0404 - Die Bande der Toten
und einer Zigarette im Mundwinkel zerrte ein greinendes Mädchen hinter sich her und verschwand mit ihm im Drugstore, der genau gegenüber der Bank lag. Zwei Köter kläfften sich wütend an, ohne sich zu Taten entschließen zu können.
»Das ist das lausigste, verschlafenste Nest, das ich je gesehen habe«, brummte einer der vier Männer.
»Genau richtig für uns«, sagte ein anderer und schleuderte den Zigarettenstummel auf die Straße. »Ganz genau richtig«, fügte er nachdrücklich hinzu.
Eine Weile herrschte Schweigen in dem gelbbraunen Chevrolet. Von der Schmiede her klang das helle Geräusch von Hammerschlägen.
»Also los«, meinte der Mann, der am Steuer des Chevrolets saß. »Wenn wir hier zu lange herumsitzen, fallen wir bloß auf.«
»Wem?«, fragte der auf dem Beifahrersitz. »Das Nest ist doch ausgestorben.«
Die Männer lachten. Dann stiegen sie aus. Sie trugen Hüte und unauffällige Anzüge. Selbst ihre Krawatten waren dezent gemustert. Niemand hatte etwas besonders Auffälliges an sich. Als sie auf die Bank zugingen, brummte der Fahrer plötzlich: »Ich möchte wissen, ob sie den Kerl oben in der Schlucht schon gefunden haben.«
»Halte jetzt gefälligst das Maul!«, zischte ein anderer grob. »Das hier ist kein Spaziergang!«
Sie stapften schweigend die vier Stufen hinauf. Die Tür führte unmittelbar in den Schalterraum. Unter einer Uhr mit altmodisch verschnörkelten Zeigern stand der Schreibtisch des Geschäftsführers. Weiter rechts war der Schalter des Kassierers. Links ging eine Tür in den Raum, wo die beiden Buchhalterinnen arbeiteten.
Die vier Männer brauchten sich nicht mehr zu verständigen. Jeder wusste genau, was er zu tun hatte. Der Mann, der den Chevrolet gesteuert hatte, wandte sich wortlos der Seitentür zu, stieß sie auf, sprang schnell in das dahinterliegende Zimmer und schlug auch schon die Tür wieder hinter sich zu. Er riss einen Revolver unter dem aufgeknöpften Jackett hervor und ließ die erschrockenen Frauen in die Mündung blicken.
»Hübsch ruhig bleiben, ganz ruhig!«, warnte er mit leiser Stimme. »Ihr seid doch bestimmt nicht lebensmüde, was?«
Er schob sich schnell an der älteren Frau vorbei, die ihm am nächsten saß, wickelte seine linke Hand zweimal in die Telefonschnur Und riss sie mit einem kräftigen Ruck aus der Anschlussdose. Unterdessen hatten zwei von den anderen im Schalterraum sich neben den Geschäftsführer und den Kassierer postiert. Ihre gezückten Pistolen sagten mehr als Worte. Die randlose Brille auf der Stirn des Geschäftsführers beschlug. Blinzelnd und mit erhobenen Händen starrte der Bedrohte auf die schwarze Mündung. Zugleich reckte endlich auch der Kassierer die mit grauen Ärmelschonern überzogenen Unterarme seitlich in die Höhe. Der dritte Bandit streifte sich gelassen Handschuhe über und trat hinter den Kassenschalter.
Die Uhr über dem Schreibtisch des Geschäftsführers schien lauter zu ticken als sonst. Am Kassenschalter raschelte Papier. Eine Münzrolle fiel zu Boden und krachte so laut dabei, dass alle erschrocken zusammenfuhren.
»Nur keine Aufregung!«, brummte einer der Banditen neben dem Schreibtisch des Geschäftsführers, obwohl er selbst erschrocken zusammengezuckt war.
Wieder war ein paar Sekunden lang nichts zu hören als das Rascheln von Papiergeld. Die Zeit schien stehen zu bleiben. Eine Frist von zehn Sekunden kam den Beteiligten länger vor als zwei Minuten. Endlich aber verschwand der Räuber vom Kassenschalter. Er ging einfach zur Tür und wartete dort.
Das Telefon auf dem Schreibtisch des Geschäftsführers wurde aus der Anschlussdose gerissen.
»Ihr rührt euch nicht, bis wir weg sind«, befahl einer. »Was ihr dann macht, ist eure Sache!«
Sie riefen ihren Komplizen aus dem Nebenzimmer. Zusammen verließen sie die Bank in beinahe gemächlichem Schritt. Nur als sie im Wagen saßen, kam allmählich ihre Nervosität durch. Der Fahrer gab zu viel Gas, der Wagen schoss nach vorn und überfuhr ein Huhn, das auf der Fahrbahn herumirrte. Es gab eine zwei Yards lange Blutspur auf dem Asphalt. Das Profil des Reifens war vom Blut deutlich und genau auf die Fahrbahn gezeichnet.
***
Roger Vermail saß an seinem Schreibtisch und sortierte Steckbriefe. Als wir bei ihm eintraten, schob er den Packen roten Papiers beiseite und griff nach den Zigaretten. Er zeigte auf zwei Stühle.
»Habt ihr die Frau gefunden?«, fragte er.
»Nein«, erwiderte ich. »Sie arbeitet nicht mehr in der Lemon Bar , und sie
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