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0422 - Der Pirat und die Hexe

0422 - Der Pirat und die Hexe

Titel: 0422 - Der Pirat und die Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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genannt?«
    Gequält sah sie ihn an. »Ich sage doch, daß ich nichts weiß! Yannateh … der Ring … Habe ich denn wirklich davon gesprochen? Warum kann ich mich nicht daran erinnern?«
    Das war ihm neu.
    »Möchtest du dich erinnern?« wollte er wissen. »Vielleicht können wir gemeinsam etwas erkennen. Tatjana, bist du schon einmal mit einem anderen Telepathen in engem Rapport gewesen? In einer geistigen Verschmelzung?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Man ließ mich nicht. Es würde zu schlimm für mich sein, sagten sie.«
    »Wer? Andere Telepathen? Oder die Parapsychologen?«
    »Die Wissenschaftler«, sagte sie. »Sie wollen nicht, daß mir Schaden zugefügt wird. Sie haben es nicht erlaubt …«
    »Aber du berührst manchmal die Gedanken der anderen …?«
    »Manchmal, doch dann versuchen sie ihre Gedanken nicht mehr aus sich herauskommen zu lassen, um mich nicht damit zu belasten …«
    Zamorra sah sie an. Er setzte sich auf die Tischkante neben die flackernden Kerzen, deren Wachs in großen Tropfen an den schlanken Stäben abwärts rann. Sobald das Schiff eine leichte Schwankung erlebte, tropften die Kerzen. Bizarre Muster hatten sich an ihnen und dem Kerzenständer gebildet.
    Zamorra hakte das Amulett von seinem Halskettchen und hielt es der Telepathin entgegen. »Bitte, Tatjana … berühre es. Schau es dir an. Über dieses Amulett könnten wir es versuchen. Es besitzt starke Kräfte, die als Puffer wirken können und dich schützen. Für mich wäre eine Verschmelzung nicht das erste Mal, und vielleicht sehen wir gemeinsam in deiner Erinnerung mehr.«
    Sie drehte Merlins Stern zwischen ihren Fingern und betrachtete die handtellergroße Scheibe eingehend. Besonders aufmerksam studierte sie die unentzifferbaren Hieroglyphen. Der Zodiakkreis und der Drudenfuß im Zentrum waren ihr weniger wichtig.
    »Ich sehe eine Sonne«, sagte sie leise. »Eine Sonne, die vor fast tausend Jahren verging. Sie ist hier drin.«
    »Du siehst viel«, staunte Zamorra. »Hast du von Merlin gehört, dem weisen Zauberer? Er holte einen Stern vom Himmel, und daraus formte er dieses Amulett …«
    »… und der Stern war entartet …«
    Zamorra schluckte. »Ja«, sagte er heiser.
    »Das Amulett spricht zu mir. Ich kann seine Gedanken jetzt spüren«, sagte Tatjana. »Es sind keine echten Gedanken, glaube ich. Es ist etwas … etwas ganz Seltsames. Fast so fremd wie bei der Frau, die zu dir gehört. Aber nicht so feindlich.«
    »Nicole ist dir nicht feindlich gesonnen«, versuchte Zamorra abzuwiegeln.
    »Sie nicht. Aber das, was sie zur Telepathin macht, ist so anders, so …«
    Sie verstummte. Zamorra fühlte, was sie meinte und nicht aussprechen konnte. Nicole war durch den Vampirkeim zur Telepathin geworden, und dieser Keim war von einem MÄCHTIGEN, einer dämonischen Wesenheit, in sie gepflanzt worden. Es wunderte ihn, daß Tatjana das unbewußt erkannte.
    Er fragte sich, ob Gryf und Teri, die beiden Silbermond-Druiden, die ja auch natürliche Telepathen waren, ähnlich auf Nicoles neue Fähigkeit reagieren würden. Oder war Tatjana mit ihrer Überempfindlichkeit ein Ausnahmefall?
    Sie unterbrach seine Gedanken. »Ich bin bereit, es zu versuchen …«
    ***
    Zamorra stöhnte auf. Er glaubte in einen Nebel einzutauchen, der ihm den Atem verschlug. Daß Merlins Stern als eine Art Puffer zwischengeschaltet war, um die beiden Bewußtseine behutsam einander anzugleichen, spürte er kaum. Tatjanas Geist überlappte ihn mit fast verheerender Wucht, und nur mit äußerster Konzentration konnte er verhindern, daß sein Unterbewußtsein die für das Mädchen geöffnete Barriere wieder verschloß.
    Er hatte sich ihr geöffnet.
    Sie konnte, sie mußte mit seinem Gedankeninhalt vertraut werden, wie er den ihren verinnerlichen mußte, damit sie gemeinsam nach dem Verborgenen forschen konnten. Aber im ersten Moment sah es so aus, als würde letzteres nicht gelingen. Sie ist ein Feuer, das unheimlich hell lodert , hatte Dr. Rasputin behauptet, aber dieses lodernde Feuer drohte jetzt Zamorra zu verbrennen.
    Nur allmählich fanden sie zueinander. Das Amulett konnte nur dämpfen, aber keinen Ausgleich mehr schaffen, wie es eigentlich geplant war.
    Zamorra zog sich zurück. Es war ihm nicht möglich, sein Vorhaben durchzuführen. Gryf oder Teri hätten es vielleicht gekonnt. Aber ihm gelang es nicht. Er verlor sich selbst in dem Feuer, das in Tatjana brannte.
    Er verstand ihre Ängste, ihre Verzweiflung, ihr Vergnügen. Er begriff einen Teil

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