0422 - Der Werwolf-Jäger
nachgegangen, hatte von einer Werwolf-Elite gehört und versuchte seit Jahren schon, deren Spur aufzunehmen. Irgendwann war die Nachricht durchgesickert, alle Werwölfe wären getötet worden, aber daran glaubte er nicht, hatte weitergeforscht und war auf den Namen Lupina gestoßen.
Weiter kam er nicht. Aber der Name Lupina hatte sich in seinem Gedächtnis festgesetzt. Wie ein Motor trieb er seine Forschungen voran.
Michail wußte, daß es Werwölfe gab. Er richtete sich darauf ein.
Als ausgebildeter Jäger fertigte er sich in mühevoller Arbeit eine besondere Waffe an.
Es war ein Bogen aus biegsamem, dennoch widerstandsfähigem Holz – und Pfeile aus geweihtem Silber.
Mit diesen Waffen war er auf Jagd gegangen, hatte das Land durchstreift und tatsächlich Werwölfe entdeckt.
Sie waren von ihm vernichtet worden.
Es sprach sich herum, welch einer Aufgabe sich dieser Mann widmen wollte. Menschen gaben ihm Tips, er reiste viel. Auf einer seiner Reisen hatte er Panja kennengelernt, eine junge Frau, die sich in ihn verliebte und ihr Leben in der Einsamkeit der Tundra mit ihm teilen wollte.
Kurzentschlossen hatte er sie mitgenommen, ihr und sich ein besseres Haus gebaut, ohne allerdings seine eigentliche Aufgabe aus dem Blick zu verlieren, das Jagen der Werwölfe.
Man gab ihm einen Namen.
Michail Chirianow, der Werwolf-Jäger!
Die Menschen in der Provinz wußten Bescheid. Auch die Parteigenossen. Für sie gab es zwar so etwas nicht, aber Sibirien ist nicht Moskau, und so ließen sie den Werwolf-Jäger in Ruhe.
Außerdem war es besser, einen Mann wie ihn zum Freund zu haben und nicht zum Feind.
Sein Schlitten war hochbeladen. Er kam von einer siebentägigen Fahrt zurück. Am Ufer des Ob, dessen Wasser mächtige Eisschollen der Mündung entgegentrieben, hatte er sich mit Proviant eingedeckt. Die Siedlung war weder eine Stadt noch ein Dorf. Man bezeichnete sie als Handelsstation, ein Fleck in der Weite des Landes.
Kaufleute und Wirte hatten sich dort festgesetzt, auch ein Holzfäller-Camp befand sich dort. Im Winter war es nicht besetzt. Um es zu nutzen, hatte einer der Kaufleute sein Lager dort errichtet.
Die Waren waren teuer. Man mußte sie über weite Entfernungen transportieren, das erhöhte den Preis. Michail Chirianow war es durch geschicktes Handeln gelungen, einen für ihn günstigen Rabatt herauszuholen, und darüber freute er sich.
Wenn er in die Siedlung kam, mußte er erzählen und auch mit den Leuten trinken.
Beides hatte er ausgiebig genug getan, und er freute sich darauf, nach Hause zu kommen.
Für einen Fremden wirkte die Umgebung immer gleich, nicht für Michail. Er kannte jede kleine Erhebung, kannte die Hügel, sah in der Ferne den Wald, und auch die Hunde witterten, daß sie bald in die Wärme ihrer Höhle kriechen konnten.
Sie strengten sich noch einmal an, legten sich ins Geschirr, und der Schnee stob unter ihren Pfoten auf, wobei er regelrecht Wolken bildete. Sie hüllten die vier Hunde ein.
Michail Chirianow lachte. »Ja!« klang es dumpf unter seinem Mundschutz hervor. »Ja, lauft, ihr Brüder. Bald sind wir da. Dann wird Panja uns etwas Warmes kochen. Lauft, Burschen, lauft…«
Seine Stimme trieb die Tiere noch einmal an, und sie legten sich wieder ins Geschirr.
Je schneller sie liefen, um so schärfer wurde der Wind.
Und dann roch Michail etwas. Es war ein Geruch, der so gar nicht in die Klarheit und Weite der Winterlandschaft passen wollte.
Rauch…
Als hätte es irgendwo gebrannt, und der Mann auf dem Schlitten zuckte zusammen. Er richtete sich höher, sein Blick wurde starr, glitt scharf und forschend über das weite Land, und er sah in der Ferne den dunklen Fleck auf dem Boden.
Dort stand seine Hütte…
Plötzlich zuckte es in seinem innern. Er öffnete den Mund, ein stöhnender Laut erklang, Angst durchfuhr den mächtigen Körper des Mannes, und auf seinen Lippen lag nur ein Name.
Panja!
Er tat etwas, das ihm eigentlich zuwider war. Michail griff zur Peitsche. Er wollte die Hunde antreiben, mußte Bescheid wissen, um was es sich handelte, und die Tiere zuckten, als das Leder der Peitsche über ihr mit Schnee und Eis bedecktes Fell glitt.
Chirianow hielt die Zügel jetzt straff, hatte sich aufgerichtet, wollte besser sehen und hatte gleichzeitig Angst vor der Wahrheit.
Ja, es war seine Hütte!
Dieser verdammte dunkle Fleck auf dem Boden, die zittrige Luft darüber, letzter dünner Rauch, der einer blassen Sonne entgegenstieg, und der Werwolf-Jäger wußte in
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