041 - Der Schwarze Tod
Lage zu ziehen.“
„Ihr irrt Euch. Er wollte Euch davon abhalten, ihn in Eure gemeinsamen Machenschaften einzubeziehen. Wie kann ich den Worten eines Wesens, das aus dem Nichts kommt, Glauben schenken?“
Ich war. verzweifelt, und Collin merkte es.
„Er wollte mich zwingen zu lügen.“
„Schweig!“
Schnell wie ein Blitz entkam er mir und floh hinter das Mädchen, wo er sich in ihren Rock krallte. Unter dem Vorwand, ihren Schutz in Anspruch zu nehmen, sah ich seine großen Hände ihre Hüften und Schenkel abtasten, während ihre Augen Blitze in meine Richtung versprühten.
„Mein Fräulein, um Euch wiederzusehen, habe ich allerlei Gefahren auf mich genommen. Ich bin heimlich wie ein Dieb in diese Herberge eingestiegen, nachdem ich der Wache nur mit Mühe und viel Glück entronnen bin. Ihr könnt mich nicht wegjagen, ohne mich zumindest angehört zu haben. Es geht um Eure Ehre und vielleicht sogar um Euer Leben.“
Ich zeigte auf den schlafenden Kerguerhen. „Dieser Ritter ist ein Wüstling. Er zieht aus der verzweifelten Lage dieser Stadt seinen Nutzen, um alle seine Lüste zu befriedigen. Jede Nacht besäuft er sich mit den Dienstboten und schläft mit ihnen. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen.“
Ihre Hand hob sich an die Augen.
„Diese Vorstellungen sind zu sündig, um davon einem jungen Mädchen zu berichten, und zu schlecht, als das ich sie glauben könnte.“
„Wenn er Euch besessen hat und keinen Gefallen mehr an Euch findet, wird er Euch Collin überlassen. Versteht Ihr nicht, daß das die Pläne der beiden sind? Und wollt Ihr dem Ritter ohne Liebe gehören?“
„Wer sagt Euch, daß ich den Ritter nicht liebe?“
„Ihr könnt es nicht. Er ist zu standesbewusst, um ernsthaft an Euch zu denken.“
Diesmal hatte ich ins Schwarze getroffen.
Collin merkte es sofort. „Der Ritter ist rechtschaffen und vertrauenswürdig“, jammerte er.
„Gut. Habt Ihr daran gedacht, was aus dem Gold geworden ist, das Euer Vater mit sich trug?“
„Es ist in Sicherheit in dem Zimmer, das ich immer noch bewohne.“
„Habt Ihr den Schlüssel, mein Fräulein?“
„Ja, ich denke doch.“
„Sieh einer an. Wie kommt es dann, das die Tür von innen verriegelt ist?“
Collin machte sich ganz klein.
„Ihr lügt, mein Herr!“
„Nein. Und ich glaube, Ihr habt den Schlüssel dem Ritter gegeben, und er sorgt dafür, das Berangere über Euer Vermögen wacht. Aber wir können ja nachsehen gehen, wenn Ihr wollt.“
Collin hängte sich an ihren Rock. „Geht nicht! Er ist der Teufel. Er verwandelt Euch in ein Vieh.“
„Laß mich, Collin“, sagte sie ruhig.
Ich öffnete ihr die Tür, und wir gingen zur Tür des Zimmers, das sie zusammen mit ihrem Vater bewohnt hatte.
„Klopft“, sagte ich, als sie vergebens versuchte zu öffnen.
„Bist du es, Collin?“ kam Berangeres Stimme. „Bist du nicht schon auf deine Rechnung gekommen, du elender Strolch?“
Sie öffnete die Tür. Sie war nur mit einem Hemd bekleidet und hielt eine Kerze in der Hand. Erschrocken trat sie ins Zimmer zurück.
„Was macht Ihr in diesem Zimmer?“ herrschte Ninon sie an.
„Mein Fräulein …“
Ich schloß die Tür und faßte Berangeres Arm.
„Wenn du nicht redest, drehe ich dir den Hals um. Wo ist das Gold?“
„Hier im Strohsack … Collin …“
„Weiter!“
„Er hat mir gesagt, ich soll darauf aufpassen. Und nachher werden wir es uns teilen.“
Ich beobachtete Ninon aus dem Augenwinkel. Sie war wütend.
„Hinaus!“ rief sie. „Hinaus aus dem Zimmer! Geh zurück auf deinen stinkenden Strohsack, wo du es mit den Schweinen treibst.“
Die Beleidigung traf mich auf einem Umweg. Ich wünschte, sie würde niemals erfahren, daß ich eines von diesen Tieren war, von denen sie eben gesprochen hatte. Überdies erstaunte mich diese Sprache aus dem Mund eines so wohlerzogenen Mädchens ein wenig.
Berangere lief eilends davon.
„Ihr seht …“, sagte ich traurig.
„Aber ich glaube trotzdem nicht an die Mitschuld des Ritters.“
Ich hatte endgültig genug. „Dann geht zu ihm zurück und pflegt ihn weiter“, sagte ich kurz.
„Das werde ich auch tun.“
Diesmal verschloß sie die Tür mit dem Schlüssel.
Beim Zimmer des Ritters angelangt, drehte ich mich noch einmal um, weil ich Collin aus den Augen verloren hatte. In diesem Augenblick fühlte ich, wie sich eine Schlinge um meinen Hals legte und festzog. Ich mußte der Bewegung nachgeben und ließ mich zu Boden fallen.
Der Zwerg sprang auf mich und zog
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