0417 - Die Straße der Gräber
aufwärmten.
Auch Mark Tremper mußte uns erkannt haben, denn er nickte uns zu. Dabei zuckte ein Lächeln über sein gebräuntes Gesicht.
Gleichzeitig hob er die Hand, winkte lässig und tat so, als gehöre ihm die Welt.
»Scheint ein eingebildeter Typ zu sein«, murmelte Suko.
»Mal sehen.«
Wir drängten uns durch die schmalen Gänge, wichen einem Mädchen aus, das ein Tablett mit Kuchen schleppte, und blieben dort stehen, wo der Mann mit den Gelhaaren saß.
»Mark Tremper?« fragte ich.
»Aber sicher.« Er deutete auf zwei freie Stühle. Als höflicher Mensch wäre ich aufgestanden, er blieb sitzen.
Ich stellte mich vor, Suko ebenfalls. Tremper musterte ihn interessiert. »Ganz schön durchtrainiert sind Sie.«
»Man tut, was man kann.«
Ich wurde ebenfalls gemustert. »Ihnen könnte Fitneß nicht schaden, Mr. Sinclair.« Er lachte. »Aber jeder in seinem Job. Sie sind ja Polizist und beschäftigen sich mit außergewöhnlichen Ereignissen. Davon kann ich Ihnen sicher etwas berichten.«
»Deshalb sind wir hier.«
Bestimmt hätte Mark Tremper schon mit seinem Bericht begonnen, aber die Bedienung erschien und fragte nach unseren Wünschen. Suko bestellte Tee, ich entschied mich für Kaffee. Wir sahen das Mädchen weggehen, und ich sagte: »Dann erzählen Sie mal.«
Tremper trank einen Schluck von seinem Saft, nahm das Glas und drehte es zwischen den Fingern. »Es war in Frankfurt, wo ich mich wegen einiger Verhandlungen über einen neuen Film aufhielt. Ich sollte in dem Streifen die Stunts übernehmen. Es ist übrigens der Film, der hier im Schwarzwald gedreht wurde. Ich bin auch mit den Aufnahmen fertig und hatte sowieso nur wenig zu tun. Mitten auf der Straße erwischte es mich zum erstenmal. Ich mußte mich auf eine Parkbank setzen und hatte das Gefühl, ein anderer in einer anderen Zeit zu sein. Das ging alles gut, ich überwand diesen Anfall auch, bis es zu einem zweiten kam. Und zwar im Lift eines Hotels. Diesmal war der Schock größer, auch die verdammten Schmerzen. Dabei meinte ich immer, mein Innerstes wollte den Körper verlassen. Seele und Körper eine Trennung versuchen, verstehen Sie?«
Wir nickten. »Wie lief es weiter?« fragte Suko.
Mark Tremper trank wieder. »Ich erreichte mein Zimmer, öffnete auch die Tür und war überhaupt nicht im Hotel. Ich sah etwas ganz anderes, eine düstere, fremde Landschaft, ein weites Tal…«
»Und Sie sahen die Reiter!« bemerkte ich.
»Das auch.«
»AEBA?«
»Ja.«
»Wie ging es weiter?«
Er runzelte die Stirn und wartete, weil unsere Getränke gebracht wurden. »Wie es weiterging?« murmelte er, als die Kellnerin verschwunden war. »Überhaupt nicht. Ich wurde bewußtlos. Jemand vom Hotel-Personal fand mich. Irgendwie muß ein Reporter Wind von der Sache bekommenhaben. Jedenfalls wurde ich am anderen Tag interviewt, mein Bericht gelangte in eine große deutsche Tageszeitung, und prompt wurde dieser Kommissar Mallmann aufmerksam, der Sie ja alarmierte.«
»Besonders wegen der Reiter«, sagte Suko.
»Die habe ich tatsächlich gesehen.«
»Taten sie etwas?« wollte mein Freund und Kollege wissen. Über den Rand seiner Teetasse blickte er den Stuntman an.
»Nein, nichts. Sie ritten nur in das Tal hinein. Das war alles. Die Buchstaben sah ich natürlich und behielt sie auch.« Er lächelte. »Sie entschuldigen mich für einen Moment. Der Saft drängt.« Er fügte noch ein Lachen hinzu und ging.
Sehr nachdenklich trank ich meinen Kaffee. Suko wollte etwas sagen, ich winkte ab. »Jetzt nicht, Suko, ich weiß, was du meinst. Aber ich glaube diesem Mann.«
»Und weshalb?«
»Nur so, mein Lieber. AEBA denkt man sich nicht aus.«
»Es sei denn, man hat unmittelbar damit zu tun.«
»Du denkst an eine Falle?«
»Auch, John.«
»Da könntest du vielleicht recht haben. Mich jedenfalls haben diese ungewöhnlichen Anfälle dieses Mannes skeptisch gemacht. Zweimal sind sie aufgetreten, und seine Erklärung war nicht schlecht. Das Gefühl zu haben, als wollte seine Seele den Körper verlassen, das ist zumindest sehr originell.«
»Und zeugt von Phantasie.«
»Dessen bin ich mir nicht sicher.«
»Er kommt zurück«, sagte Suko.
Lächelnd nahm Tremper wieder Platz. »Na, haben Sie sich gut über mich unterhalten?«
»Das versteht sich«, gab ich zu.
»Und zu welch einem Schluß sind Sie gelangt?«
Ich lächelte sparsam. »Daß es zumindest ungewöhnlich ist, was Sie uns da berichtet haben.«
»Da liegen Sie richtig. Nur haben Tatsachen damit
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