0420 - Sie holten sich den grauen Joe
als Henry Mullen vorstellte, Generalsekretär und Veranstaltungsleiter. Diensteifrig führte er den Neuankömmling zu einer Reihe von gewichtigen Teilnehmern hin. Man sprach überall ein paar verbindliche Worte. Don Rosoff schien neu in diesem Gremium zu sein. Man tat zwar so, als kenne man seinen Namen, doch wenn er weg war, trafen ihn neugierige Blicke.
Mit Kennermiene stand er neben den Glasvitrinen. In aller Ruhe steckte er sich eine dicke Zigarre an und blies Mr. Mullen den Rauch mitten ins Gesicht. Hustend würgte dieser nach frischer Luft.
Ohne darauf zu achten, ließ sich Don Rosoff, Juwelier und Diamantenhändler aus Mexiko City, die wertvollsten Stücke und ihren Preis bezeichnen. Er machte ein paar Notizen und nickte gleichgültig.
Kurz darauf näherte sich diskret ein Kellner und bat ihn mit der Meldung, der Gouverneur wollte ihn sprechen, ans Telefon. Verdutzt sah ihm Henry Mullen nach, der ein großes Geschäft witterte. Wenn auch diese Südländer nicht die feine Lebensart der oberen Zehntausend der Ostküste besaßen, so hatten sie doch meistens den Vorteil, über genügend Kleingeld zu verfügen, um Millionenabschlüsse zu tätigen.
Sanft wie ein Vorhang schloss sich die ledergepolsterte Tür hinter Rosoff. Er nahm den weißen Telefonhörer in die Hand und schob die Manschette zurück. Ein Blick auf die Uhr zeigte, dass es dreißig Sekunden nach halb acht war. Es dunkelte bereits. Er nickte zufrieden vor sich hin.
Als er weitere drei Minuten später die Telefonzelle wieder verließ, war er bestens aufgelegt. Umständlich holte er sein Zigarrenetui aus der inneren Jacketttasche und zählte die kostbaren Stücke. Es waren genau acht, und er war sicher, nicht zu wenig mitgenommen zu haben. Sein Stumpen glimmte noch.
Er schob das Etui in die äußere Jackentasche.
Danach machte der Mexikaner einen Rundgang und besah sich interessiert die Räumlichkeiten. Das Gebäude war etwas verwinkelt und wenig übersichtlich. Nachdenklich trat er an eines der Flurfenster, die zum rückwärtigen Garten führte. Niemand beobachtete ihn, wie er den Vorhang etwas zurückschob und den Fensterriegel öffnete. Bis zum Rasen war es nur ein Yard. Man konnte bequem einsteigen, ohne Kopf und Kragen riskieren zu müssen.
Don Silvio Rosoff hatte noch 21 Minuten Zeit. Dann würde sich der Speisesaäl füllen und Mr. Henry Mullen mit rotem Kopf das Glas auf den ersten Ehrengast heben und einen Toast ausbringen. Ob er den ersten Toast erhielt? Don Rosoff zweifelte daran, und er hatte gute Gründe dafür. Allerdings konnte Mr. Mullen davon nichts wissen.
Er war gerade damit beschäftigt, eine sechsstellige Summe in seinem Notizbuch zusammenzuzählen und sich vergnügt die Hände zu reiben.
***
Lieutenant Rice war bekümmert. Er sah mich sorgenvoll und ungläubig an. Sein guter Glaube an das ruhige Provinznest schien erschüttert. Ich fragte mich, ob er die Schuld nicht in meiner bloßen Anwesenheit suchte. Trotzdem schien er mir langsam Glauben zu schenken.
Wir überlegten gemeinsam, welchen Coup die Gang Vorhaben konnte, zu der Ciro Ellis gehörte. Wir hatten seinen Namen und die Fingerabdrücke. Außerdem seine Pistole, die Dynamitpakete und den zerbeulten Wagen, der vor sechs Stunden in Princeton gestohlen worden war. Das war vorläufig alles. Ciro hatte keine weiteren Auskünfte gegeben; Auf alle Fragen hatte er nur ein Achselzucken und ein unverschämtes Grinsen.
Wir hatten ihn in die Zelle gesperrt und das Protokoll dem Untersuchungsrichter vorgelegt, der sofort Haftbefehl erlassen hatte. Auf meine telefonische Anfrage bei unserer Zentrale in New Yorks 69. Straße war noch keine Antwort gekommen. Wir hatten die verschlüsselten Prints von Ciro und seinem Komplizen durchgegeben und Alarmstufe 1 angesagt. Jetzt überlegten wir unsere weiteren Schritte.
Tipton-Gil war dem Lieutenant nicht bekannt. Er schien erst kürzlich eingetroffen zu sein, wenn der Name nicht überhaupt von Braniff erfunden worden war. Gegen den Wirt selber lag nichts vor. Er führte die Kneipe dort seit drei Monaten. Übernommen hatte er sie von einem Chinesen.
Ich bewog den Lieutenant, mit mir Braniff aufzusuchen. Denn dass er seine Finger in dem Komplott hatte, ließ ich mir nicht ausreden. Die Falle hatte zu gut funktioniert.
Ich ließ den Jaguar diesmal beim Polizeiquartier stehen und fuhr im Funkwagen mit. Es sollte eine offizielle Vernehmung werden. Elegant kurvte Rice den Chevy bis dicht an die Eingangstür und hielt mitten in einer
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