Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0412 - Wo Canaro wütet

0412 - Wo Canaro wütet

Titel: 0412 - Wo Canaro wütet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
verschrumpelt.
    Vorsichtig ging Gray auf ihn zu. Er rechnete damit, daß Canaro ihn täuschte, daß er gleich aufspringen und ihn angreifen würde – oder abermals die Flucht ergriff.
    Aber Canaro tat nichts dergleichen. Canaro würde nie wieder etwas tun.
    Das Mädchen, das die Tür geöffnet hatte, blieb im Flur zurück, als Gray sich langsam den sterblichen Überresten des Hexers näherte, die Hand immer nahe an der Waffe. Je näher Gray kam, um so deutlicher sah er, was die Pyrophorit-Geschosse angerichtet hatten, und ihn schauderte. Er kannte die Wirkung der Geschosse, und er sah, daß Canaro bis zuletzt gegen das Feuer gekämpft hatte. Mit einer Kugel wäre er sogar noch fertig geworden!
    Was mußte das für eine Kreatur gewesen sein?
    Canaro konnte niemals menschlich gewesen sein. Der Hexer war – ein Dämon gewesen…
    Gray überlegte. Es war nicht geplant gewesen, daß Canaro in einer fremden Wohnung starb, daß weitere Menschen in das Geschehen mit einbezogen wurden. Er hatte gehofft, Canaro in seinem eigenen Apartment ausschalten zu können. Aber er hatte ihn andererseits auch nicht wieder entkommen lassen können.
    Er trat an das offene Fenster, dessen Glasscherben im ganzen Zimmer verteilt waren. Unten standen Polizeiwagen vor dem anderen Haus. Gray sah sich um, fand den Schalter und betätigte ihn. Eine Jalousie senkte sich elektrisch und verdunkelte den Raum, verhinderte zugleich, daß die Beamten, die drüben in Canaros Wohnung erschienen, sahen, daß hier ein Fenster zerstört worden war.
    Gray war nicht sicher, ob jemand darauf achten würde, aber er wollte kein Risiko eingehen. Er wollte nicht, daß die Polizisten hierher kamen und die Bewohnerin dieses Apartments in die Mangel nahmen.
    Er sah wieder Canaro an. Was sollte er jetzt mit dem Leichnam tun? Das konnte nun zu einem echten Problem werden. Wenn der Hexer in seiner eigenen Wohnung gestorben wäre, wäre alles nicht besonders kompliziert. Aber jetzt befand er sich in einem fremden Apartment…
    Gray sah auf. Sein Blick kreuzte den des Mädchens.
    »Mein Name ist Gray«, sagte er. »Langdon Gray. Haben Sie die Polizei schon informiert?«
    Warum nennst du deinen richtigen Namen? fragte er sich im nächsten Moment. Du bist verrückt, Mann! Das kann dir den Hals brechen, wenn das Girl anders reagiert, als du es dir erhoffst…
    Er sah das Mädchen jetzt zum erstenmal richtig. Jetzt hatte er endlich Muße dazu. Knapp über zwanzig, ein kurzer Rock, eine helle Bluse. Halblanges, hellbraunes Haar. Ein schmales Gesicht mit kleiner Stupsnase und dunklen Augen. Ungeschminkt. Kein Ring am Finger, also anscheinend ungebunden.
    »Nein«, hörte er ihre leise Stimme, und er brauchte ein paar Sekunden, um zu begreifen, daß sie auf seine Frage geantwortet hatte. »Es… es ging alles zu schnell, und dann… ich war wie gelähmt. Es ist gut, daß Sie gekommen sind. Was bedeutet das alles, Sir?«
    Sie hatte das Licht angeschaltet, nachdem die Jalousie sich vollständig geschlossen hatte.
    »Ach so. Verzeihen Sie. Ich bin Sibyl Darrow«, stellte sie sich endlich vor.
    »Erzählen Sie mir, was vorgefallen ist«, verlangte er. Er blieb seiner Rolle als FBI-Agent treu. »Was geschah hier? Oder macht es Ihnen zu viel aus, wenn Sie darüber erzählen?«
    Nicht, daß es ihn wirklich interessiert hätte. Er wußte ja alles. Aber wenn das Mädchen redete, gewann er Zeit und konnte überlegen. Wie sollte er den Toten hier hinaus bekommen? Es gab einige unappetitliche Möglichkeiten, aber er scheute davor zurück. Auch wenn Canaro kein Mensch gewesen war, hatte Gray Respekt vor den Toten. Er konnte sich nicht vorstellen, daß er Canaro im Müllschacht verschwinden lassen könnte oder einfach aus dem Fenster werfen… er war zu wenig Killer, zu menschlich geblieben, trotz der selbstgewählten Profession des Hexen- und Dämonenjägers.
    Sibyl Darrow zögerte. Sie schien nicht recht zu wissen, was sie sagen wollte. »Sie werden es mir wahrscheinlich nicht glauben«, brachte sie schließlich hervor.
    »Doch. Der Mann ging durch die Luft, nicht wahr?«
    »Sie wissen das?«
    Er nickte. »Erzählen Sie.«
    Sie begann zu berichten. Währenddessen überlegte er fieberhaft. In einen Teppich einrollen, nach altbewährter Mafia-Methode? Unsinn. Er hatte sich als Agent der Bundespolizei ausgegeben. So konnte er den Toten nicht einfach verschwinden lassen. Der mußte ordnungsgemäß abtransportiert werden…
    Verflixt, warum eigentlich nicht? Er konnte ein Bestattungsunternehmen

Weitere Kostenlose Bücher