0412 - Doppelmörder für drei Stunden
machte ich mich auf die Socken. In einem Hafenrestaurant schlürfte ich eine Tasse Kaffee, kaute auf einem Brötchen und studierte einige ausgelegte Zeitungen.
Es war bereits halb eins, als ich das Lokal verließ. Direkt vor der Hafeneinfahrt lag die Northlight. Die Männer vom Zoll waren bereits an Bord, um das Gepäck der Passagiere zu untersuchen. Nach wenigen Minuten erschienen die Zollbeamten wieder auf dem Oberdeck und verließen das Schiff.
Das Anlegemanöver dauerte zehn Minuten. Dann lag die Northlight vertäut im Hafen von Los Angeles. Ein knallgelber Steg führte an Deck. Obwohl ich kein bekanntes Gesicht sah, war ich davon überzeugt, dass Seaton einen Spion auf mich angesetzt hatte.
Ich lief über den Steg, hastete an der Reling entlang und befand mich wenige Minuten später im Laderaum. Inzwischen kannte ich mich hier schon aus. Seatons Plan war so brutal wie einfach gewesen. Der Unbekannte hätte mich hier in Empfang nehmen und dann wahrscheinlich zum Laderaum schleppen sollen, wo sich der Wagen befand. Entweder hätte mich der Mörder nach der Tat über Bord geworfen oder mich im Kofferraum des Wagens versteckt, der um die Zeit bereits vom Zoll abgenommen war. So wäre ich an Land gebracht worden. Die Gangster hätten mich bei der nächstbesten Gelegenheit beiseiteräumen können. Dass Piler, der Steward, mir die Einzelheiten noch verraten konnte, erwies sich jetzt als großer Vorteil.
Als Matrosen an der Ladeluke hantierten, die sich genau über mir befand, sprang ich in den Kofferraum, legte mich auf den Rücken und zog den Kofferraumdeckel zu. Das Schloss schnappte ein. Ich war gefangen, denn ich besaß von innen nicht die geringste Chance, es zu öffnen. Aber ich rechnete damit, dass der Wagen, wenn nicht zu Seatons Prachtvilla, so doch zu irgendeiner Verteilerzentrale für Rauschgift gefahren wurde und ich dann in Aktion treten konnte.
Die Luke war geöffnet. Über mir rasselten die Ketten des schweren fahrbaren Hafenkrans. Matrosen kletterten an einer Leiter herunter, schoben die Transportgurte unter dem Wagen durch und befestigten sie an den schweren Ketten. Auf ein Pfeifsignal wurde der Wagen angehoben. Langsam zog der Kran an. Der Straßenkreuzer wurde durch die Luft geschwenkt und ziemlich unsanft auf die Räder gesetzt.
Ich hörte die Stimme von Mr. Huston, der hinter das Steuerrad kletterte und die Handbremse anzog.
Nach wenigen Minuten war die Transporthalterung unter dem Wagen weggezogen. Huston startete den Motor, der nach einigen Fehlzündungen langsam auf Touren kam. Der Wagen rollte über den Kai zum Parkplatz. Dann stoppte er und zog die Handbremse an. Am Türenklappen hörte ich, dass Huston den Wagen verlassen hatte.
Mr. Hustons Schritte entfernten sich. Ich kramte meine Pistole aus der Tasche. Jetzt erst fand ich Zeit, sie nachzuladen. Sie hatte in meiner Jackentasche gesteckt, die ich vor dem Sprung ins Wasser abgestreift hatte.
Dann hörte ich, wie sich Schritte näherten. Ich legte den Sicherungsflügel um und hielt den Atem an. Es handelte sich um zwei Männer, die um den Wagen herumspazierten, in der Nähe des Kofferraums stehen blieben und sich eine Zigarette anzündeten. Ich hörte das Klicken des Feuerzeugs und vernahm einige Worte aus ihrer Unterhaltung, die murmelnd geführt wurde. Sollte Huston vergessen haben, die Wagenschlüssel stecken zu lassen? Oder warteten die beiden auf den bulligen Unbekannten, der den Steward erschossen hatte? Als ihnen das Warten zu langweilig wurde, lehnten sie sich gegen den Kofferraumdeckel. Einer knurrte: »Möchte wetten, dass Charly sich wieder selbstständig gemacht hat.«
»So gut wie ausgeschlossen«, antwortete der andere, »denn das ist der richtige Wagen. Vielleicht hat er noch auf der Northlight zu tun.«
»Warum hat Seaton darauf bestanden, dass wir auf Charly und Freddy warten sollen?«
»Keine Ahnung. Der Alte hat einen Narren an Charly gefressen. Dabei wartet Charly nur darauf, Seatons Erbe anzutreten.«
Ich strengte mein Gehör an. Beide Stimmen kamen mir nicht bekannt vor.
Nach einiger Zeit sagte Nummer eins: »Charly befindet sich bestimmt schon in Seatons Fuchsbau, und wir lauern hier auf ihn. Los, wir fahren.«
»Auf deine Verantwortung«, erwiderte der zweite.
»Okay. Aber du setzt dich ans Steuer. Du weißt Bescheid: die Küstenstraße entlang bis zu den Ausläufern des Santa-Monica-Gebirges. Da ist der Parkplatz. Direkt am Meer.«
»Okay«, sagte der andere nur.
Blitzschnell wurde der Motor
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