0418 - Zwei Orchideen für eine Tote
Ich…«
»Wer spricht denn dort?« wollte der Arzt wissen.
»Elroy Hammer. Ich…«
»Aber, Mister Hammer«, sagte der Arzt freundlich, »es ist schon sehr spät. Fehlt Ihnen etwas? Wenn's dringend ist, schaue ich noch bei Ihnen vorbei. Wenn nicht, dann kommen Sie doch bitte in meine Praxis.«
»Doc«, sagte Hammer beschwörend, »drücken Sie sich nicht um eine Antwort. Ich will wissen, was mit mir los ist. Ich habe ein Recht darauf.«
»Worum geht es denn?«
»Meine Frau hat mir eben eröffnet, daß ich unheilbar krank bin. Daß ich einen inoperablen Tumor habe. Ich hätte nur noch ein Jahr zu leben.«
Sekundenlang war es still am anderen Ende der Leitung. Dann räusperte sich der Arzt. »Bitte, geben Sie mir Ihre Frau an den Apparat, Mister Hammer.«
»Also doch«, sagte Elroy. Er ließ langsam die Hand sinken und legte fast behutsam den Hörer auf die Gabel.
Margret Hammer saß auf der Couch und rührte sich nicht. Nur die kalten Augen verfolgten jede Bewegung des Mannes.
Langsam drehte sich Elroy Hammer um, schritt wie ein Traumwandler durch den Raum, baute sich vor seiner Frau auf und blickte starr auf sie hinab.
»Ich danke dir, Margret«, sagte er langsam. »Ich danke dir dreimal verfluchten Kreatur, daß du so offen und ehrlich zu mir bist.«
Dann wandte er sich ab und verließ das Zimmer.
Elroy Hammer ging ins Bad, wusch sich — wie jeden Abend, putzte sich die Zähne — wie jeden Abend. Er entkleidete sich, zog einen frischen Schlafanzug an und legte sich ins Bett.
Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf und dachte nach.
Die Fenstervorhänge waren nicht geschlossen. Durch die Gardinen fiel das milchige Licht der im Nacht wind leicht schwankenden Bogenlampen. Das Licht malte Kreise und verzerrte Figuren an die Decke. Es schienen Grimassen zu sein, die Elroy Hammer angrinsten. Plötzlich fühlte der Mann, wie eine Faust sein Herz zu umklammern schien. Er richtete sich im Bett auf, knipste das Licht der Nachttischlampe an, beruhigte sich langsam.
Er wurde allmählich immer ruhiger und dachte mit einem seltsamen Unbeteiligtsein über seine Lage nach. Ihm war, als prüfe er das Schicksal eines Fremden, als sei es gar nicht er selbst, dessen Tage gezählt waren. Noch ein Jahr blieb ihm. Er wollte es nutzen. Er wollte alles nachholen, was er bisher versäumt hatte. Sein letztes Jahr sollte die Zeit werden, in der er sich alle Wünsche erfüllte.
Wünsche… Es waren nicht viele. Aber bislang war die Erfüllung unerreichbar gewesen.
Elroy Hammer begann systematisch zu denken, begann, sich über seine Wünsche klar zu werden.
Zuerst wollte er von der Frau loskommen, an die er seit nahezu der Hälfte seines Lebens gekettet war. Dann wollte er sich mit Janet, mit seiner Geliebten, ein herrliches Jahr machen. Florida. Die Westküste. Hawaii. Ein Leben wie ein Rausch. Ein letzter aufflackemder Funke. Ganz intensiv mußte man alles erleben — wie im Zeitraffer.
Aber dazu brauchte er Geld. Und außer den wenigen Dollar, die ihm seine Frau monatlich als Taschengeld zur Verfügung stellte, war er völlig mittellos.
In dieser Nacht faßte Elroy Hammer den Entschluß, zum zweiten Mal in seinem Leben zu morden.
Er wollte seine Frau umbringen. Es sollte wie Selbstmord aussehen. Die Polizei würde keinen Verdacht schöpfen. Alles mußte glaubhaft erscheinen.
Der Sohn ein Schwerverbrecher. Der Ehemann todkrank. Das mußte als Motiv überzeugen. Für eine schwachnervige, depressive Frau reichte das aus, um sich das Leben zu nehmen.
Hammer wußte, daß seine Frau noch kein Testament gemacht hatte. Außer ihm und Vincent gab es keine erbberechtigten Verwandten. Vincent kam nicht mehr in Frage. Wenn ihn die Polizei erwischte, war ihm der Elektrische Stuhl oder zumindest langjährige Zuchthausstrafe sicher. Folglich kam nur der Ehemann als Erbe in Betracht.
Elroy Hammer lächelte vor sich hin. Er sah sich im Geiste bereits mit Janet Queed in Hawaii. Unter Palmen. An einem weißsandigen, sonnigen Strand. Whisky. Janet. Medikamente, die unter das Rauschgiftgesetz fielen, die man aber auf dem schwarzen Markt für harte Dollar bekommen konnte. Das ■ alles würde ihn vergessen lassen, daß seine Tage, knapper wurden.
Elroy Hammer begann seinen Mordplan zu entwerfen.
Er war Schachspieler, ging logisch vor, übersah nichts, deckte jeden Zug.
Ihm kam eine Idee, die ihn mit Begeisterung erfüllte. Er malte sich die Einzelheiten aus.
Elroy Hammer lag noch lange wach. Als seine Frau ins Bett kam, stellte er
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