0417 - Silbermond-Vampir
Amulett und die Macht, die es ihm verlieh, verzichten wollte. Er mußte eine Möglichkeit finden, Eysenbeiß aus dem Amulett hinauszuzwingen.
Und wurde durch diese Überlegungen auf eine völlig falsche Spur gelenkt…
***
Zamorra lauschte.
Hangabwärts brach sich immer noch der Mann in Schwarz seine Bahn durch das Unterholz, und der Ewige folgte ihm kaum weniger geräuschvoll. Der Lärm, den die beiden machten, übertönte mögliche Geräusche, die es Zamorra ermöglicht hätten, Nicole zu folgen.
Die Lichtverhältnisse reichten hier nicht mehr aus, abgeknickte Zweige zu erkennen. Nicole hatte sich den richtigen Platz ausgesucht, um zu verschwinden. Warum hatte sie es getan?
Der Vampirkeim! Sollte sie auf Jagd gegangen sein? Zamorra fühlte, wie es eiskalt in ihm aufstieg. Alles in ihm verkrampfte sich. Nicole durfte nicht zur Jägerin werden. Denn dann würde sie endgültig verloren sein. Es mußte eine andere Lösung geben. Blutkonserven vielleicht, wenn die Gier übermächtig wurde…
»Nicole?« flüsterte er.
Aber der nächtliche Wald antwortete nicht. Der Lärm, den Omikron Yared und der Roboter machten, verklang langsam in der Ferne, aber inzwischen war Nicoles Vorsprung längst groß genug.
Hat sie kein Vertrauen mehr zu dem Mann, der sie liebte? Er seufzte. Es gab im Moment keine geistige Verbindung mehr. Manchmal konnte er Nicole in seiner Nähe fühlen, ohne effektiv zu wissen, daß sie da war. Aber jetzt schien es, als sei das Band vollständig zerrissen worden.
»Nicole…«
Aber er wußte, daß sie auf seinen Ruf nicht mehr antworten würde. Sie hatte eine Entscheidung getroffen, und er konnte sie nicht finden. Er versuchte das Amulett einzusetzen, aber irgendwie sperrte es sich diesmal. Es leitete ihn nicht zu ihr.
Wollte es nicht in die Zwangslage gebracht werden, notfalls gegen sie kämpfen zu müssen?
Er murmelte eine Verwünschung. Aber das Amulett, das sich manchmal in Form von Gedanken in seinem Kopf artikulierte, schwieg sich aus.
Müde wandte er sich ab und folgte Omikron durch die von dem Roboter gebahnte Schneise. Er hatte einen nicht unbeträchtlichen Vorsprung aufzuholen…
Und er hatte Angst um Nicole…
***
»Ich bin«, wiederholte Lucifuge Rofocale die Worte, die auch in ihm, dem Träger des 5. Amuletts, aufgeklungen waren. »Aber wer bist du? Wer hat sich da gemeldet und seine Existenz erklärt?«
Der in diesem Bereich der Hölle zweitmächtigste Dämon, unmittelbar unter dem Kaiser LUZIFER selbst, wußte mit dem Impuls nichts anzufangen. Trotz all seiner Macht und all seiner Informationen, die ihm stets von überall her zugetragen wurden, fehlte ihm hier die Möglichkeit, Rückschlüsse zu ziehen und Verbindungen zu sehen.
Wer mochte der Geheimnisvolle sein, der sich kurz bemerkbar gemacht hatte? Lucifuge Rofocale war sicher, daß es Wesen gab, die das mitgesandte Bild deuten konnten. Aber unter ihnen würde kein Dämon sein. So brauchte er Leonardo deMontagne erst gar nicht herbeizuzitieren, um ihn zu befragen. Es war sicher, daß auch der nichts wußte.
Lucifuge Rofocale versuchte über sein Amulett den Impuls zurückzuverfolgen, aber es gelang ihm nicht. Er stieß auf eine Sperre, die selbst seiner Magie Grenzen setzte. Da wußte er, daß ihm nichts anderes übrig blieb, als abzuwarten. Irgend wann würde sich die Lösung dieses Rätsels vielleicht von selbst ergeben…
***
Nicole spürte, daß sie dem Drang nicht mehr lange widerstehen konnte. Er wurde immer unerträglicher. Den teuflischen Fluch des Vampirzaubers in sich zu spüren und Zamorra als potentielles Opfer vor sich zu sehen, verkraftete sie nicht länger. Sie wollte nicht gezwungen werden, über ihn herzufallen. Wahrscheinlich würde er sich gegen sie nicht einmal zur Wehr setzen können…
Es war besser, sich aus seiner Nähe zu entfernen. Und so nutzte sie einen Augenblick, in dem der vor ihr gehende Gefährte abgelenkt war, und verschwand an einer Stelle, die es ihr ermöglichte, so lautlos wie möglich unterzutauchen.
Im Dunkeln sah sie so gut wie bei Tage, eine weitere Eigenschaft, die sie dem Vampirismus verdankte, sofern es überhaupt einen Grund zum Dank gab. Sie verfluchte den MÄCHTIGEN Coron dafür, daß er sie auf dem Silbermond mit seinem Zauber belegt hatte. Aber dadurch war ihr auch nicht geholfen.
Sie hörte Zamorra nach sich rufen, spürte die Gefühlsfront, die von ihm ausging und sie zu überlappen versuchte. Aber sie wich aus, entzog sich seinen Empfindungen. Vorläufig
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