0418 - Das Richtschwert der Templer
bereits im Halbkreis gegen ihn schwang.
Jorge wollte weg, aber der Mönch hielt ihn fest.
Plötzlich spritzte Blut. Das Schwert hatte den Killer an der Schulter erwischt. Mochte die Waffe auch noch so alt sein, von ihrer Schärfe hatte sie nichts verloren.
Der Rothaarige riß seinen Mund auf. Zunächst dachte ich, daß er nicht schreien würde, dann wurden die Schmerzen übermächtig, und sein Schrei hallte mir furchtbar und markerschütternd entgegen.
Der Mönch war nur auf seine Aufgabe konzentriert. Deshalb schwang er die Waffe noch einmal herum.
Da der andere ihn losgelassen hatte, hielt er sie mit beiden Klauen fest und schwang sie wesentlich kraftvoller als beim ersten Hieb.
Diesmal ließ er Jorge keine Chance.
Ich wurde Zeuge einer schrecklichen Tat. Die Leiche des Killers sank vor dem Sarg zusammen.
Der Mönch hatte seine Aufgabe erfüllt. Er stand da, starrte auf den Toten, dann auf die Klinge und drehte sich mit einer schwerfällig wirkenden Bewegung herum.
Für mich zeigte er kein Interesse. Außerdem wußte ich nicht, ob er mich überhaupt gesehen hatte. Ihn interessierte der Sarg. Mit einer behutsam wirkenden Geste hob er die schwere Klinge an und legte sie wieder auf die Leiche.
Vom Starren in die Tiefe brannten meine Augen. Leider war es nicht hell genug, um den Griff genauer erkennen zu können. Ob sich auf dem Griff der Waffe die gleichen Zeichen wie auf meinem Kreuz befanden, wußte ich deshalb nicht.
Zudem hatte ich andere Sorgen.
Meine Lebensuhr lief ab.
14 Minuten noch.
Ich erschrak zutiefst, als mir das Zifferblatt des Sprengstoff-Weckers diese Zeit anzeigte. Und bis jetzt war es mir nicht gelungen, die Fesseln zu lockern.
Ich hatte zwar etwas mehr Spielraum – an den Händen saßen die Stricke nicht mehr so fest –, ansonsten mußte ich weiterhin Zuschauer des Geschehens bleiben und konnte nur auf meinen Tod warten.
Die Angst blieb. Sie überdeckte alles. Selbst meine Neugierde. Ich starrte häufiger auf den Wecker als in die Tiefe und versuchte weiterhin verzweifelt, die Stricke loszuwerden.
Reichte die Zeit?
Längst hatte ich mir die Handgelenke aufgescheuert. Aus den Wunden rannen kleine Blutfäden.
Nein, ich hatte keine Chance. Diesmal würde Akim Samarans teuflischer Plan aufgehen.
Und die Zeit verging. Der verdammte Sekundenzeiger lief weiter. Jeder kleine Abschnitt, den er zurücklegte, war für mich so, als würde ich ein Stück Leben verlieren.
Bis zum bitteren Ende…
Noch 13 Minuten!
Ich stöhnte auf. Es waren die innerliche Spannung und Angst, die mich so reagieren ließen. Hinzu kam das böse klingende Ticken, eine perfekte Untermalung für das Ablaufen meiner Lebensuhr.
Am liebsten hätte ich meine Angst hinausgebrüllt. Andere Menschen taten so etwas, vielleicht hatte ich schon zu tief in ausweglosen Situationen gesteckt, um mich noch artikulieren zu können.
Jedenfalls riß ich mich so zusammen, daß es schon unnatürlich war.
Ich blickte wieder in die Tiefe. Es war vielleicht besser, wenn ich mich ablenken ließ.
Der Wächter hatte das Schwert wieder an seinen dafür bestimmten Ort gelegt. Weshalb es seinen Platz auf der Brust der Mumie gefunden hatte, darüber konnte ich nur spekulieren. Möglicherweise war es als Belohnung für denjenigen gedacht worden, der sich bei seiner Suche nach dieser Waffe eine so große Mühe gegeben hatte.
Der Wächter zog sich wieder zurück. Ich sah, wie er sich drehte.
Die Kapuze hatte er über den Kopf gestreift, er ging den ersten Schritt, dann aber blieb er stehen.
So plötzlich und unerwartet für mich, daß ich selbst nicht daran glauben konnte und gleichzeitig überrascht war und an mein eigenes Schicksal nicht mehr dachte.
Ich beobachtete ihn weiter. Er hatte den Kopf gedreht wie ein Tier, das Witterung aufnahm. Dieser Wächter aber blickte direkt auf die Seite der Treppe, als würde wiederum von dort jemand erscheinen.
Ich mußte den Kopf drehen, um dorthin schauen zu können, erkannte dann einen Schatten, mehr eine huschende Bewegung, und einen Moment später gerieten zwei Beine in mein Blickfeld.
Mehr noch.
Ein Körper, ein Gesicht, ein Mann.
Es war Suko!
***
In diesen Augenblicken setzte bei mir trommelnder Herzschlag ein.
War es die Freude darüber, daß ich meinen Freund wiedersah?
Doch würde er es schaffen können, mich aus dieser verdammten Lage zu befreien? Kaum.
Dennoch rief ich ihn an, denn er hatte mich bisher noch nicht entdeckt. Sein Blick war auf den offenen Sarg, den toten Killer
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