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0412 - Wo Canaro wütet

0412 - Wo Canaro wütet

Titel: 0412 - Wo Canaro wütet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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dort war nichts.
    »Verdammter Hexer!« zischte Gray, ging ins Ziel und sah, wie der Hexer das gegenüberliegende Haus auf gleicher Höhe erreichte.
    Er zielte und schoß.
    Im gleichen Moment sprang ihn das Mädchen wieder an, kämpfte wie eine Furie.
    ***
    Es war wie in einem ihrer seltsamen Träume. Oft träumte Sibyl Darrow, daß sie Dinge vollbringen konnte, die einfach unmöglich waren. Daß sie flog. Oder durch Wände ging. Es waren selten gute Träume. Meist wachte sie schweißgebadet auf und war desorientiert. Denn sie verlor sich in diesen Bildern, die mit Gewalt einhergingen… sie versuchte, sich gegen die Träume zu wehren, aber es war ihr nie gelungen.
    Und das hier – war ähnlich.
    Fasziniert und entsetzt zugleich starrte sie auf den schwarzgekleideten Mann, der durch die Luft ging wie ein Phantom. Er ging schnell; jeder Schritt brachte ihn mehr als einen Meter näher an Sibyls Wohnzimmerfenster. Die 22jährige Studentin war wie gelähmt.
    Warum stürzte der Unbekannte nicht in die Tiefe? Welches Geheimnis ließ ihn in der Luft schweben?
    Unten fuhren die Autos, bewegten sich Fußgänger durch die abgasgeschwängerte Straßenschlucht. Vierzig Meter weiter oben war die Luft weitaus besser – glaubte Sibyl. Sie wußte es nicht. Die Fenster ließen sich nicht öffnen. Eine Sicherheitsmaßnahme gegen Selbstmörder. Für die Belüftung sorgte eine Klimaanlage.
    Eiskalt überlief es Sibyl. Wieso hatte der Mann drüben das Fenster aufreißen können? Das Haus drüben war höchstens ein oder zwei Jahre früher gebaut worden als das, in dem Sibyl wohnte. Die Sicherheitsvorkehrungen waren garantiert dieselben. Dieser durch die Luft gehende Fremde konnte sein Fenster gar nicht geöffnet haben.
    Trotzdem war er da!
    Und wie ein drohendes Verhängnis hielt er direkt auf Sibyl zu. So, als wolle er ihr einen Besuch abstatten…
    Sie wich zurück. Das Blut wich aus ihrem Gesicht. Ihr schwindelte. Da stand der alptraumhafte Fremde direkt vor dem Fenster in der Luft!
    Attraktiv sah er aus… und irgendwie böse…
    Er hob eine Hand.
    Für ein paar Sekunden hatte Sibyl geglaubt, er werde einfach durch Wand und Fenster gleiten, wie er über den Abgrund geschritten war, aber er tat es nicht. Er klopfte an.
    Nein! Er klopfte nicht, er erwartete nicht, daß Sibyl ihr Fenster öffnete, damit er herein konnte. Er mußte doch wissen, daß das technisch unmöglich war.
    Mit Zeige- und Mittelfinger schlug er gegen die Scheibe.
    Die platzte!
    Explosionsartig splitterte das Doppelglas ins Zimmer hinein, flog meterweit bis zu Sibyl. Sie riß abwehrend die Hände hoch, versuchte ihr Gesicht zu schützen. Im nächsten Moment schwang sich der Fremde über die Fensterbrüstung ins Zimmer und kam federnd mit beiden Füßen auf.
    Etwas traf ihn in den Rücken.
    Er taumelte vorwärts, breitete die Arme aus und fing sich ab. Noch einmal sah es so aus, als würde ihn ein heftiger Schlag treffen. Er drehte sich leicht, und Sibyl sah seinen Rücken.
    Er glühte!
    An zwei Stellen fraß sich Feuer in den Körper des Mannes. Aber er schrie nicht. Nur sein Gesicht war verzerrt, als spürte er unglaubliche, unerträgliche Schmerzen, und das Feuer breitete sich aus, und…
    Sie wußte, daß er Canaro hieß.
    Er sah sie an, seine Augen hielten ihre fest. Sein Blick fraß sich in ihre Seele. Sie lebte seinen Traum. Seinen Alptraum. Und das Unmögliche war Wirklichkeit.
    Das Feuer, das seinen Oberkörper fraß, verlosch. Er taumelte, brach in die Knie. Und war immer noch nicht tot, und war immer noch still. Die linke Hand streckte er aus und versuchte nach Sibyl zu greifen.
    Sie konnte den Blick nicht von ihm wenden. Canaro! wollte sie seinen Namen schreien, aber sie blieb so stumm, wie er es war.
    Seine Finger bewegten sich verzweifelt.
    Sie machte einen Schritt auf ihn zu, einen zweiten. Sie wollte sich dagegen wehren, wollte aus dem Zimmer laufen. Ruf an! Polizei! Feuerwehr! schrie es in ihr. Ruf die Nachbarn! Sie müssen dir helfen!
    Du träumst, sagte eine andere Stimme in ihr.
    Es ist die Wirklichkeit! kreischte eine dritte.
    Und sie konnte sich nicht wehren, denn Canaros Traum war doch der ihre, und sie sank vor ihm in die Knie, bis ihre Augen sich auf gleicher Höhe befanden. Diese Augen, die das Universum widerspiegelten, seine unendliche, schwarze Tiefe, eine Hölle…
    Seine Hand berührte ihr Gesicht.
    Sie wußte nicht, daß sie die Geste erwiderte, daß sie Canaros Gesicht berührte. Auch mit der linken Hand. Von Herz zu Herz entstand

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