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0423 - Eine Braut für zwei Millionen

0423 - Eine Braut für zwei Millionen

Titel: 0423 - Eine Braut für zwei Millionen Kostenlos Bücher Online Lesen
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höre zum ersten Mal, dass er vergiftet worden ist. Davon stand noch nichts in den Zeitungen. Wenn es stimmt, was Sie sagen, habe ich mich eben geirrt. Man wird doch noch seine Ansicht äußern dürfen. Schließlich leben wir in einem freien Land!«
    »Wann haben Sie Ray Gibbons das letzte Mal gesehen?«, erkundigte ich mich.
    Jane Silver legte den Kopf in den Nacken und blickte zur Decke empor. »Vor vier Tagen«, erwiderte sie. »Ich war bei ihm in der Wohnung. Ray hatte nicht viel Zeit für mich, er war nervös und machte einen deprimierten, mürrischen Eindruck. Mir schien es so, als ob ihn etwas quälen würde. Er redete so komisch! ,Das Leben ist zum Kotzen’ erklärte er wörtlich. ,Ich frage mich, warum ich nicht schon längst Schluss gemacht habe!’ Das waren seine Worte.« Sie schaute mich an. »Erstaunt es Sie unter diesen Umständen noch immer, dass ich an Selbstmord glaubte?«
    »Wovor fürchtete er sich?«
    »Ray kannte keine Furcht. Er hatte einfach die Nase voll, nehme ich an.«
    »Irgendetwas muss diese Stimmung doch ausgelöst haben!«, meinte ich.
    »Genaues hat er nicht gesagt.«
    Die Tür wurde geöffnet. »Ach, hier bist du«, sagte ein junger, schlaksiger Bursche und steckte den Kopf ins Zimmer. »Dick sagt, dass du abschwirren kannst.«
    »Wohin?«, fragte Jane erstaunt.
    »Wohin du willst. Nach Hause oder ins Kino. Er braucht dich nicht mehr!«
    »Ist die Probe denn schon zu Ende?«, wunderte sich Jane. »Wir haben doch gerade erst angefangen!«
    »Sicher«, sagte der Jüngling. »Er hat umgebaut. Mit dem Stempel auf deinem Rücken hätte es keinen Zweck, meint er.« Der Jüngling zog den Kopf zurück und verschwand. Die Tür fiel leise ins Schloss.
    Jane Silvers Lippen zuckten nervös. »Haben Sie ’ne.Zigarette für mich?«, fragte sie.
    Ich gab sie ihr. Als ich mein Feuerzeug an die Zigarette hielt, erkundigte ich mich: »Was war das für ein Knabe?«
    »Tom, das Bühnenfaktotum. Eigentlich ist er Regieassistent, aber das ist bloß ’ne vornehme Umschreibung für die Tatsache, dass er Laufjunge ist.«
    »Was meinte er mit dem Stempel auf Ihrem Rücken?«
    »‘ne blöde Redensart«, erklärte das Mädchen. »Ich habe ’nen kleinen Kratzer auf der Haut, ziemlich weit oben, und genau dort, wo der Rückenausschnitt liegt. Bin im Bad gefallen. Der Choreograf ist offenbar der Meinung, dass ich damit nicht auftreten kann. Dabei wäre es gar kein Problem, den Striemen überzuschminken!«
    »Den Striemen?«, fragte ich.
    »Den Kratzer«, verbesserte sie sich rasch.
    »Darf ich ihn mal sehen?«
    Jane Silver runzelte die Augenbrauen. »Was bilden Sie sich ein?«, fragte sie empört. »Ich bin doch kein Striptease-Mädchen!«
    Ich blickte sie an. »Ihre künstliche Aufregung ist gut gespielt, aber die Angst, die sich dahinter verbirgt, schimmert deutlich durch.«
    »Sie spinnen!«, sagte sie grob. »Wovor sollte ich mich fürchten? Etwa vor Ihnen? Ist doch lächerlich!«
    »Ich möchte den Striemen sehen.«
    Plötzlich schrie sie. Wie am Spieß. »Hilfe, Hilfe!« Sie hatte ein gellendes, durchdringendes Organ. Als sie anfing, sich das Haar zu zerzausen, wusste ich, was los war. »Hilfe!« Sie riss die Tür auf und stürzte in den Gang.
    Ich hörte, dass ein paar Leute gerannt kamen.
    »Was ist los? Was hast du?«, fragten sie.
    Ich trat auf die Schwelle. Jane Silver zog eine perfekte Schau ab. »Ich werde Anzeige erstatten, gegen den da!«, keuchte sie und wies mit der ausgestreckten Hand anklagend auf mich. »Er hat mich belästigt, er ist mir zu nahe getreten! Ich konnte mich gerade noch losreißen!«
    Ich betrat den Gang. Es war nur ein schmaler, schlecht beleuchteter Korridor mit unverputzten Ziegelwänden. Hinter den ersten Neugierigen tauchten weitere Theaterleute auf. Einige von ihnen musterten mich neugierig-amüsiert, andere nahmen eine feindselige und sogar drohende Haltung ein.
    »Nonsens«, verteidigte ich mich. Ich war ganz ruhig, aber ich fühlte, dass ich kaum eine Chance hatte, gegen die Skepsis der anderen aufzukommen.
    ***
    Jane Silver war eine hervorragende Komödiantin. Sie war blendend gewachsen und verkörperte jene raffinierte Verworfenheit, die manche Männer kopflos werden lässt. Wir waren in dem Zimmer hinter der Bühne allein gewesen. Vermutlich glaubten die meisten der Theaterleute tatsächlich, dass ich dort versucht hatte, mich dem Mädchen zu nähern.
    »Erst stellte er die üblichen blöden Fragen, ganz dienstlich, und dann würde er plötzlich plump vertraulich.

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