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041 - Die Tür mit den 7 Schlössern

041 - Die Tür mit den 7 Schlössern

Titel: 041 - Die Tür mit den 7 Schlössern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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blonder Bart krauste sich über seinem Kinn. Er trug ein Paar helle Leinenhosen, die oberhalb seiner Knie endeten. Jetzt trat er an den Tisch und hob die Lampe, um in das Zimmer zu spähen. In diesem Augenblick sah sie sein Gesicht. Es war bei aller Größe der Form beinahe edel geschnitten, doch die blauen Augen starrten dumm und glanzlos ins Leere. Das ganze Gesicht war ausdruckslos wie das eines hochgradig Schwachsinnigen, und Sybils erster Widerwille erstarb in tiefstem Mitleid.
    War das der Riese, vor dem sie geflohen war? Der arme Mensch! Es war ein harmloser Idiot. Das erste ruhige Wort hätte ihn gewiß besänftigt. Sie umklammerte die Schnauze des knurrenden Hundes, damit er sie nicht verrate. Aber schon traf sie ein trauriger Blick leerer Augen. Der Riese stutzte und blies dann rasch die Lampe aus.
    Sofort versank das Zimmer in undurchdringliches Dunkel.
    Sybil trat auf den Weg zurück. Sollte sie den Verwalter wecken? Nein, es war besser, sie lief zum Pförtnerhaus. Von dort hatte sie nur wenige Schritte bis zum Dorf. Doch kaum war sie in die Allee eingebogen, die zum Parktor führte, da hörte sie Männerschritte, die rasch auf sie zukamen. Der Hund zog an der Kette, und sein wütendes Gekläff durchschnitt die Totenstille des grauenden Tages. Zwei dunkle Gestalten kamen rasch auf sie zu.
    »Wer ist da? Wenn Sie nicht antworten, lasse ich meinen Hund auf Sie los!« drohte Sybil mit schwankender Stimme.
    »Großer Gott - Sybil Lansdown!« klang es hell zurück, und im nächsten Augenblick lag sie schluchzend an Dick Martins Brust, während der Hund sie triumphierend umtobte.

26
    »Still, still, liebes Kind«, flüsterte Dick, als sie in abgerissenen Worten zu sprechen begann, »ich will jetzt noch nichts hören. Erst müssen Sie sich ausruhen. Und wie lange ist es her, seit Sie etwas gegessen haben?«
    »Seit gestern mittag«, gestand Sybil kleinlaut.
    »Nun sehen Sie - ich dachte es mir schon. Kommen Sie jetzt! Wir klingeln den Verwalter aus dem Schlaf. Er soll heranfahren, was das Haus Selford so unerwarteten Gästen zu bieten hat.«
    Er schlang seinen Arm um sie und zog sie mit sich, unbekümmert um Sneed, der diskret folgte. Aber Sybil faßte ängstlich nach Dicks Hand.
    »Um Gottes willen nicht ins Haus!« bat sie. »Ich habe gerade jetzt einen unheimlichen Menschen in einem Zimmer gesehen. Er ist ungeschlacht wie ein Riese - es muß ein Wahnsinniger sein!«
    Sie schwieg überwältigt. Alles fiel ihr ein, was sie seit ihrer Teestunde mit Cody erlebt hatte.
    »Ein Riese?« fragte Dick betroffen. Seine Augen suchten Sneed. Der nickte unmerklich.
    Dann bat er Sybil, ihn zu beschreiben. Sie tat es stockend. Dick hütete sich, ihr seine Bestürzung zu zeigen.
    »Ein Landstreicher vermutlich; einer jener seltsamen Heiligen, die wie Johannes der Täufer herumlaufen und dabei von Heuschrecken leben. Ich habe ähnliche Burschen schon im Hydepark gesehen. Haben Sie keine Sorge, Sybil, wir sind zwei kräftige, gutbewaffnete Männer. Wir fürchten uns vor Ihrem Simson nicht!«
    Sie ließ sich gehorsam mitziehen.
    »War eins der Fenster offen?« fragte Dick nach einer Pause des Nachdenkens.
    Sybil schüttelte den Kopf.
    »Ich habe kein Fenster offen gesehen!«
    »Vielleicht ist er ein Schützling des Verwalters«, suchte Dick sie zu beruhigen. »Wir werden gleich hören!«
    Er setzte den langen stählernen Klingelzug in Bewegung. Der hohle Klang drang abgeschwächt zurück.
    Dick streichelte Sybils schmale, eiskalte Hand, und als er fühlte, wie sie zitterte, preßte er sie sanft an sich. Dann gab er sie frei. Er hatte drinnen auf den Steinfliesen den schlürfenden Schritt des Verwalters gehört.
    Die Schritte hielten vor der Tür. Eine grollende Stimme fragte: »Wer ist da? Was wollen Sie?«
    »Machen Sie bitte auf«, sagte Dick, der die Stimme des Verwalters erkannte, »hier ist Mr. Martin.«
    Ketten rasselten. Ein Schloß krachte. Knarrend öffnete sich die Tür. Der Verwalter trug eine schief geknöpfte Hose über dem Nachthemd. Seine Hand schützte die flackernde Kerze. Das Licht wurde auf sein Gesicht zurückgeworfen und traf seine blinzelnden Augen.
    »Mein Gott«, sagte er, »woher kommen Sie denn? Ist etwas passiert?«
    »Genug«, erwiderte Dick, »um alle Morgenzeitungen zu füllen. Sagen Sie mal zuerst, haben Sie Besuch?«
    Er trat mit Sybil in die Halle. Sneed folgte.
    »Besuch? Ich?« fragte der Verwalter erstaunt. »Nein, ich bin mit meiner Frau allein hier.«
    Er stieg auf einen Stuhl und bemühte

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