0422 - Der Kopfjäger von Manhattan
dunkelblauen Clubjacke fehlten ein paar goldene Knöpfe, und die hellgraue Hose bestand fast nur aus Fetzen, so daß man die blutigen Knie und einen Teil der Waden sah.
Phil und ich sprangen gleichzeitig von unseren Stühlen auf, jagten um die Schreibtische herum und rückten den bequemsten Stuhl zurecht.
»Um Himmels willen, Mann, wie sehen Sie denn aus?« rief mein Freund.
Der Fremde ließ sich dankbar auf den Stuhl gleiten und öffnete die aufgeschlagenen Lippen.
»Erst ihr«, kam es krächzend aus seinem Munde, »dann auch noch das Syndikat! Das wird mir zuviel…«
Phil und ich sahen uns verständnislos an. Wir und das Syndikat? Was hatte das FBI mit dem Syndikat gemeinsam?
»Wer sind Sie denn?« fragte ich.
Er holte rasselnd Luft. Dann sagte er resignierend:
»Ich heiße Johnny Miller.«
***
»Komm ‘rein, Sniff«, sagte Blancher und fing an, seinen blauen Trenchcoat auszuziehen. Er betrachtete interessiert ein Loch mit verkohlten Rändern in der rechten Tasche. »Ich wollte mich gerade ausziehen und ins Bett. Setz dich.«
»Danke, Danny«, erwiderte Gayton und ließ sich erschöpft in einen Sessel fallen. »Ich bin ziemlich fertig.« Blancher warf seinen Trenchcoat achtlos in eine Ecke, bot Gayton Zigaretten an und betrachtete ihn lauernd. »Fertig? Wieso? Ist was passiert?«
»Nein, eigentlich nicht«, murmelte Gayton und beschäftigte sich mit seiner Zigarette. »Ich bin nur den ganzen Tag auf den Beinen gewesen. Aber ich wollte nicht ins Bett, bevor ich noch mit dir gesprochen hatte. Ich war heute abend schon mal hier, aber du warst nicht zu Hause.«
»Nein, ich war aus«, sagte Blancher kurz. »Was gibt es denn, was so wichtig ist, daß es noch zu nachtschlafener Zeit durchgehechelt werden muß?«
Glayton schlug die Beine übereinander und sah sinnend dem Rauch seiner Zigarette nach. Er schien nachzudenken, wie er seine Gedanken am besten formulieren sollte. Schließlich fragte er: »Was hältst du von Rocky Adams?«
Danny ließ Wasser in einen Teekessel laufen und stellte ihn auf einen kleinen Elektroherd. Mit abgewandtem Gesicht blieb er am Herd stehen. »Na, das ist mal eine Frage!« rief er belustigt aus. »Was soll ich von Rocky halten? Er hat uns ein paar Wochen lang regelmäßig mit Morphium versorgt, und wir haben das Zeug an ein paar interessierte Kunden weiterverhökert.«
»Aber was hältst du von ihm? Was für Geschäfte wir mit Rocky gemacht haben, das weiß ich schließlich selber. Ich will wissen, was du von ihm denkst!«
»Sniff,-ich verstehe deine Frage nicht. Ehrlich gesagt, ich habe noch nie darüber nachgedacht, was ich von Rocky halte. Schließlich will ich ihn nicht heiraten. Er ist mein Geschäftsparner, aus.«
»Hm…«
Gayton rauchte eine Weile schweigend, während Blancher Kaffe aufschüttete. Als er zwei Tassen einschenkte und zu dem kleinen Tisch trug, an dem Gay ton saß, fragte er gedehnt: »Ich hörte, du bist in letzter Zeit oft bei Sandra gewesen?«
»Lieber Himmel, Danny, du bildest dir doch wohl nicht ein, ich wollte dir da Konkurrenz machen, wie? Ich wollte ein bißchen Kontakt mit Studentenkreisen aufnehmen, und da hat mir Sandra aus alter Freundschaft geholfen. Das ist alles.«
»So«, murmelte Danny Blancher, ließ sich auf das Fußende seines Bettes fallen und griff nach dem Kaffee. »Nun komm mal zur Sache, Sniff. Was willst du?«
Sniff Gayton blies mit gespitzten Lippen über seinen Kaffee, nippte daran, stellte die Tasse zurück auf den Tisch und wandte sich jäh an Blancher:
»Ich finde, daß wir unser Geschäft in Zukunft ohne Rocky abwickeln sollten, Danny! Er diktiert uns die Preise und überläßt uns das Risiko. Wahrscheinlich verdient er ein paarmal mehr an dem Zeug als wir, obgleich er nicht halb soviel Arbeit damit hat. Das ist nicht fair, Danny.«
Blancher zuckte mit den Achseln. »Gut, ja, ich gebe zu, daß mir ähnliche Gedanken auch schon mal gekommen sind. Aber wie stellst du dir das vor?«
»Zuerst einmal mußt du Rocky kaltstellen. Du bist der einzige, der das kann, Danny! Ich würde dir fünfhundert Dollar dafür bezahlen. Aber du mußt ihn kaltstellen.«
»Fünfhundert Dollar für einen Mord?« fragte Danny Blancher kalt.
Sniff Gayton öffnete den Mund, starrte Blancher an und schluckte. Endlich hatte er sich von seiner Überraschung erholt.
»Mord?« wiederholte er.
Blancher zuckte die Achseln.
»Na, zum Teufel, wie stellst du dir denn das sonst vor, Rocky kaltzustellen, he?«
Sniff Gayton senkte den Kopf über
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