041 - Die Tür mit den 7 Schlössern
brannten.
»Die Schreie waren furchtbar«, flüsterte sie, »unbeschreiblich!«
Ihre Stimme versank in Grauen.
Keiner der Männer wagte ihr zu sagen, daß ihnen das Drama dieser Schreie bekannt war.
Langsam erhob sich Dick, um nach dem Himmel zu sehen. Sobald das Tageslicht es gestattete, wollte er nach Cawler suchen. Er hatte es um Sybil verdient.
Doch kaum hatte er sich dem Fenster genähert, da prallte er zurück. Die Allee herauf kam ein Auto.
Noch hatte der Fahrer den staubbedeckten Wagen nicht gebremst, da wurde von innen der Schlag geöffnet. Dick sah in Havelocks aschgraues Gesicht und in seine verstörten Augen. Er rief ins Zimmer, wer zu erwarten sei, und eilte zum Portal, um den Anwalt zu empfangen.
Havelock stürzte ihm mit fliegenden Rockschößen entgegen.
»Wo ist Miss Lansdown? Mr. Martin, wo ist Miss Lansdown?« keuchte er und packte Dick an beiden Aufschlägen.
»Sie ist hier«, sagte Dick. »Aber wer hat Ihnen gesagt, daß sie in Selford Manor zu suchen sei?«
»Ich sage ... es Ihnen ... gleich«, stammelte Havelock zwischen schmerzhaften Atemstößen. »Oh, mein Gott, was für eine Nacht! Geben Sie mir bitte Ihren Arm!«
Er stützte sich schwer auf Dick, der ihn vorsichtig ins Haus führte.
Als Havelock das junge Mädchen erblickte, eilte er auf sie zu und drückte ihr krampfhaft die Hand.
Dick stellte dem Anwalt Inspektor Sneed vor, und er sah, wie Havelocks Brauen an leisem Erstaunen in die Höhe gingen. Dann sank er gebrochen auf das Sofa nieder und suchte in seiner Tasche nach einem Brief, den er Dick mit vielsagendem Schweigen in die Hand drückte. Nun erst atmete er auf und trocknete sich die Stirn.
Dick betrachtete den Brief aufmerksam. Er trug das Wappen des Ritz-Carlton-Hotels. Die Schrift war ihm aus Lord Selfords früheren Briefen bekannt. Nur wollte ihm scheinen, daß sie flüchtiger war als sonst. Lord Selford schrieb:
Lieber Havelock!
Ich bitte Sie dringend und ernstlich, begeben Sie sich sofort nach Selford Manor und lassen Sie den ganzen Park absuchen. Scheuen Sie keine Mühe und keine Kosten. Meine Kusine Sybil Lansdown befindet sich zur Zeit in der Umgebung des Schlosses, und sie schwebt in tödlicher Gefahr. Die gleiche Gefahr droht allen, die mit ihr in Verbindung stehen . auch Ihnen. Ich weiß, mein Brief gibt Ihnen Rätsel auf, mutet Ihnen Ungewöhnliches zu. Setzen Sie sich trotzdem über alle Bedenken hinweg. Höchste Interessen stehen auf dem Spiel. Sobald Sie Sybil Lansdown gefunden haben, bieten Sie ihr an, in meinem Hause zu bleiben. Nur dort ist sie sicher - nur dorthin reicht mein schützender Arm über sie und alle, denen ich für die mannhafte Vertretung meiner Interessen dankbar bin. Ich treffe morgen früh um sieben Uhr in Selford Manor ein und bin dann imstande, alle Rätsel, die Sie jetzt bedrängen, befriedigend zu lösen. Bis dahin halten mich leider Gewalten fern, denen gegenüber ich machtlos bin.
Selford
»Wie hat dieser Brief Sie erreicht?« fragte Dick Havelock.
»Ich glaube, es war um ein Uhr«, erwiderte der Anwalt, »ich wollte gerade schlafen gehen, denn ich hatte wieder stundenlang über den Akten des Hauses Selford gegrübelt. Da läutete es plötzlich Sturm an meiner Haustür. Es dauerte immerhin eine kleine Weile, bis ich hinunterkam. Niemand war zu sehen, aber ich fand den Brief im Kasten. Ich las ihn im Flur, und ich kann Ihnen sagen, ich war zu Tode erschrocken. Hat er den Verstand verloren? dachte ich. Ist es eine Mystifikation? Da schrillt das Telefon. Ich laufe hin, nehme den Hörer ab - Selford ist in der Leitung! Selford, den ich in Kairo glaubte, spricht mit mir von einem Londoner Apparat aus! Er fragt mich kurz und hastig, ob ich seine Botschaft bekommen hätte. Ich bejahe. Ohne mich zu Wort kommen zu lassen, dringt er in mich, seinen Wünschen zu willfahren. Ich will ihn nach seinen Gründen fragen und meinen Beistand anbieten, er antworten nicht mehr. Ich wende mich ans Amt. Man sagt mir lakonisch, der Teilnehmer habe eingehängt ...« Havelock schwieg erschöpft. Wortlos reichte Dick Selfords Brief dem Inspektor. »Und dann«, fuhr Havelock ruhiger fort, »kam ich auf die Idee, Mrs. Lansdown anzurufen. Sie war in größter Aufregung. Ihre Tochter sei seit dem frühen Nachmittag verschwunden, sagte sie mir. Können Sie sich vorstellen, meine Herren, wie mir da der Schreck in die Glieder fuhr? Ich setzte mich in mein Auto und jagte her. Wie froh ich bin, daß ich Sie alle hier unversehrt antreffe, läßt sich in Worten
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