0416 - Im Namen der Hölle
Henker, die ihre Gesichter unter Kapuzen verborgen hatten. Und wir entdeckten Jane Collins, die vor einem Richtklotz kniete, den Rücken gebeugt hielt und mit dem Kopf das Holz berührte.
Sie sollte hingerichtet werden!
Ein Henker stand schräg neben ihr. Seine wuchtige Axt hielt er bereits in den Händen, er zielte noch.
In diesen Augenblicken erlitt ich schreckliche Qualen. Wir waren zu weit entfernt, um Jane helfen zu können. Auch ein Warnschrei wäre vom Wind verweht worden. So mussten wir zuschauen, wie man eine gute Bekannte von uns tötete.
Trotzdem schrie ich.
Mein Gesicht war gezeichnet, doch die Chance war gleich null.
Bis plötzlich etwas anderes geschah!
***
Die Luft war klar, sodass sich die vier zur Hinrichtung versammelten Personen wie Scherenschnitte vor unseren Augen abhoben. Wir hatten keine Chance mehr, aber eine andere Kraft oder Macht griff ein, anders jedenfalls konnte ich es nicht bezeichnen.
Aus dem Nichts erschien plötzlich ein langer glänzender Gegenstand. Links vor dem zuschlagenden Henker jagte er aus dem Unsichtbaren hervor und traf genau.
Seitlich drang die Klinge in den Hals des Henkers. Sie trat an der anderen Seite wieder hervor, all dies konnten wir erkennen. Der Henker taumelte nach hinten, er knickte gleichzeitig um, die Hände lösten sich vom Griff der Axt, gleichzeitig wurde die Klinge wieder zurückgezogen, sodass der Kapuzenmann seine beiden Hände gegen die zwei Wunden am Hals pressen konnte.
Wir sahen ihn noch fallen, und im selben Augenblick hatten wir uns entschieden.
»Hin!« brüllte ich und drehte mich so heftig auf dem Absatz herum, dass ich gegen Riley prallte und diesen zur Seite stieß.
Unser verzweifelter Wettlauf gegen die Zeit begann.
***
Man spürt zuerst die Berührung, dann den Schmerz und anschließend nichts mehr.
Es kann gar nicht so schlimm sein, nein, es ist unmöglich, Sterben ist schön.
Jane Collins redete sich dies ein. In den letzten Sekunden reagierte ein Abwehrmechanismus ihres Körpers, der sogar die innere Angst verdrängte und sie so handeln ließ.
Der Henker schlug nicht zu!
Die Zeit verging. Sekunden wurden zu quälenden Zeiteinheiten, und Jane wartete noch immer auf diesen grausamen Hieb. Bis sich irgendwo in der Tiefe ihres Hirns ein Gedanke formte, dass wohl alles anders gekommen war, als es hatte sein sollen.
Zudem vernahm sie in ihrem Rücken tappende Geräusche, als würde jemand laufen, dabei aber große Schwierigkeiten haben. Da der Henker noch immer nicht zugeschlagen hatte, wagte Jane Collins es, drückte ihren Oberkörper hoch und drehte sich um.
Sie sah den Henker am Boden liegen. Er lag auf der Seite, seine Hände hatte er gegen die beiden Wunden am Hals gepresst, aus denen grünlich schimmerndes Dämonenblut wie zäher Sirup rann und sich auf den Steinen verteilte.
Die schwere Henkersaxt lag neben ihm. Er wollte sie auch nicht mehr an sich nehmen, denn er rollte sich zur anderen Seite hin.
Alles lief innerhalb weniger Sekunden ab, und Jane erlebte eine zweite Überraschung, denn jemand sprach zu ihr, den sie nicht sehen konnte, der aber trotzdem da war, sie sogar anfasste und aus der unmittelbaren Gefahrenzone schleifte.
»Du wirst leben, Jane! Du wirst leben.«
Das war Yakup!
Über den Körper der Frau rann eine Gänsehaut. Jane begriff überhaupt nichts mehr, das war auch nicht nötig.
»Tut mir Leid«, hörte sie Yakup sprechen. Er löste seinen Griff, und Jane fiel zurück.
Sie blieb auf dem Rücken liegen, starrte in den dunkelgrauen Himmel und sah die schwachen Umrisse eines runden Vollmonds.
Er hatte zum Zeugen ihrer Hinrichtung werden sollen, das war nun nicht eingetreten, doch die Gefahr war noch nicht vorbei.
Auch Dämonen können geschockt werden. Das war hier zu sehen. Aber sie erholen sich ebenso rasch. Und der zweite Henker war es, der die Funktion seines Artgenossen übernehmen wollte, denn er bückte sich blitzschnell und hob die Axt auf.
Der Richter war zurückgegangen, der andere Henker rollte über den Boden, kam aber wieder auf die Knie. Aus beiden Wunden rann dick das grüne Dämonenblut.
Es floss über seine Schultern, versickerte im Stoff, aber es war sehr viel, und so floss es noch an den Beinen entlang.
Der zweite Henker hielt die Waffe schräg. Er wartete auf einen Gegner, den er nicht sehen konnte, der aber in der Nähe war. Plötzlich drang abermals die Klinge aus dem Nichts und zielte auf ihn.
Der Henker duckte sich.
Getroffen wurde nur der Stoff seiner Kapuze.
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