0417 - Silbermond-Vampir
günstigen Voraussetzungen sogar Gedankengänge ihm körperlich naher Menschen erfassen oder zumindest deuten konnte, aber hierfür hätte es niemals gereicht. Hier war das Amulett der Empfänger.
Das Bild, das es Zamorra direkt übermittelte, blieb rätselhaft. Aber die Stimme in seinem Kopf war völlig klar: »ICH BIN!«
***
Bianca Aquila wurde vom namenlosen Grauen angesprungen. Fassungslos mußte sie dem Sterben Cerrones zusehen. Dieser Fremde, der aus dem Nichts gekommen war, um auf brutalste Weise zu morden, ging mit einer unglaublichen Gewissenlosigkeit vor.
Und wo war Marina?
War sie auch tot?
Bianca wollte nicht sterben. »Hol Hilfe«, hatte Cerrone ihr zugerufen. Aber wer sollte ihm noch helfen? Für ihn war doch alles zu spät!
Und Bianca hatte nichts tun können!
Sie, die nie etwas von Waffen gehalten hatte, wünschte sich plötzlich eine Pistole, um diesen Unheimlichen mit einem gezielten Schuß zu stoppen -sofern das möglich war. Sie wußte doch um die Kraft, die hinter Cerrones Fäusten steckte und trotzdem hatte Cerrone damit nicht das geringste ausrichten können. Vielleicht war dieser Alptraum von Mann mit glühenden Augen und spitzen, mörderischen Reißzähnen auch durch Kugeln nicht aufzuhalten…
Aber was sollte sie tun?
Sie mußte fliehen… sofort!
Durch die Tür ging es nicht mehr. Diesen Ausweg versperrte der Vampir, der sich jetzt nicht mehr für Cerrone interessierte, sondern seine Aufmerksamkeit Bianca zuwandte.
Ihr blieb nur eine Chance, Endlich schaffte sie es, ihre Erstarrung zu überwinden. Sie stürmte zum Fenster, riß es auf. Der Vampir bewegte sich nicht. Reglos stand er da, sah sie nur an. Mit einem Sprung flankte Bianca nach draußen. Sie brachte es sogar noch fertig, das Fenster hinter sich wieder zuzuziehen. Nur verriegeln konnte sie es von außen natürlich nicht.
Der Vampir bewegte sich immer noch nicht.
Bianca rannte um das Haus. Vorn war die überdachte Stellfläche für die beiden Autos. Der Fiat Regata-Kombi war nicht abgeschlossen und startbereit, wie sie sich erinnerte. Der Schlüssel mußte noch stecken. Sie hatte am Abend vergessen, sich darum zu kümmern, wie es ihr schon einige Male passiert war. Jedesmal hatte sie anschließend Vorhaltungen zu hören bekommen. Aber diesmal war sie froh darüber.
Sie mußte an der Haustür vorbei, um zu den Autos zu kommen. Die Haustür stand offen. Und im Türrahmen ragte die dunkle Gestalt mit den glühenden Augen auf! Der Vampir hatte den kurzen Weg durchs Haus genommen. Gerade so, als habe er gewußt, daß sie nicht in den Wald flüchten würde.
Konnte der Unheimliche ihre Gedanken lesen?
Sie duckte sich, konnte seinem Blick dadurch aber auch nicht entgehen. Sie tauchte zwischen dem Fiat und dem betagten Lancia-Coupé unter, riß die Tür des Kombis auf und schnellte sich auf den Fahrersitz.
Der Wagen sprang auf die erste Schlüsseldrehung an.
Gang einlegen! Gas geben!
Sie konnte es kaum glauben, daß der Vampir immer noch nichts tat, um sie aufzuhalten. Träumte sie ihre Flucht nur?
Der Fiat jagte über die Ausfahrt auf die schmale Privatstraße, die zur Hauptstraße führte. Tief unten sah sie an einer Stelle das Wasser des Tanagro, der sich unterhalb von Buccino durchs Tal schlängelte. Aber dann war hinter der Kurve das Blitzen des Flusses schon wieder von den Bäumen verdeckt.
Immer noch keine Verfolgung…?
Da griff etwas nach ihrem Geist. Etwas Unheimliches packte blitzschnell zu und zwang sie, die Augen zu schließen.
Sie fuhr blind!
Und die nächste Kurve flog heran. Bianca riß verzweifelt am Lenkrad und bremste. Aber sie schaffte die Kurve blind nicht mehr. Der Wagen schleuderte, rutschte von der Fahrbahn und krachte quer gegen die Bäume. Der heftige Ruck schleuderte Bianca hin und her, und sie verlor die Besinnung.
Als sie die Augen wieder öffnete, riß jemand die Fahrertür aus der Karosserie des Wagens…
***
So wie Professor Zamorra von seinem Amulett den fremden Gedankenimpuls zugespielt bekam, den er nicht zu deuten wußte, erhielt Sid Amos diesen Impuls gleich von drei Amuletten übermittelt. Sieben Amulette hatte Merlin einst nacheinander geschaffen, und die ersten drei, die zugleich auch die schwächsten und unvollkommensten waren, hatte Merlins dunkler Bruder Sid Amos in seinen Besitz gebracht. Eines war immer stärker als das andere, und entsprechend unterschiedlich stark kam das intensive Ich bin! bei Amos an.
Er war neben Nicole Duval der zweite, der sofort wußte, worum
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