0418 - Zwei Orchideen für eine Tote
die bald kommen mußten. Vom Brooklyner Himmel strahlte erbarmungslos die Mittagssonne.
Ich fühlte mich, als werde ich in meinem Anzug gekocht.
Phil ging es nicht viel besser. Seufzend wischte er sich von Zeit zu Zeit die Schweißbäche aus dem Gesicht. Er hatte vorsorglich drei Taschentücher mitgebracht.
»Hammer ist gefährlich, aber nicht so raffiniert wie ein echter Profi«, sagte ich leise. »Diese Ecke ist dumm gewählt. Eine Mausefalle für ihn.«
»Der Bursche verläßt sich ganz darauf, daß die Vanders die Polizei aus dem Spiel lassen.«
»Wenn das stimmt, was wir vermuten, Phil, dann ist es mindestens sein drittes Verbrechen. Vor zwanzig Jahren Chuck Byron, dann die eigene Frau und jetzt das Kidnapping.«
»Warum hat er wohl seine Frau umgebracht?«
Ich zuckte die Achseln. »Vielleicht war sie ihm im Wege. Die beiden haßten sich. Das hast du selbst gesehen.« Ein Zitronenfalter flatterte an uns vorbei. Er taumelte honigtrunken von Blüte zu Blüte, ließ sich dicht neben mir auf einen weißen Kelch nieder und wippte mit den zarten Flügeln.
Ich schaute auf die Uhr. Es war zwei Minuten vor vier.
Die Sekunden schlichen dahin.
Plötzlich packte Phil meinen Arm. »Er kommt.«
Auch ich hörte das leise Hüsteln. Es war zwischen uns und William Vanders verabredet. Der Mann kam den schmalen Pfad zwischen den Büschen entlang. Der Pfad endete vor dem Teehaus.
Jetzt erschien Vanders in unserem Blickfeld.
Ohne sich umzublicken, mit bleichem, schweißnassem Gesicht, ging der Mann zur linken Seite der kleinen Hütte und setzte dort einen mittelgroßen, braunen Lederkoffer ins Gras, Der Koffer enthielt tatsächlich fünfzigtausend Dollar.
Wir hatten uns darauf geeinigt, in diesem Punkt der Forderung des Erpressers nachzukommen. Es war für den schlimmsten Fall gedacht. Für den Fall, daß Hammer uns irgendwie übertölpelte, uns irgendwie ausschaltete. Hatte er das Geld, so bestand dann immerhin noch der Hauch einer Chance für den kleinen Bob.
Nachdem Vanders den Koffer abgesetzt hatte, machte er kehrt und verschwand auf dem gleichen Wege, auf dem er gekommen war.
Wir warteten.
Aber Hammer kam. Genau ein Viertel nach vier kam er wie ein harmloser Spaziergänger den Pfad herab.
Hammer pfiff leise vor sich hin, wandte den Kopf nach rechts und nach links, schien sich an den blühenden Büschen und der strahlenden Sonne zu erfreuen, blieb vor dem Teehaus stehen, legte die Hand auf die Klinke der vernagelten Tür, umrundete vorsichtig das Gebäude, schaute nach allen Seiten, ging an dem Koffer vorbei, ohne ihn zu beachten.
Der Kerl dehnte das Spiel mehrere Minuten aus. Dann schien er plötzlich einen Entschluß zu fassen.
Hammer wieselte zu dem Koffer, riß ihn an sich, stolperte los, wollte in den Pfad tauchen.
Aber dort standen plötzlich, mit Pistolen in den Händen und wie aus dem Erdboden gewachsen, zwei unserer Kollegen.
Hammer warf sich herum, spurtete los und prallte heftig gegen mich.
Ich packte den Kerl am Aufschlag seines Mantels.
Ein Fausthieb traf mich gegen die Brust. Aber ich hielt den mit verzerrtem Gesicht wild um sich keilenden Mann fest. Er versuchte, mir das Knie gegen dep Magen zu rammen. Ich wich zur Seite aus. Phil trat Hammer das Stand bein weg, und der Verbrecher stürzte zu Boden.
Dann klickten die Handschellen.
Fünf Minuten später wußten wir, wo Bob steckte. Mit Rotlicht und Sirene brausten wir zu dem verlassenen Schuppen. Wir fanden den Jungen unversehrt aber mit Heftpflaster gefesselt und geknebelt. Er steckte in einem muffigen Verschlag.
Noch am gleichen Tage legte Elroy Hammer ein umfassendes Geständnis ab. Er gab zu, den jungen Chuck Byron in der Nacht zum 8. Februar im Jahre 1944 erstochen zu haben.
Hammer gestand den Mord an seiner Frau, nannte uns die Motive.
Seine letzte, verzweifelte Tat war die Entführung des kleinen Bob.
Die Ärzte, die den Doppelmörder und Kidnapper Elroy Hammer wochenlang untersuchten, bescheinigten ihm, daß er voll verantwortlich für seine Taten sei Zu einer Verhandlung kam es nicht mehr. Hammers Lebensuhr lief schneller ab, als er und die Ärzte es sich vorgestellt hatten.
Elroy Hammer starb am 18. November im Gefängnis-Hospital.
ENDE
Weitere Kostenlose Bücher