bemerkte ich neben mir eine Bewegung. Ich sah zu dem Mann. Er hielt eine kleine Pistole in der Hand, ließ sie lässig um den Zeigefinger rotieren. Der Griff war mit Perlmuttschalen eingelegt.
»Stecken Sie’s lieber weg, Mister«, sagte ich, und meine Stimme klang belegt.
»Stört’s dich?«, fragte er.
»Haben Sie einen Waffenschein?«
Er lachte hell auf. »Ach, du liebe Zeit, ein kleines Verhör! Sieh mal, wir zwei sind doch hier ganz allein, niemand ringsherum. Biegen wir doch mal ab!«
Er fasste mit der Hand nach dem Steuer, und als ich eine Bewegung machte, um ihn abzuschütteln, richtete sich der schlanke Lauf der Waffe wie spielerisch auf meine Brust. Ich wusste, dass es kein Spiel war. Ich bog in einen der Wege ein, die nach und nach zu Straßen ausgebaut werden sollten. Zurzeit gab es hier außer drei verlassenen Baustellen nichts zu sehen.
»Halt an!«, sagte der Mann. Ich bremste.
»Stecken Sie das Ding weg, verdammt noch mal!«, knurrte ich.
Der Mann lächelte: »Tut mir leid, wenn ich keine Waffe habe, willst du mir vielleicht nicht mehr zuhören. Aber du brauchst keine Angst zu haben. Ich bin ein Feind von körperlicher Gewalt.«
»Kein Wunder!«, sagte ich. Er richtete sich einen Moment in seinem Sitz auf, sein Kopf wurde dunkel, aber er lächelte immer noch, als er sagte: »Versuch es nicht noch einmal, dich über mich lustig zu machen. Es ist das Einzige, worin ich keinen Spaß verstehe. Du würdest nicht der Erste sein, der das zu spüren bekommt. Allerdings sind deine Vorgänger nicht mehr in der Lage, ihr Wissen an die Nachwelt weiterzugeben!«
»Also…«, begann ich. Plötzlich flammte in meinem Hirn eine Lampe auf.
Archie war hinausgegangen!
Archie hatte angeblich telefoniert. Dieser Mann hatte auf mich an der einzigen Stelle gewartet, die ich todsicher passieren musste. Ritchie hatte mich festgehalten, als ich früher gehen wollte. Etwas später hatte niemand etwas dagegen gehabt.
»Hören Sie, Ihre zwei bleichen Zwillinge haben mich schon lange genug aufgehalten, ich will' meinen Job nicht verlieren!«, knurrte ich beiläufig. Die Wirkung war frappant. Er starrte mich an, sein Pistolenlauf senkte sich etwas, und dann sagte er: »Woher weißt du das?«
»Als Taxifahrer muss man rechnen können, wenigstens bis vier!«
»So, du bist also ein Schlauer, na gut, dann können wir ja offen miteinander reden. Ich habe nicht viel Zeit, alles in allem muss ich mich auf die Kids verlassen. Im Allgemeinen haben sie recht, und sie sagen, du warst okay!«
»Nur weiter«, ermunterte ich ihn.
»Ich will auch nicht, dass du deinen Job verlierst. Also kommen wir zur Sache. Wie gut verdienst du bei den Blue Points?«
»Mäßig, aber ich bleibe trotzdem dort!«
»Hahaha!« Er lachte leise und unheimlich. »Das ist gut, kein Mensch will etwas anderes von dir. Aber du könntest deine Piepen aufbessern!«
»Nichts dagegen, aber für krumme Sachen bin ich nicht zu haben.«
Ich warf einen bedeutungsvollen Blick auf seine Pistole.
»Aber nicht doch. Wer redet denn da von so etwas?«
»Außerdem sieht es mein Boss nicht gern, wenn ich mit den anderen Kumpels zu tun habe. Wie stehen Sie zu den Gilmars?«
»Zu den Kids? Ha, du bist gut. Ich bin ihr Chef!«
»Sie sind Lewis Berkely?«
»Ganz recht. Also wie steht’s mit meinem Angebot?«
Ich sah ihn an, dann meinte ich langsam und betont: »Noch habe ich keins
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