0418 - Zwei Orchideen für eine Tote
bot mir einen Kaugummi an. Ich nahm ihn, um ihn nicht zu kränken.
In der ›Fata Morgana‹, wie der Ex-Catcher seine Kneipe nannte, war zu dieser Stunde nicht viel los. Außer ein paar fetten grünschillernden Fliegen, dem muskelbepackten, kahlköpfigen Wirt und vier zerlumpten Wermut-Brüdern atmete niemand die säuerliche Luft.
Wir stellten uns an die fleckige Theke. Der Catcher kannte uns.
»Hallo«, brummte er. »Whisky?«
»Aus sauberen Gläsern«, sagte Phil nickend.
Johnny, der Würger, schluckte solche Bemerkungen, ohne sich gekränkt zu fühlen.
»Sucht ihr wen?«
Ich sah mich vorsichtig um. Zwei der Penner schliefen, die Köpfe auf die Tische gelegt, die Wermutflaschen noch ■ im Schlaf umklammert. Der dritte brabbelte halblaut vor sich hin und sah sehr zufrieden aus. Ich hatte nicht den Eindruck, daß er was aufschnappen konnte.
»War Floyd schon hier?« fragte ich leise.
Johnny nickte. »Hat hier gefrühstückt. Hatte Geld.«
Das war sicherlich der Rest von den fünf Dollar, die ich ihm am Vorabend gegeben hatte.
»Kommt er heute noch mal ‘rein?«
»Keine Ahnung. Aber wenn ihr zu ihm wollt, könnt ihr doch in seine Bude gehen.«
»Was? Er hat ein Zimmer«, staunte ich.
»Nicht direkt«, verbesserte sich Johnny. »Er hat sich in einem Keller in der Pell Street eingenistet. Er sagt, es wäre dort herrlich kühl. Die Kohlen stören ihn nicht.«
»Welche Kohlen?« fragte Phil irritiert.
»Na, die im Kohlenkeller.«
»Ach so.«
»Weißt du die Hausnummer?« fragte ich
»Im Nachbarhaus ist ‘ne Wäscherei. Ihr könnt ‘s gar nicht verfehlen. Die Nummer weiß ich nicht.«
Wir dankten und bezahlten unseren Whisky. Ich achtete darauf, daß das Trinkgeld großzügig ausfiel.
Es waren nur wenige Schritte bis zur Pell Street. Ihr Gesicht ähnelte dem der Bayard Street wie ein Zwilling. Wir fanden die Wäscherei, die von kleinen gelbhäutigen und offenbar sehr fleißigen Menschen betrieben wurde. Ihre Kundschaft kam bestimmt nicht aus dieser Gegend, denn hier wusch man sich nicht mal die Hände.
»Dort muß es sein.« Phil deutete auf zwei Kohlenrutschen, die in den Keller des Nachbarhauses führten.
»Mal sehen, ob der Herr des Hauses anwesend ist.«
Wir steuerten auf die Kohlenrutschen zu. Aber noch bevor wir das Haus erreicht hatten, sah ich Floyd Snack. Er keim von links die Straße herunter und schien nicht mehr ganz nüchtern zu sein.
Wir warteten, bis er vor uns stand. Er bemerkte uns erst im letzten Augenblick, kniff die kleinen Augen zusammen, stieß unmanierlich auf und sagte: »Hallo, G-men, verdammt heiß heute.«
»Wir haben was zu besprechen, Floyd. Komm mit zu Johnny. Wir trinken einen Kaffee, damit du nüchtern wirst.«
»Kaffee… Brrrrr…« Er verzog das Gesicht. »Ich brauche einen Whisky. Habe heute noch keinen Schluck getrunken.«
»Wahrscheinlich sieht er so aus, wenn er nüchtern ist«, sagte Phil leise. »Es ist genau ungekehrt als bei einem normalen Menschen.«
»Sehr richtig, G-man«, ließ sich der filzhaarige Penner vernehmen. »Wenn ich völlig nüchtern bin, ist mir immer so verdammt elend. Ich kann dann gar nicht klar denken. Ich…«
»Wir haben ein Gegenmittel mitgebracht«, sagte ich. »Cutty Shark. Herrlicher Scotch.«
Floyds Augen leuchteten, als ob jemand ein Licht hinter den Pupillen angeknipst. »Was wollt ihr wissen?«
»Edgar Lubbing«, sagte ich halblaut. »Wir suchen ihn. Er hat den Bankräuber umgebracht und sich das Geld unter den Nagel gerissen. Weißt du, wo er steckt?«
Floyd schüttelte den Kopf. »Ich kenne den Burschen. Ich weiß auch, daß er hier ist. Aber ich weiß nicht, wo.«
»Du suchst ihn«, sagte ich eindringlich. »Fragst deine Freunde! Wir müssen den Mann finden.«
»Geht in Ordnung.« Floyd leckte sich über die Lippen. »Wo ist die Flasche?«
»Komm mit zum Jaguar.«
Zu dritt stiefelten wir los. Ich nahm die Flasche aus dem Jaguar und gab sie dem Penner. Dann steckte ich ihm noch ein paar Dollar zu.
Ployd Snack bedankte sich überschwenglich und versprach, uns bald zu benachrichtigen. Dann verschwand er mit seiner Flasche, und sicherlich würde ihn der Alkohol so in Fahrt bringen, daß er noch heute abend durch sämtliche Kneipen zog, mit den Pennern und Wermut-Brüdern flüsterte, sich umhorchte, in Absteigen und billigen Hotels nachfragte, sich bei den Straßenmädchen umhörte und nichts unversucht ließ, um etwas über Edgar Lubbing zu erfahren.
Wir fuhren zum FBI-Gebäude zurück und verbrachten den
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