0405 - Fluchtweg durch die Unterwelt
steckte wahrscheinlich an ihrem Körper, denn Taille und Busen sahen enorm vergrößert aus. Hier das Geld zu übergeben, war also unmöglich.
Mit einem Mal wurde mir siedendheiß.
Die Dame, die ich nach meiner Frau gefragt hatte, trug eine ziemlich große Tasche. Und womit Miss Siebzehn den Waschraum verlassen hatte, wusste ich überhaupt nicht. Eine von den beiden konnte also seelenruhig mit der Beute abgezogen sein, während Miss Gelb sich nur so aufgepumpt hatte, um uns glauben zu machen, sie wäre mit den Scheinen gespickt.
Ich merkte, dass ich dicht davor war, nervös zu werden. Es war ganz einfach die Warterei, die mir nicht gefiel.
Vor allem wollte mir nicht in den Kopf, was die Gelbe damit bezweckte.
***
Der Erfrischungsraum leerte sich allmählich. Um halb sieben ging die Serviererin zu Miss Gelb und kassierte. Ich verfolgte den Vorgang wieder durch den Spalt zwischen den Schränken und sah, dass die alte Lady noch rauchen wollte. Sie hatte wahrhaftig die Ruhe weg.
Ich behielt aus dem Hintergrund die Fahrstühle im Blickfeld, wobei ich zugleich die Toilettentür des Erfrischungsraumes sehen konnte.
Es konnte nicht mehr lange dauern. Am Büfett wurde schon aufgeräumt, aus der Espressomaschine wurde der Druck abgelassen.
Ich saß wie ein unschlüssiger Kunde mit dem Hut auf den Knien in einem Sessel. Über ein Tonmöbel hinweg konnte ich den geschilderten Sektor übersehen. Rechts schlöss sich ein wuchtiger Bücherschrank an, der mir die Sicht zur anderen Seite versperrte. Dort hatten meine Augen ohnehin nichts zu suchen.
Miss Gelb konnte jeden Augenblick auftauchen. Ich hörte von hinten schwere Schritte herankommen.
Zwei Mann trugen einen riesigen, rohen Holzrahmen, der mit Leinwand bespannt war. Leider sah ich nur die Rückseite. Sie schwenkten auf das Treppenhaus zu und zeigten mir wieder nur, die Kehrseite des Bildes oder was das war. Jedenfalls war viel Rot darin.
Jetzt stellten sie es vor meiner Nase ab, einer öffnete den einen Türflügel und stellte ihn fest. Sie kamen nur mit Mühe um die Ecke und verschwanden dann.
Für etwa zwanzig Sekunden war mein Blickfeld mächtig klein gewesen. Sofort kam ich aus meinem Sessel heraus und ging zu den Fahrstühlen, wo zwei Frauen und ein Mann standen.
Miss Gelb war nicht dabei.
Die Leuchtpfeile beruhigten mich. Alle drei Fahrstühle waren zwischen dem zweiten und sechsten Stock in Aufwärtsrichtung unterwegs. Während der letzten halben Minute hatte also niemand von hier oben abfahren können.
Ich warf einen Blick zum Erfrischungsraum und stutzte. Zwei Serviererinnen, die ihre niedlichen Tändelschürzchen und Häubchen schon abgelegt hatten, stellten die Stühle auf die Tische. Das konnte nur bedeuten, dass kein Gast mehr darin war.
Ich holte den Kollegen Bolt vom Treppenhaus herein, damit er hier die Übersicht behielt, dann sauste ich zum Erfrischungsraum, sah mich um und fand als letzte Spur von Miss Gelb nur noch den qualmenden Rest ihr halb ausgedrückten Zigarette.
Ein Mädchen kam auf mich zu und sagte: »Es ist fünf vor sieben, Sir, war müssen jetzt schließen.«
»Wann ist die Dame gegangen, die dort gesessen hat?«
Sie sah mich groß an.
»Vor wenigen Sekunden. Sie hätten sie eigentlich noch treffen müssen.«
»Ging sie hier aus der Tür?«
»Aber sicher, ich sah sie mit ihrem Stock davongehen.«
Einer meiner seltenen Flüche blieb mir quer im Halse stecken.
»Gibt es außer den Fahrstühlen und dem Treppenhaus noch eine Möglichkeit, dieses Stockwerk zu verlassen?«
Das Mädchen schien zu merken, dass es hier um mehr ging als nur ein versäumtes Treffen. Ich zeigte meinen Ausweis.
»Ich bin Special-Agent vom FBI.«
»Oh.« Ganz kurzes Besinnen. »Nein, denn den Lastenfahrstuhl kann das Publikum nicht benutzen. Er steht jetzt oben, und der Fahrer steht in unserer Küche und trinkt Kaffee.«
Ich drehte auf dem Absatz um und ging zum Lastenfahrstuhl, dessen Tür offen stand. Die Bedienungskurbel fehlte.
Eine Minute später war ich in der Küche und interviewte den Kaffeetrinker.
»Haben Sie vorhin eine Dame mit Stock mit nach unten genommen?«, fragte ich ihn.
Er schüttelte den Kopf.
»Nee, mach ich nicht. Es soll nachher ein Schrank runter, deshalb bin ich hier. Aber schon seit ’ner Viertelstunde. Da kann keiner gefahren sein.« Er griff in die Tasche und zeigte mir den Schalthebel. »Außerdem habe ich den Strom abgestellt.« Er holte einen kleinen Patentschlüssel hervor.
»Wo finde ich den
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